Frage an Axel Selbert von Gundolf B. bezüglich Familie
Guten Tag, Herr Selbert, in dem Wahlprogramm der Linken fordern Sie "ein Anrecht auf kostenlose Krabbelstuben-, KiTa und Kindergartenplätze". Dieses finde ich sehr löblich. Daher meine Frage: - woher nimmt eine evtl. Regierung unter "den Linken" das Geld um diese Forderung zu finanzieren? Bitte konkret und keine Antwort wie "Umschichten" oder "kürzen anderer Ausgaben" etc.! Ferner fordern Sie u.a. "besser qualifizierte Erzieher". Meinen Sie nicht, daß es vorrangig ist, MEHR Erzieher einzustellen? Löblich finde ich auch, dass Sie diese dann besser (hoffentlich dem Status des Erziehers angemessen!) bezahlen möchten! Für Ihre Antworten bedanke ich mich schon im Voraus. MfG Gundolf Bachmann
Lieber Herr Bachmann,
1980 waren meine Frau und ich darauf angewiesen, für unseren 13 Monate alten Sohn eine Kinderkrippe zu finden. Sonst hätte ich auf meine Juristenausbildung verzichten müssen oder meine Frau auf Ihre Technikerinnenausbildung. In West-Berlin gab es seinerzeit solche öffentlich bezuschussten Krippenplätze mit einem vernünftigen Betreuungsschlüssel. So wurde für keinen der beiden Elternteile das Kinderkriegen zur Fallgrube der beruflichen Zukunft und unser Sohn hat in der Betreuungszeit Fähigkeiten und soziale Kompetenzen erworben, die wir allein ihm trotz liebevoller Zuwendung hätten gar nicht vermitteln können. Was wir selbst zunächst nur als Notlösung einschätzten, erwies sich als eine sehr gute Zeit für das Kind und die Eltern.
Ich möchte, daß solche Erfahrungen fast 30 Jahre später alle jungen Eltern machen können mit gut ausgebildeten Erziehern in kleinen Gruppen. Was seinerzeit über die aus Bundesmitteln bezuschusste Berlin-Förderung lief, sollte heute bundesweit gefördert werden. Die Realität sieht anders aus. Obwohl alle Regierungspolitiker ein großes Wehklagen über den demographischen Wandel anstimmen, stellt das Kinderkriegen für viele junge Familien und erst recht für Alleinerziehende heute noch ein wirtschaftliches Risiko dar.
Wer soll das bezahlen, wer hat dafür Geld? Zu einem ganzen Anteil wäre es, auf die große Zahl der Fälle umgelegt, selbstfinanzierend. Bleibt die alleinerziehende junge Mutter zu Hause, wird sie durch Steuer- und Sozialkassen mit Hartz IV alimentiert. Kann die Mutter weiter arbeiten, verdient sie den Lebensunterhalt für sich selbst und ihr Kind, zahlt Sozialversicherungsbeiträge und, wenn sie ein gutes Einkommen hat, auch noch Einkommensteuern.
Der Rest ist in der Tat durch Steuerumschichtung zu finanzieren. Völlig unproblematisch, wenn man bundesweite eine Unternehmensbesteuerung und Einkommens- und Vermögensteuer für hohe Einkommen von mehr als 100.000 Euro jährlich erheben würde, die nur dem Durchschnitt aller EU-Staaten entspräche. Zur Steuerfinanzierung empfehle ich folgenden Link: http://www.die-linke-hessen.de/cms/content/view/153/141/
Dass man bei knappen Kassen zu guter letzt auch noch eine Werteentscheidung zu treffen hat, z. B. Familienförderung oder Flughafenförderung, sollte eigentlich eine Banalität sein. Die LINKE hat diese Wertentscheidung getroffen. Der Untertitel unseres Wahlprogramms "Menschen vor Profite" wird für uns keine Phrase sein, die wir nach dem Wahltermin gleich wieder vergessen.
Noch eine spannende letzte Wahlwoche
Ihr Axel Selbert