Frage an Axel Schäfer von Christian E. bezüglich Klima
Guten Tag Herr Schäfer, Klimaschutz ist wichtig, funktioniert aber nur, wenn er weltweit ernst genommen wird. Warum müssen wir Vorreiter spielen, auch wenn ein Alleingang nichts nutzt?
Sehr geehrter Herr Ehm,
vielen Dank für Ihre Frage zur Klimapolitik. Immer wieder diskutieren Menschen über die Rolle von Deutschland im weltweiten Klimaschutz. Soll unser Land ganz vorne mitmachen? Sollen wir schon heute neue Regeln einführen, wenn andere Länder viel weniger aktiv sind? Oder sollen andere Staaten den Anfang machen?
Ein Argument ist in dieser Diskussion besonders beliebt: unsere Größe. Denn Deutschland hat nicht die größte Oberfläche von allen Ländern der Welt – und schon gar nicht die meisten Einwohner. Außerdem stoßen wir auch nicht die meisten Treibhausgase aus. Darum fragen viele Menschen: Warum soll Deutschland mehr gegen den Klimawandel unternehmen als andere? Warum geht China nicht im Klimaschutz voran? Dort leben 1,5 Milliarden Menschen. Oder die USA? Dort benutzen die Menschen im Schnitt viel mehr Strom und Benzin.
• Deutschland hat nicht so viele Einwohner wie andere Länder. Darum stößt Deutschland pro Jahr „nur zwei Prozent“ der weltweiten Treibhausgase aus.
• Deutschland hat schon lange viel Industrie. Darum emittieren wir auch schon lange CO2 aus. Hochgerechnet auf die letzten 100 Jahre sind wir für mehr als vier Prozent der weltweiten Treibhausgase verantwortlich.
• Menschen in Deutschland verursachen pro Person mehr Treibhausgase als Menschen in vielen anderen Ländern.
• Alle Länder haben sich verpflichtet, den Klimawandel gemeinsam zu bekämpfen.
• Länder im Norden haben eine besondere Verantwortung. Denn sie stoßen schon länger und viel mehr Treibhausgase aus als Länder im Süden.
• Länder im Norden stoßen sogar mehr Treibhausgase aus als die Zahlen zeigen. Denn sie kaufen viele verschmutzende Güter aus Ländern im Süden.
• Das deutsche Energiegesetz hat viele Länder auf die Idee gebracht, erneuerbare Energien zu fördern.
• Deutschland hat neue Technologien für Solaranlagen und Windräder entwickelt. Dadurch können jetzt mehr Länder erneuerbare Energie ausbauen.
• Die EU ist ein wichtiger Vorreiter in der internationalen Klimapolitik.
Schon Willy Brandt hat einst gefordert: „Der Himmel über der Ruhr muss wieder blau werden“. Mit seiner Rede am 28. April 1961 in Bonn hat er das umweltpolitische Denken in Deutschland angestoßen – lange bevor es die Fridays for Future-Bewegung gab. Heute ist der menschengemachte
Klimawandel unsere große Herausforderung, vor der wir stehen.
Getreu dem Motto von Willy Brandt: „Umweltschutz ist eine Gemeinschaftsaufgabe“, hat die SPD die unterschiedlichen Sichtweisen aus Umwelt und Wirtschaft so kanalisiert, dass ein einheitliches Konzept entstanden ist, das uns auf den Pfad der Transformation der Industrie führt und den klimaschutzpolitischen Verpflichtungen Deutschlands nachkommt. Umwelt und Wirtschaft wurden so versöhnt und gehen seitdem Hand in Hand auf dem Weg der Klimaneutralität.
Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten war dabei immer klar: das Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens, die globale Erderwärmung deutlich unter 2 Grad Celsius zu halten und auf möglichst 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, ist unverrückbar. Wir wollen, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral wird.
Unsere Politik orientiert sich dabei an folgenden Leitsätzen:
• Umwelt- und Klimaschutz sind für uns eine Frage der sozialen Gerechtigkeit und der Solidarität mit zukünftigen Generationen sowie mit Menschen in Weltregionen, die bereits heute stärker unter dem Klimawandel leiden.
• Klimaschutz sichert intakte natürliche Lebensgrundlagen. Sauberes Wasser und saubere Luft, Wälder und gute Böden, auf denen Lebensmittel wachsen, sind unsere Lebensgrundlagen, die wir uns und nachfolgenden Generationen erhalten müssen.
• Sozialdemokratische Klimaschutzpolitik bedeutet, einen verlässlichen Weg für Bürger:innen , für Wirtschaft und Beschäftigte aufzuzeigen, mit konkreten, sozial ausgewogenen Maßnahmen unsere Klimaziele zu erreichen und gleichzeitig unsere Wirtschaft im Strukturwandel zu stärken, indem wir sie unterstützen, ihre globale Wettbewerbsfähigkeit bei Zukunftstechnologien zu erhöhen.
• Wir wollen Vorreiter beim Gelingen der Energiewende sein und die damit verbundenen Chancen für unser Land nutzen sowie für eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung sorgen.
• Deutschland soll auch in Zukunft Industriestandort bleiben und dauerhaft zu den wettbewerbsfähigsten Regionen der Welt gehören.
• Die Energiewende muss ganzheitlich gedacht werden. Dazu müssen wir die Sektorkopplung vorantreiben.
• Um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können, muss ein starker Staat eine aktive, steuernde Rolle bei der Förderung strategisch wichtiger Innovationen und Investitionen übernehmen und dafür sorgen, dass der Strukturwandel in allen Branchen sozialverträglich vonstattengeht.
Rückblickend haben wir bereits heute zahlreiche sozialdemokratische Meilensteine auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2045 durchsetzen können. Hervorzuheben sind zum Beispiel das Klimaschutzgesetz, das Klimaschutz erstmals sektorscharf gesetzlich verbindlich macht, oder das Gelingen eines sozialverträglichen Kohleausstiegs mit einer klaren Perspektive für die Reviere. Klimaschutz geht aber nur gemeinsam! Wir müssen Klimaschutz als soziale und ökologische Herausforderung für alle Teile der Gesellschaft und alle Gesellschaften meistern. Nur wenn wir dabei alle mitnehmen, schaffen wir die notwendige Akzeptanz, um unsere Ziele auch wirklich zu erreichen. Klar ist: Es liegen noch herausfordernde Aufgaben vor uns, um unseren Kindern und Enkeln einen lebenswerten Planeten zu hinterlassen.
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Mit freundlichen Grüßen
Axel Schäfer (Bochum)