Frage an Axel Troost von Peter M. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Dr. Troost,
Kontostände sind nichts anderes als Zahlungsversprechen, von denen bereits im Voraus feststeht, dass sie nicht eingehalten werden können. Vom praktischen Standpunkt her gesehen könnte man es als ungedeckten (bzw. kaum gedeckten) Scheck sehen. Wenn Sie als Privatperson einen ungedeckten Scheck ausstellen, dann fällt das unter (schweren) Betrug (StGB §147 Abs. 1). Banken machen das mit jeder Kreditgewährung. Banken haben somit das Recht zum schweren Betrug ohne Rechtsfolgen. Prof. Franz Hörmann drückt es so aus: "Es gibt ein systemisches Betrugsmodell einer Institution, der in unserem Wirtschaftssystem das Monopol zur Geldschöpfung über Kredite eingeräumt wird."
Prof. Franz Hörmann: "Wenn man Geld aus Luft erfindet und das, was vorher noch nicht existiert hat, verzinst weitergibt und dinglich absichern lässt, dann ist das, wenn das Geschäftsmodell schief geht, in Wahrheit ein Enteignungsmodell. Das ist auch der Hintergrund des Bankgeheimnisses. Banken können überhaupt nicht offen legen, wo beispielsweise die Zinsen für Sparbücher, Bausparverträge oder Sonstiges herkommen. Denn wenn sie das täten, müssten sie zugeben, dass das alles in Wirklichkeit verkettete Pyramidenspiele sind."
Wieso ist das in unserem Land möglich?
Mfg.
P.Maier
Sehr geehrter Herr Maier,
auf Ihr Schreiben zu Zinsen und zur Geldschöpfungskompetenz von Banken möchte ich mit einigen Punkten eingehen:
Ich beschäftige mich seit 1975 mit Fragen der Staatsverschuldung und habe Anfang der 80er Jahre dazu promoviert:
Axel Troost: Staatsverschuldung und Kreditinstitute. Die öffentliche Kreditaufnahme im Rahmen des gesamten Kredit- und Dienstleistungsgeschäftes der Geschäftsbanken http://www.axel-troost.de/article/910.axel_troost_staatsverschuldung_und_kreditinstitute.html?sstr=Staatsverschuldung|und|Kredit
Wie sie richtig schreiben, schöpfen Banken durch Kreditvergabe Geld quasi aus dem Nichts. Sie stellen dies aber als Betrugsmodell dar, bei dem im Voraus feststeht, dass der Kreditnehmer oder Anleger sein Geld bei der Bank verlieren wird. Dies sehe ich nicht so:
- Wenn Sie als Privatperson oder Unternehmen einen Kredit aufnehmen, stellt die Bank ihnen eine Gutschrift auf ihrem Konto zur Verfügung. Das Geld können Sie bar abheben oder überweisen. Weil der Großteil des Geldes nicht bar abgehoben wird, sondern als Giralgeld zwischen den Banken umherwandert, haben Banken nicht nur Abflüsse, sondern auch Zuflüsse. Diese gleichen sich einigermaßen aus, so dass eine Bank nur für einen Teil ihrer Verbindlichkeiten Reserven vorhalten muss.
- Banken sind durch Eigenkapitalvorschriften, Mindestreservesätze und andere rechtliche Vorgaben in der Kreditvergabe eingeschränkt. Banken können sich Liquidität bei anderen Banken oder der Zentralbank verschaffen, solange sie als solvent gelten. Bei Zweifeln an den Aktivitäten einer Bank hindert das Bankgeheimnis die Aufsicht nicht grundsätzlich am Eingreifen. Für den Pleitefall sind Banken zur Vorhaltung von Eigenkapital zum Verlustausgleich verpflichtet und zugleich gibt es Einrichtungen wie die Einlagensicherung oder Institutssicherungssysteme. Ich möchte diese Einrichtungen und Vorschriften nicht glorifizieren, denn das jetzige System funktioniert offensichtlich nicht ordentlich. Die pauschale Darstellung der Kreditgewährung durch Geldschöpfung als "schweren Betrug ohne Rechtsfolgen" geht mir aber zu weit.
- In der Finanzkrise hat eine große Rolle gespielt, dass sich Banken gegenseitig im großen Stil Kredite gegeben haben und damit fragwürdige und riskante Geschäfte getätigt haben. Sie haben dabei mit sehr niedrigem Eigenkapital operiert und waren daher sehr anfällig gegenüber Schieflagen. Die Finanzmärkte haben sich in einem Maß aufgebläht, das sie mit der Finanzierung realwirtschaftlicher Investitionen nicht mehr erklären können. Sie könnten den Banken die Geldschöpfungskompetenz theoretisch zwar z.B. durch eine hundertprozentige Mindestreserve entziehen (solche Vorschläge gibt es ja). Solange Kredite aber ausfallen können, können sie Zinsen aber auch dann nicht grundsätzlich in Abrede stellen. Bisher bin ich für andere Maßnahmen eingetreten. Die Argumentation von Herrn Hörmann konnte ich aus den von ihnen genannten Zitaten nicht ganz nachvollziehen.
Unsere Sicht auf eine Neuordnung des Bankensektors haben wir in einer Broschüre verdeutlicht:
Den Bankensektor neu ordnen - und mit der Vergesellschaftung beginnen
http://www.axel-troost.de/article/4551.den-bankensektor-neu-ordnen-a-8211-und-mit-der-vergesellschaftung-beginnen.html?sstr=vergesellschaftung
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Axel Troost
Finanzpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE.