Frage an Bärbel Bas von Frank R. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Bas,
verwundert habe ich Ihre Antwort gelesen und musste mir mehrfach die Augen reiben.
Sie loben, dass die Ausschlussfrist aufgehoben wurde und noch nicht anerkannte Geschädigte nun ihre Ansprüche geltend machen könnten. Ich finde es skandalös, dass diese Frist überhaupt geschaffen wurde, um den noch nicht anerkannten Conterganopfern eine Rente zu verwehren! Und ebenso skandalös ist es, dass dies nur ab Antragstellung geht, jedoch nicht rückwirkend! Können Sie mir hier zustimmen?
Hätte es die Dynamisierung der Conterganrenten schon immer gegeben (wie dies bei anderen Renten selbstverständlich ist) dann wären unsere Forderungen vermutlich überflüssig. Können Sie mir hier zustimmen?
Sie schreiben, dass wir es medizinischen Gründen zu verdanken haben, dass wir älter wurden als erwartet. Ja und dies ist nun der Fall! Und genau deshalb ist es von großer Notwendigkeit, dass unsere Renten nach europäischem Standard deutlich erhöht werden müssen, da wir eben sehr wohl älter werden als erwartet!
Außerdem schreiben Sie, dass sich die Conterganopfer in bewundernswerter Weise einen Platz in der Gesellschaft erkämpft hätten. Woher wissen Sie, dass dies allen Geschädigten gelungen ist? Ist Ihnen überhaupt klar, dass dies eben genau vielen Betroffenen auf Grund der Schwere ihrer Behinderungen niemals gelingen konnte?
Nicht mit einem Wort gingen sie auf die aktuell von der Politik in Auftrag gegebene laufende Heidelberger Studie ein die am 1.2.2013 mit Sachverständigen in Berlin erörtert werden soll. Denn dort geht es unter Anderem um eine deutliche Erhöhung der Conterganrenten! Sind Sie hier eigentlich auf dem Laufenden? Oder soll die Anhörung der Betroffenen lediglich als „Kasperletheater“ für die Öffentlichkeit dienen?
Wo bleibt da das „S“ Ihrer Partei? Wo Ihr persönliches Engagement? Warum lese ich kein Wort davon, dass Sie sich weiter für die Betroffenen einsetzen wollen, um weitere Verbesserungen zu erreichen?
Mit freundlichen Grüßen
Frank Rawiel
Sehr geehrter Herr Rawiel,
nach Ihrem Anruf in meinem Büro und Ihren Nachfragen möchte ich sehr gerne noch folgendes klarstellen - wie Sie es auch bereits in meiner Ergänzung auf Ihre Frage vom 21. Januar gelesen haben:
In meiner ersten Antwort war ich noch davon ausgegangen, dass die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode nach nicht bereit ist, weitere finanzielle Leistungen für die Betroffenen zur Verfügung zu stellen. Ähnliche Erfahrung habe ich als Mitglied des Gesundheitsschusses gemacht, etwa bei der Frage eines Entschädigungsfonds für Opfer von ärztlichen Kunstfehlern oder bei Entschädigung von Menschen, die durch Blutprodukte mit Hepatitis infiziert wurden. Der Stand meiner Informationen zu einer Verbesserung der Rente für Contergangeschädigte war ähnlich. Was aber nicht heißen soll, dass meine Fraktion oder ich die Dinge auf sich beruhen lassen werden. Vor diesem Hintergrund sind meine Aussagen zu verstehen, dass ich nicht mit mehr Geld rechne. Ich bedauere, dass es hier zu Missverständnissen gekommen ist.
Wie Sie schon bei Ihrem Anruf erfahren haben, gibt es nun aktuelle neue Entwicklungen, über die ich leider nicht ausreichend informiert war. Das ist misslich und hat bei Ihnen zu Mißverständnissen und Unmut geführt, was ich gerne vermieden hätte. An dieser Stelle möchte ich aber auch noch einmal betonen, dass ich als Mitglied des Gesundheitsausschuss für das Thema nur sehr indirekt zuständig bin. Wichtig ist auch für mich, dass es jetzt überhaupt neue Entwicklungen gibt und diese vorangetrieben werden. Sie haben völlig Recht: Die Langzeitstudie der Universität Heidelberg spricht Bände. An den Ergebnissen und Handlungsempfehlungen kommt so schnell keiner vorbei. Die Anhörung am 1. Februar im Familienausschuss wird diesen mit Sicherheit noch einmal Nachdruck verleihen. Und das freut mich ausdrücklich. Dadurch besteht die Chance, dass in die Sache neue Bewegung kommt.
Weitere Verbesserungen für Menschen mit Conterganschädigungen zu erreichen ist unser aller Ziel. Dieses Thema ist zur partei- und fraktionspolitischen Profilierung gänzlich ungeeignet. Meine Kolleginnen und Kollegen im Familienausschuss haben mir versichert, dass am interfraktionellen Dialog festgehalten wird. Und ich habe ihnen meine Unterstützung zugesichert, wenn sie mit aller gebotenen Sorgfalt und Gründlichkeit an weiteren Verbesserungen für die Lebenssituation der betroffenen Menschen arbeiten. Ich würde mir sehr wünschen, wenn dies Arbeit zügig, ein Einvernehmen mit der Bundesregierung vorausgesetzt, noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden kann.
Mit freundlichen Grüßen nach Neckargemünd
Bärbel Bas