Frage an Axel Troost von Gerrit L. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Abgeordneter,
Mit Besorgnis verfolge ich die Diskussion um das Christival 2008, auf dem dubiose Seminare für Jugendliche angeboten werden. Es ein Jugendkongress, der von Organisationen aus dem evangelikalen Spektrum organisiert und staatlich alimentiert (250.000 €) sowie von der Bundesfamilienministerin beschirmt wird. Die Familienministerin lobt die gute Arbeit und die Werte, die auf dem Kongress vermittelt werden sollen (www.christival.de), augenscheinlich ohne zu differenzieren.
Es besorgt mich, wenn offenbar minderheitenfeindliche, aber auch frauenfeindliche Werte und Weltanschauungen vermittelt werden sollen. Ein Seminar zur „Heilung“ von Homosexualität wurde mittlerweile aufgrund von Protesten gestrichen. Dennoch werden noch andere Seminare bspw. zum Thema Abtreibung angeboten.
Besonders erschütternd ist für mich die Kritikunfähigkeit einiger großer Trägerorganisationen. Kritiken an fragwürdigen Therapieangeboten für Homosexuelle werden als Zensur, Angriff auf die Meinungsfreiheit oder dem christlichen Glauben hingestellt.
Ich finde es bedenklich, wenn Steuergelder, die auch von den diskriminierten Minderheiten erbracht werden, auf diese Weise gegen sie selbst eingesetzt werden. Warum finanziert der deutsche Staat religiös-weltanschauliche Veranstaltungen mit missionarischen Tendenzen? Warum gibt es offenbar keine strengen Regelungen für die Vergabe an religiös-weltanschauliche Veranstaltungen? Warum soll der Staat derartige Werte mit einem Gütesiegel versehen, wenn Gefährdungspotenziale für Jugendliche zur Diskussion stehen und sich der Veranstalter und seine Träger einer sachlichen Diskussion nicht zu stellen vermag? Hat die Bundesregierung keine Vorbildfunktion?
Wie steht Ihre Partei zur religiös-weltanschaulichen Neutralität des Staates? Wie steht Ihre Partei zur Förderung religiöser Weltanschauungen mit Steuergeldern?
Mit freundlichen Grüßen
Gerrit Lammers
Sehr geehrter Herr Lammers,
pseudo-wissenschaftliche und diskriminierende Veranstaltungen lehnt DIE LINKE vehement ab. Religionsfreiheit gerät dort an ihre Grenze, wo sie dem Grundsatz der Antidiskriminierung widerspicht. Die Bundesregierung hat daher Hinweise zu prüfen, ob dieses für weitere Seminare des Christival zutrifft. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend darf sich nicht länger darauf zurückziehen, dass ihm nichts bekannt und die Prüfung der Inhalte des Festivals nicht seine Aufgabe sei. Dieses gilt selbst unabhängig von der finanziellen Förderung des Festivals mit 250.000 €. Die Vergabe von Steuergeldern an gemeinnützige, darunter auch religiös motivierte Vereine ist im Sinne DER LINKEN, wenn damit der Jugendförderung oder dem Allgemeinwohl gedient wird.
DIE LINKE respektiert die Freiheit von Religion und Weltanschauung als überparteilichen, grundrechtlich geschützten Konsens:
Artikel 3
[...]
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Artikel 4
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. (2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
[...]
Artikel 3 umfasst ebenfalls das Verbot, Menschen aufgrund ihres Geschlechts zu diskriminieren. DIE LINKE fordert darüber hinaus, homosexuelle Paare gleichzustellen, die Vielfalt von Lebensweisen anzuerkennen und Antidiskriminierungsrecht auch tatsächlich und wirksam umzusetzen. Ein entsprechendes Positionspapier sowie Pressemitteilungen und Reden finden Sie unter folgendem Link:
http://www.linksfraktion.de/thema_der_fraktion.php?artikel=1716673566
Mit freundlichen Grüßen
Axel Troost