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Axel Schäfer
SPD
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Frage von Ralf André L. •

Frage an Axel Schäfer von Ralf André L. bezüglich Recht

Hallo Herr Schäfer!

Ein leidiges Thema liegt mir am Herzen - die Drogenpolitik.
Gerne hätte ich Antworten auf die folgenden Fragen, um bei der nächsten Wahl entsprechend vorbereitet zu sein.

Sind Sie für oder gegen (die Legalisierung von):

- Anbau von Hanf zu Selbstversorgungszwecken ohne die Intention des Handels?
- deutschen Coffeeshops nach NL-Vorbild mit Altersbegrenzung und Begrenzung der Abgabemenge pro Person?
- Anbau von Hanf auf deutschen Feldern zur Produktion von Hanfprodukten, inklusive THC-haltiger Sorten die zum menschlichen Konsum bestimmt sind?

Mir ist klar, dass dies ein vielseitiges Thema ist, würde es jedoch sehr begrüssen, wenn Sie ihren Erläuterungen ein "DAFÜR" oder "DAGEGEN" voranstellen könnten.

Weiterhin wüsste ich gerne - falls Sie mindestens eine Frage mit "DAFÜR" beantworten:

- was Sie unternehmen wollen
- wann Sie etwas unternehmen werden

Im Gegensatz zu Herrn Lammert beantworten Sie ja immerhin die Fragen ihrer Wähler, hierfür vielen Dank. Ist anscheinend nicht selbstverständlich!

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Lerch,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Zu Beginn möchte ich Ihnen direkt mitteilen, dass ich und meine Kolleginnen und Kollegen in der SPD-Bundestagsfraktion uns gegen die drei von Ihnen angeführten Vorschläge aussprechen.

Grundsätzlich orientiert sich die Zusammenarbeit der internationalen Gemeinschaft und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Rahmen internationaler Drogenpolitik an drei internationalen Suchtstoffübereinkommen der Vereinten Nationen:

1961 wurde das "Einheitsabkommen der Vereinten Nationen über Suchtstoffe" (Single Convention on Narcotic Drugs) und 1971 die "Konvention über psychotrope Stoffe" (Convention on Psychotropic Substances) geschlossen. Die am 20. Dezember 1988 beschlossene "UNO-Konvention gegen den illegalen Handel mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen" (UN Convention against illicit Traffic in Narcotic Drugs and Psychotropic Substances) wurde zwischenzeitlich von 166 Vertragsstaaten ratifiziert und trat in der Bundesrepublik Deutschland am 28. Februar 1994 in Kraft. Ziel der internationalen Suchtstoffübereinkommen ist die Prävention des Drogenmissbrauchs. Verantwortlich für Umsetzung und Einhaltung des Vertragswerkes ist das 1968 gegründete, aus 13 regierungsunabhängigen Experten bestehende Internationale Suchtstoffkontrollamt der Vereinten Nationen (International Narcotic Control Board / INCB).

Nach Artikel 4 Buchstabe c des "Einheitsübereinkommens der Vereinten Nationen über Suchtstoffe" von 1961 sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Verwendung von Suchtstoffen, einschließlich Cannabis, auf ausschließlich medizinische oder wissenschaftliche Zwecke zu beschränken. Daneben verlangt Artikel 3 Absatz 2 des VN-Suchtstoffübereinkommens von 1988 von allen Vertragsparteien, „vorbehaltlich ihrer Verfassungsgrundsätze und der Grundzüge ihrer Rechtsordnung ... den Besitz, den Kauf oder den Anbau von Suchtstoffen oder psychotropen Stoffen für den persönlichen Verbrauch ... als Straftat zu umschreiben“. Deshalb ist auch in Deutschland der Verkehr mit Cannabis zu anderen als medizinischen oder wissenschaftlichen Zwecken nach dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) verboten und strafbar. Auch in den Niederlanden ist der Cannabiserwerb für den Eigenkonsum gesetzlich nicht erlaubt, sondern wird lediglich in sehr engen Grenzen geduldet. Bei den so genannten ´Coffeeshops´ handelt es sich nicht um staatlich lizensierte Stellen, sondern um private Gaststättenbetriebe ohne Alkoholausschank, in denen der Verkauf so genannter ´weicher Drogen´ (die Cannabisprodukte Haschisch und Marihuana), der grundsätzlich auch in den Niederlanden strafbar ist, nicht verfolgt wird, sofern es um geringe Mengen (5 Gramm pro Person) geht und weitere Auflagen erfüllt werden.

