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Bärbel Bas
SPD
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Frage von Uwe C. •

Warum wollen Sie nur bei Wahlen die Meinung der Bürger akzeptieren?

Sie und Ihre SPD lehnen Volksabstimmungen nach Schweizer Vorbild ab!

Vor einiger Zeit haben Sie mir das hier u.a. so begründet, dass Sie z.B. nicht wollen, dass es auch bei uns durch eine Volksabstimmung geschehen könnte (wie in England), dass Deutschland aus der EU austritt. In England waren 52%, also die Mehrheit für einen Austritt!

In unserem Grundgesetz, Artikel 20 steht:

"Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen ..........ausgeübt." Es heißt also ausdrücklich "und Abstimmungen" und nicht nur in Wahlen.

Halten Sie unsere Gesellschaft nicht für fähig, diese Abstimmungen in fairer Form durchzuführen?

Wenn ja, dann benutzen Sie das gleiche Argument, welches in autoritären Regimen gegen die Demokratie von unten nach oben benutzt wird.

Ihre Bürgerräte sind da kein Ersatz, da diese nur eine beratene Funktion von wenigen Bürgern haben!

Und das auch nur zu ausgewählten Themen, die nicht vom Volke bestimmt werden können!

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr C.,

vielen Dank für Ihre Frage. Da Sie sich auf meine Aufgaben als Bundestagspräsidentin beziehen, antworte ich Ihnen nicht in meiner Funktion als Abgeordnete, sondern als Vertreterin des Verfassungsorgans Deutscher Bundestag und der Gesamtheit seiner Mitglieder sowie dank der Zuarbeit der Bundestagsverwaltung: 

Zweifelsohne braucht unsere repräsentative Demokratie die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Und Sie haben natürlich Recht: Artikel 20 des Grundgesetzes legt verfassungsrechtlich fest, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht. Der Satzteil „in Wahlen und Abstimmungen“ ist allerdings beispielhaft und nicht als direkter Auftrag an den Gesetzgeber zu verstehen.

In meiner vorherigen Antwort wies ich darauf hin, dass das Grundgesetz Volksabstimmungen auf Bundesebene nur bei der Neugliederung des Bundesgebietes (Art. 29 Abs. 2 GG) und für den Erlass einer neuen Verfassung (Art. 146 GG) vorsieht. Zur Einführung von Plebisziten auf Bundesebene bräuchte es also eine Verfassungsänderung, das heißt eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Deutschen Bundestag. 

Viele Abgeordnete halten Volksentscheide allenfalls für Fragen geeignet, die mit einem einfachen Ja oder Nein beantwortet werden können. Solche Fragen gibt es in unserer vielfältigen und komplexen Gesellschaft aber kaum, am ehesten noch auf regionaler oder kommunaler Ebene. Dementsprechend wurden dort in den vergangenen Jahren direktdemokratische Verfahren ausgebaut. 

Wie ich bereits in meiner letzten Antwort an Sie ausführte, bergen Volksentscheide zudem die Gefahr, dass Sachfragen nicht nach sachbezogenen Gesichtspunkten entschieden werden, sondern nach Stimmungen. 

Bürgerräte sehe ich als eine gute Möglichkeit, die Politik noch näher an die Menschen heranzubringen. Der erste Bürgerrat des Deutschen Bundestages zum Thema „Ernährung im Wandel“ ist ein gelungenes und innovatives Beispiel für lebendige Demokratie. 

Abschließend möchte ich erneut darauf hinweisen, dass Sie selbstverständlich die Möglichkeit haben, auch auf direktem Weg mit dem Deutschen Bundestag, seinen Abgeordneten oder mir als seiner Präsidentin Kontakt aufzunehmen. Zum Beispiel über: https://www.bundestag.de

Mit freundlichen Grüßen

Bärbel Bas

 

 

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