Dr. Axel Troost
Axel Troost
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Frage von Ording P. •

Frage an Axel Troost von Ording P. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Dr. Axel Troost,

gern würde ich Ihnen heute einmal einige Fragen stellen :

1. Das derzeit von der BR zur Verfügung gestellte Konjunkturpacked (die rd.50 Mrd € ), wo kommt das Geld her, wenn doch die, die das größte Kapital der Nation halten, nun finanziell unterstützt werden, oder sehe ich da was falsch ?

2. Wie groß ist das derzeitig gesamt Volksvermögen?

3. Statistische Frage - wieviel Steuern zahl real Unternehmen und AN, welche ein Jahreseinkommen von a) über 10 Mio., b) über 100 Mio. c) über 500 Mio., und d) über eine Mrd. € haben ?

4. Welche Steuern müssen AG eigentlich leisten und wie berechnet ?

5. Allgemein - was hielten Sie von der Umschichtung von Sozialabgaben, über Steuerzahlungen, so das keiner mehr Sozialabgaben zahlen, und nur noch darauf angepasste sozial gerechtere Steuern geschichtet würden, und AN bis zu einem EK von 15t€ JEK somit keine Abgaben zahlen müsste.

Schließlich würde ich Sie gern fragen, was Sie davon hielten, wenn man künftig Parteien und Abgeordnete nur noch als Volksverwalter, und dazu Themenwahlen, wie K-, LT-, und BTW durchführen würde ?

Mit freundlichem Gruß
Ording

Dr. Axel Troost
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Ording,

zu ihren Fragen:

1. Ende 2008 hat die Bundesregierung bereits ein von fast allen Beobachtern als mickrig bezeichnetes Konjunkturprogramm aufgelegt. Eine Bewertung des Programms der BR und eine Kurzbeschreibung des von unserer Fraktion vorgeschlagenen Konjunkturprogramms finden sie unter http://www.linksfraktion.de/wortlaut.php?artikel=1560885693

Das zweite Konjunkturprogramm wird gerade in der BR verhandelt, von daher stehen die Eckpunkte erst ansatzweise fest. Das Geld für ein Konjunkturprogramm will die BR durch Neuverschuldung finanzieren. Das ist grundsätzlich bei Konjunkturprogrammen auch sinnvoll, wir schlagen aber zusätzlich die Erhöhung von Steuern für Reiche und Superreiche und für die verantwortlichen Manager in der Finanzbranche vor (z.B. http://dokumente.linksfraktion.net/drucksachen/7765725909_1610827.pdf ), um die Konjunkturpakete mit zu finanzieren. Diese Steuererhöhungen schwächen nicht die Kaufkraft bzw. die Konjunktur, da die betreffenden Steuerpflichtigen das Geld ohnehin sonst überwiegend gespart und nicht konsumiert hätten. Auch eine Zwangsanleihe für Reiche und Superreiche haben wir vorgeschlagen (inzwischen auch von der Hessen-SPD bei uns abgeschrieben).
Entscheidend muss sein, dass ein Konjunkturpaket nicht noch weiter von Unten nach Oben umverteilt, sondern umgekehrt.

2. Das „Volksvermögen“ ist eine theoretische und sehr abstrakte Größe der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, die von den zuständigen deutschen Institutionen (Statistisches Bundesamt und Bundesbank) nur begrenzt regelmäßig erfasst wird.
Eine systematische Darstellung zur Entwicklung des „Volksvermögens“ findet sich im Monatsbericht der Deutschen Bundesbank vom Januar 2008 (S. 31ff). Dort wird das „Volksvermögen“ für Ende 2005 auf gut 9.223 Mrd. Euro geschätzt.
Das Statistische Bundesamt konzentriert sich statt dessen nur auf die Entwicklung des Nettoanlagevermögens. Die aktuelle Schätzung des Statistischen Bundesamts für das Nettoanlagevermögen 2008 zu laufenden Preisen beträgt 7.641 Mrd. Euro.

3. Leider lässt sich auch diese Frage nicht beantworten, weil die Steuerstatistik nicht nach den von Ihnen genannten Schwellenwerten unterscheidet. Eine, allerdings sehr unzureichende, Aufschlüsselung der Steuereinnahmen nach einzelnen Zahlergruppen können Sie den jährlichen Datensammlungen zur Steuerpolitik auf der Webseite des Bundesfinanzministeriums entnehmen.

4. "Arbeitgeber" sind keine steuerrechtliche Kategorie. So können als Arbeitgeber z.B. Kapitalgesellschaften oder gemeinnützige Vereine mit nur ideellem Tätigkeitsbereich auftreten. Erstere sind steuerpflichtig, zweitere nicht (je nach Größe von der Umsatzsteuerpflichtigkeit abgesehen). Entscheidend für die zu entrichtenden Steuern ist also nicht die Eigenschaft „Arbeitgeber“, sondern z.B. die Eigenschaft „Personengesellschaft“ oder „Kapitalgesellschaft“.

5. Wir sind vorsichtig bei einer generellen stärkeren Umstellung von Sozialversicherungssystemen auf Steuerfinanzierung, denn das stärkt noch die bislang vorhandene Fixierung auf die Finanzierung statt auf die Aufgaben und Leistungskataloge der Sozialversicherung. Sinnvoll wäre zunächst, noch stärker sogenannte "versicherungsfremde Leistungen" wie z.B. die beitragsfreie Familienversicherung, Erziehungszeiten etc. stärker durch Steuerzuschüsse zu finanzieren. Ansonsten streben wir mit unserem Modell einer Bürgerversicherung im Gesundheitsbereich ohnehin einen grundsätzlichen Aus- und Umbau des solidarischen Sozialversicherungssystems an, in dem Besserverdienende durch die massive Aufstockung der Beitragsbemessungsgrenze und die zusätzliche Einbeziehung von Zins- und Vermögenseinkommen in einer zweiten Säule stärker zur Finanzierung herangezogen werden.

Zu ihrer abschließenden Frage kann ich nur sagen, dass Wahlkämpfe immer Themenwahlkämpfe sein sollten. Natürlich befürworten wir darüber hinaus den Ausbau von Elementen der direkten Demokratie (z.B. Volksentscheide auf Landesebene, Bürgerentscheide auf kommunaler Ebene). Daneben sollten auch zu bundespolitischen Fragen Volksentscheide möglich sein, das aber nur bei Sicherstellung einer wirklich qualifizierten und fairen öffentlichen Diskussion im Vorfeld.

Mit freundlichen Grüßen

Axel Troost