Frage an Axel Schäfer von Harald Z. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Schäfer,
als Bahnvielfahrer schauen sie lange aus dem Fenster oder in Ihre Akten. Ich vermute mal, dass sie mehr Fliegen als Fahren . Die Bahnzerschlagung hat schon längst begonnnen oder ist abgeschlossen mit einführung der DB AG.Das dürfte an ihnen vorübergegangen sein ohne das sie das persönlich bemerkt haben als Bahnvielfahrer.Als Politiker bermerken sie so etwas wahrscheinlich gar nicht. Was mit der heutigen Bahn los ist möchte ich, und darf ich hier aus meinen Wissenstand nicht weiter ausführen.Wann glauben sie wird die Bahn nach dem das Privatkapital ihre Gewinne gemacht hat wieder Verstaatlicht um dem Auftrag gerecht zu werden?? Hatten wir das alles nicht schon Mal ??
Wissen sie wie viele Kapazitäten an Fachpersonal zerschlagen wurden ?? Gute Reise Herr Schäfer
Sehr geehrter Herr Zielinsky,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 28. Mai 2008, in dem Sie mich um eine Stellungnahme zur geplanten Teilprivatisierung der Deutschen Bahn AG bitten.
Ihre Vermutung, mich würde die Teilprivatisierung der Bahn nicht interessieren, da ich wahrscheinlich „mehr fliege als fahre“ muss ich deutlich zurückweisen. Als Pendler zwischen Bochum und Berlin fahre ich wöchentlich hunderte von Kilometern mit der Bahn. Ich habe daher auch bestimmte Ansprüche an ein flächendeckend ausgebautes Schienennetz und einen schonenden Umgang mit unserer Umwelt. Ich fliege so gut wie nie. Nur für gelegentliche Dienstreisen ins europäische Ausland, die ich in meiner Funktion als europapolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion unternehme, benutze ich das Flugzeug. Ich bin daher auch „Bahn-Vielfahrer“ und auf gut ausgebaute Strecken, den Einsatz von ausgebildetem Fachpersonal und Pünktlichkeit der Züge stark angewiesen.
Ich möchte Ihnen im Folgenden meinen Standpunkt ausführlich schildern, wie ich es bereits am 27. Mai 2008 mit meiner Antwort auf www.abgeordnetenwatch.de an Herrn Ludischbo getan habe.
Generell bin ich der Meinung, dass wir eine Reform der DB AG brauchen, um die Einflussmöglichkeiten des Bundes auf den DB-Konzern zu vergrößern, beispielsweise durch eine Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung sowie die Verpflichtung zur Vorlage eines Infrastrukturzustands- und Infrastrukturentwicklungsberichts. Gleichzeitig hat sich die SPD-Bundestagsfraktion immer für den Erhalt und die Entwicklung eines integrierten Eisenbahnkonzerns in Deutschland ausgesprochen – nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dadurch die Arbeitsplätze bei der Bahn erhalten zu können. Der Erhalt des integrierten Konzerns ermöglicht den Erhalt des internen Arbeitsmarktes unter Wahrung des bislang bestehenden Beschäftigungsbündnisses und schafft somit Sicherheit für die derzeit rund 230.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bahn.
Wir haben uns aus gutem Grund bei der ersten Bahnreform 1993/1994 darauf geeinigt, einen Infrastrukturauftrag des Bundes im Grundgesetz zu verankern, demzufolge das Schienennetz und ein funktionierender Eisenbahnbetrieb in Nah-, Fern- und Güterverkehr innerhalb Deutschlands einen unverzichtbaren Bestandteil öffentlicher Daseinsvorsorge darstellt, der nicht den Renditeerwägungen globaler Kapitalmärkte ausgesetzt werden darf. Kernaufgabe der Deutschen Bahn ist es, eine breite, flächendeckende Verkehrsversorgung mit öffentlicher Mobilität in Deutschland sicherzustellen.
