Frage an Axel Troost von Anne H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Troost,
ich bin nach wie vor über die Situation in Tibet besorgt und auch beunruhigt, da immernoch keine Nachrichten nach außen dringen. Ich selbst fühle mich etwas machtlos und bitte Sie um die Beantwortung folgender fragen:
Die International Campaign for Tibet Deutschland, die Tibet Initiative Deutschland und der
Verein der Tibeter in Deutschland bitten aus Anlass der Wahlen zum Deutschen Bundestag
um die Beantwortung folgender Fragen:
1. Wird Ihre Fraktion dafür plädieren, dass der/die nächste Bundeskanzler/-in den Dalai
Lama empfängt?
2. Wird Ihre Fraktion dafür eintreten, dass die deutsche Bundesregierung und die
Europäische Union in nachdrücklicher Weise auf eine Lösung der Tibetfrage über einen
Dialog mit dem Dalai Lama und seinen Vertretern drängen und die Tibetfrage gegenüber der
chinesischen Regierung bei gegenseitigen Staatsbesuchen ansprechen?
3. Wird Ihre Fraktion dafür eintreten, dass die Tibetfrage fester Bestandteil des deutschchinesischen
Menschenrechtsdialoges wird?
4. Wird Ihre Fraktion dafür eintreten, dass Delegationsreisen, etwa des Ausschusses für
Menschenrechte und Humanitäre Hilfe nach Tibet stattfinden?
Wird Ihre Fraktion darüber hinaus dafür eintreten, dass
a) Vertreter internationaler Menschenrechtsmechanismen der Vereinten Nationen
uneingeschränkten Zugang nach Tibet erhalten und Vorfälle in Tibet seit März 2008
untersuchen können?
b) Vertreter deutscher diplomatischer Vertretungen in der Volksrepublik China an
Gerichtsverfahren von Tibetern als Beobachter teilnehmen dürfen?
c) internationale Medienvertreter freien Zugang nach Tibet erhalten?
Vielen Dank
mit freundlichen Grüßen
A. Hüller
Sehr geehrte Frau Hüller,
DIE LINKE setzt sich für die Gleichberechtigung von Sprachen und Kulturen sowie für autonome Regionen ein. Ein chinesisch-tibetischer Dialog muss dazu führen, das dieses Praxis wird. Wir sind für eine internationale Beteiligung an der Konfliktlösung, die jedoch auf Augenhöhe erfolgen muss: Sie muss im Dienst der Menschenrechte stehen und darf nicht einseitig oder verklärt sein. Dann können Delegationsreisen nach China und Tibet sinnvoll sein. Auch eine Einladung des Dalai Lama als religiöses Oberhaupt oder Persönlichkeit ist denkbar. Eine Einladung als politischer Repräsentant in den Bundestag würde hingegen die Ein-China-Politik untergraben.
Selbstverständlich sollten UN-Vertreter und internationale Medien uneingeschränkten Zugang zu Tibet erhalten. Auch eine internationale Beobachtung von Gerichtsverfahren sollte möglich sein, jedoch grundsätzlich auch umgekehrt für internationale Beobachter in Deutschland. Anbei finden Sie einen Auszug aus der Rede des zuständigen Fachpolitikers und den Link zu einem Interview.
Aus der Rede des Abgeordneten Wolfgang Gehrcke vom 26.6.2008:
"China wäre gut beraten, sich an die eigene Verfassung exakt zu halten, die autonome Regionen sowie die Gleichheit der Nationen, der Sprachen, der Sitten und der Gebräuche vorsieht.) Es liegt in der Auseinandersetzung der Kooperation zwischen Tibetern und Chinesen, dies in die politische Praxis umzusetzen. Ich sage Ihnen aber auch: Die Definition des Dalai Lama - er war Gast bei uns im Auswärtigen Ausschuss von Autonomie - nicht auf das Gebiet Tibet, sondern auf die Abstammung bezogen; er sprach wörtlich von Religion und Blut - lässt sich schwer in Rechte fassen.
Aber auch eine solch offene Sprache gegenüber unseren Partnern kann man sich doch nicht gegenseitig untersagen. Überlegen Sie sich einmal: Wenn in China Ähnliches wie in der damaligen Sowjetunion passiert wäre, eine Auflösung des Staatengebildes in Einzelstaaten, dann hätte dies die Welt nicht ausgehalten.
Ich möchte uns, mich selbst immer eingeschlossen, gemeinsam mahnen, in Stil und Gestus einen anderen Umgang zu pflegen. Allzu oft klingt in unseren Reden durch: Wir sind die Belehrenden, und ihr seid die Lernenden. Dieser Gestus kann gerade vor dem Hintergrund der Kolonialgeschichte Europas in China nicht akzeptiert werden. Wir müssen eine Sprache finden, in der nicht immer der Eurozentrismus in Erscheinung tritt."
Interview: Kein Dialog mit dem Dalai Lama?
www.linksfraktion.de/wortlaut.php?artikel=1548410618
Mit freundlichen Grüßen
Axel Troost