Frage an Axel Schäfer von Holger W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Schäfer,
Gestatten Sie mir bitte eine Nachfrage. Sie schreiben:
"Wir haben erreicht, dass abgesehen von der generell erforderlichen richterlichen Anordnung einer Online- Untersuchung jeweils drei Mitarbeiter des BKA über etwaige Verletzungen des Kernbereichs zu befinden haben."
Und Sie sind sicher, dass die Durchsuchung intimster und privatester Daten durch drei BKA-Beamte nicht bereits den unzulässigen Eingriff in den Kernbereich darstellt? Finden Sie es nicht merkwürdig, dass der Schutz des Kernbereichs durch dessen explizite Verletzung hergestellt werden soll? Finden Sie das wirklich rechtsstaatlich?
Sie schreiben:
"Wie bereits mehrfach erwähnt: Nur derjenige, der tatsächlich schwerkriminell ist oder eine terroristische Handlung plant, kann überhaupt durch richterlichen Beschluss einer Online- Durchsuchung unterzogen werden."
Und Sie sind davon überzeugt, dass nur Schwerkriminelle und Terroristen heimlich durchsucht werden? Oder ist es nicht vielmehr so, dass Verdächtige heimlich durchsucht werden sollen? Sehen Sie keinen Unterschied zwischen Verdächtigen und Kriminellen?
Auch wenn das jetzt keine Frage ist, sei mir die Bemerkung gestattet: Diese Art der vorsätzlichen Desinformation der Bürger, um bestimmte Überwachungs- und Sicherheitsgesetze durchzudrücken, halte ich für äußerst problematisch. Es sollen Verdächtige durchsucht werden und das kann grundsätzlich auch jeder unschuldige Bürger sein. Deshalb auch die allgemeine Einschüchterung und der Verlust des Vertrauens in den eigenen Computer.
Oder schließen Sie aus, dass Unschuldige verdächtigt werden? Wie? Falls nicht, halten Sie an Ihrer Aussage fest, dass kein Nichtterrorist und kein Nichtstraftäter eine Online-Durchsuchung zu befürchten habe? Bitte denken Sie auch mal an die Methoden von Frau Harms nach, die vor der Demonstration vor Heiligendamm mal eben ein paar Demonstranten zu Terroristen erklärt hat. So schnell wird man in unserem ´Rechtsstaat´ zum Terroristen.
mfg H. Wiechmann
Sehr geehrter Herr Wiechmann,
vielen Dank für Ihre erneute Anfrage.
1. Die drei Mitarbeiter des BKA durchsuchen natürlich nicht die „intimsten und privatesten Daten“ der Verdächtigen, sondern sie befinden darüber, ob genau dies überhaupt erforderlich ist. Damit ist dies natürlich gerade keine Verletzung des Kernbereichs, wie Sie behaupten.
Dazu schrieb ich in meiner vorangegangenen Antwort an Sie Folgendes:
„(…) Außerdem muss der Kernbereich privater Lebenssphäre für das BKA tabu bleiben. Die Verwendung von Informationen aus diesem Kernbereich ist deshalb grundsätzlich verfassungswidrig und nicht gestattet. Daher spielte für uns die Kernbereichskontrolle eine besonders wichtige Rolle. Wir haben erreicht, dass abgesehen von der generell erforderlichen richterlichen Anordnung einer Online-Untersuchung jeweils drei Mitarbeiter des BKA über etwaige Verletzungen des Kernbereichs zu befinden haben. Der weisungsunabhängige Datenschutzbeauftragte des Bundeskriminalamtes hat hierbei eine Schlüsselrolle. Denn nicht erst bei seinem begründeten Verdacht, sondern auch schon bei Zweifeln muss ein Richter hinzugezogen werden. Diese Regelung wurde auch durch den Bundesdatenschutzbeauftragten für Datenschutz, Peter Schaar, für geeignet befunden. Durch diese besonderen Hürden bleiben wichtige Bürgerrechte gewahrt und die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes im Gesetz erfüllt. (…)“
2. Natürlich darf das BKA diese neuen Befugnisse nur unter strikter Beachtung unserer verfassungsrechtlichen Grundsätze in eng umgrenzten Fällen anwenden. Hierzu gehört auch, dass besonders eingriffsintensive Maßnahmen nur gegenüber dem Tatverdächtigen bzw. seiner Kontakt- und Begleitperson angeordnet werden dürfen.
Natürlich bin ich davon überzeugt, dass „nur Schwerkriminelle und Terroristen heimlich durchsucht werden“ – unter Einhaltung der verfassungsrechtlichen Maßgaben: Andernfalls hätte ich dem Gesetz nicht zugestimmt!
Wir leben in einem sehr gut funktionierenden Rechtsstaat mit einer verschränkten Gewaltenkontrolle. Seien Sie sicher: Wenn jemand in Deutschland das Gesetz übertritt, wird dies rechtliche Folgen haben – egal ob es sich um eine Bürgerin, einen Bürger oder eine Behörde handelt.
Mit freundlichem Gruß
Axel Schäfer