Auf dem Hamburger Parteitag hat sich dann die SPD mit ihrem Beschluss “Für eine Bahn mit Zukunft“ eindeutig festgelegt: „Private Investoren dürfen keinen Einfluss auf die Unternehmenspolitik der Bahn ausüben. Zur Erreichung dieses Ziels stellt die stimmrechtslose Vorzugsaktie die geeignete Form dar (…) Eine andere Beteilung privater Investoren lehnen wir ab.“
Der SPD-Parteivorstand und der SPD-Parteirat, dessen Mitglied ich bin, haben dann am 22. April 2008 in ihrer gemeinsamen Sitzung mit großer Mehrheit folgenden Beschluss gefasst:
„Der Parteivorstand und der Parteirat stimmen dem von der Arbeitsgruppe Bahnreform entwickelten Konzept und Strukturmodell zur Zukunft der Deutschen Bahn zu.
Damit ist klar:
• Mit uns wird es keine Zerschlagung der DB AG geben. Wir halten am integrierten Konzern und damit auch am konzerninternen Arbeitsmarkt fest. Eine Privatisierung der DB AG (Holding) lehnen wir ab.
• Der Bund darf in der Wahrnehmung seiner Eigentumsrechte nicht eingeschränkt werden. Er muss die Verantwortung für die Ausgestaltung der Daseinsvorsorge behalten, um seinem im Grundgesetz fixierten Auftrag gerecht zu werden.
• Private Investoren dürfen keinen Zugriff auf die Kernaufgaben der DB AG ausüben. Hierzu gehört nicht nur die Infrastruktur, sondern auch die Sicherstellung eines Personennah- und Fernverkehrs mit vernünftiger Vertaktung.
Wir lehnen eine über die 24,9 % hinausgehende Beteiligung privater Investoren an der Betriebsgesellschaft VuL AG konsequent ab. Die Begrenzung privater Beteiligung auf 24,9 % hat für die SPD grundsätzliche Bedeutung und ist deshalb in Koalitionsgesprächen nicht verhandelbar.“
Mit ihrem Antrag „Zukunft der Bahn, Bahn der Zukunft – Die Bahnreform weiterentwickeln“ haben die Koalitionsfraktionen nun die bereits im Koalitionsausschuss vereinbarten Eckpunkte dem Bundestag vorgelegt. Der Antrag wurde am 8. Mai 2008 in 1.Lesung im Bundestag beraten.
Die SPD-Bundestagsfraktion will damit die Verkehrs- und Logistikaktivitäten in einer Gesellschaft bündeln. An dieser Gesellschaft sollen sich künftig Private mit bis zu 24,9 Prozent beteiligen können. Damit werden vier wesentliche Ziele erreicht:
- Erstens bleiben das Netz und die weitere Infrastruktur auch künftig vollständig im Eigentum des Bundes, denn der Bund bleibt alleiniger Eigentümer der DB AG.
- Zweitens wird der Bund auch in der neuen Verkehrs- und Logistikgesellschaft das Sagen haben. Wir werden maximal 24,9 Prozent der Anteile verkaufen. Diese Grenze ist für die SPD nicht verhandelbar.
- Drittens bleibt der konzerninterne Arbeitsmarkt gesichert. Gewerkschaften und DB AG haben bereits die Fortsetzung der Beschäftigungssicherung bis 2023 verabredet.
- Viertens bekommen wir damit die notwendigen Mittel, um den Schienenverkehr in Deutschland weiter nach vorne zu bringen und die Deutsche Bahn AG fit für die Zukunft zu machen.
Es geht insbesondere darum, Engpässe und Langsamfahrstellen zu beseitigen, Bahnhöfe und Haltepunkte attraktiver zu machen, Lokomotiven und Wagen zu erneuern, den Schienenlärm gezielt zu bekämpfen und die Bahn noch effizienter, noch energiesparender zu machen.
Ich denke damit wurde nach langer und intensiver öffentlicher Diskussion – welche ich für immens wichtig halte – ein akzeptabler Kompromiss gefunden. Der integrierte Konzern der DB AG bleibt erhalten und wird gesichert. Private Investoren erhalten keinen unternehmensbestimmenden Einfluss auf den Kernbereich der Unternehmenspolitik der Deutschen Bahn AG.
Mit freundlichen Grüßen
Axel Schäfer