Die Suchtstoffübereinkommen sind als völkerrechtliche Verträge aufgrund internationalen Rechts bindend, gerade der liberale Ansatz der Niederlande stößt EU-weit und auch innerhalb der internationalen Gemeinschaft mehr und mehr auf Kritik. So hat der Rat der Europäischen Union am 25. Oktober 2004 - nach langjährigem Widerstand der Niederlande - einen Rahmenbeschluss zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels angenommen (ABl. L 335 vom 11.11.2004, S. 8).

Danach ist in den einschlägigen Gesetzen der Mitgliedstaaten u.a. für den Handel mit geringen Mengen von weniger gefährlichen (´weichen´) Drogen eine Mindesthöchststrafe von 1 bis 3 Jahren vorzusehen. Dies könnte möglicherweise eine Verschärfung der Strafdrohung in den Niederlanden beim Besitz von Cannabis zur Folge haben. In Deutschland ist der Umgang mit Betäubungsmitteln durch das "Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelgesetz – BtMG) vom 28. Juli 1981 geregelt. Das Betäubungsmittelgesetz unterscheidet zwischen nicht verkehrsfähigen Betäubungsmitteln (Anlage 1), verkehrsfähigen, aber nicht verschreibungsfähigen Betäubungsmitteln (Anlage 2) sowie verkehrsfähigen und verschreibungsfähigen Betäubungsmitteln (Anlage 3). Cannabis ist in Anlage 1 des Betäubungsmittelgesetzes als nicht verkehrsfähiges Betäubungsmittel eingestuft.

Gemäß § 29 Abs. 1 BtMG ist es in Deutschland strafbar, Betäubungsmittel unerlaubt anzubauen, herzustellen, mit ihnen Handel zu treiben, sie ohne Handel zu treiben einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben, sonst in den Verkehr zu bringen, zu erwerben oder sich in sonstiger Weise zu verschaffen, eine ausgenommene Zubereitung herzustellen oder Betäubungsmittel zu besitzen. Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz können mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden.

Die Erteilung einer Erlaubnis zum Verkehr mit Betäubungsmitteln erfolgt durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte entsprechend gesetzlich festgelegter Regularien. Eine solche Erlaubnis wird zum Verkehr mit nicht verkehrsfähigen Betäubungsmitteln nur im Ausnahmefall zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilt.

Mit einem Urteil vom 9. März 1994 (2 BvL 43/92) verneinte das Bundesverfassungsgericht die Ableitung eines generellen "Rechts auf Rausch" aus dem Grundgesetz, erlaubte aber, beim Besitz einer ausschließlich für den persönlichen Gebrauch bestimmten so genannten "geringen" Menge von einer Strafverfolgung abzusehen.

§ 31a des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) sieht daher unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit eines Absehens von der Strafverfolgung vor. Konkret heißt es im Gesetz: "So kann die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre, kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht und der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt." bzw. "Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens unter [bestimmten] …. Voraussetzungen mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen…" Im Interesse einer Vereinheitlichung der Einstellungspraxis bei der Strafbarkeit des unerlaubten Umgangs mit Cannabisprodukten haben die Bundesländer - soweit die Tat den unerlaubten Umgang mit Cannabisprodukten zum gelegentlichen Eigenverbrauch ohne Fremdgefährdung betrifft - in ihren Richtlinien bzw. Vereinbarungen zur Anwendung des § 31a BtMG nunmehr überwiegend eine Eigenbedarfsgrenze von sechs Gramm bzw. drei Konsumeinheiten zu je zwei Gramm festgesetzt.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Informationen weiterhelfen.

Mit freundlichen Grüßen

Axel Schäfer

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