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Axel Schäfer
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Frage von Marty L. •

Frage an Axel Schäfer von Marty L. bezüglich Verkehr

Hallo Herr Schäfer!

Z.Z verfolge ich mit Spannung die Diskussion um die Teil - Privatisierung der deutschen Bahn!
Die Gegenpositionen zum aktuellen Gesetzesentwuf sind klar. Den einen geht die Privatisierung nicht weit genug, andere möchten die Bahn in öffentlicher Hand behalten.
Welche Position nehmen Sie ein?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Ludischbo,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Als Pendler zwischen Bochum und Berlin fahre ich wöchentlich hunderte von Kilometern mit der Bahn. Ich habe daher auch bestimmte Ansprüche an ein flächendeckend ausgebautes Schienennetz und einen schonenden Umgang mit unserer Umwelt.

Meiner Meinung nach darf eine Kapitalprivatisierung der DB AG kein Selbstzweck sein. Sie kann auch ein Mittel zur Erreichung verkehrspolitischer Ziele sein. Daneben sind auch die beteiligungs- und haushaltspolitischen Auswirkungen einer Privatisierung von großer Bedeutung. Die Schiene darf im Personenverkehr nicht weiter an Substanz verlieren, d.h. das Schienennetz darf nicht weiter gekappt werden, nur weil private Investoren darauf drängen werden, sich auf rentable Strecken zu konzentrieren. Ein Einstieg privater Investoren heißt immer auch, dass bahnfremde Interessen dominieren könnten. Meine Kollegen Hermann Scheer und Peter Friedrich haben ein Memorandum gegen die geplante Privatisierung der Deutsche Bahn verfasst, welches ich unterstütze.

Die SPD-Bundestagsfraktion macht sich die Entscheidung über eine Kapitalprivatisierung und über mögliche Privatisierungsmodelle nicht leicht. Wir haben daher bereits in der vergangenen Wahlperiode ein Gutachten in Auftrag gegeben, mit dem die verkehrs-, wirtschafts- und haushaltspolitischen Auswirkungen einer Kapitalprivatisierung und aller denkbaren Privatisierungsmodelle beleuchtet werden sollten. Ich sehe eine Teilprivatisierung der DB AG aus oben genannten Gründen als sehr kritisch an. Allerdings geht die Tendenz unter den Mitgliedern der SPD-Bundestagsfraktion hin zu einer Teilprivatisierung der DB AG. Auch wenn ich persönlich gegen eine Teilprivatisierung der Deutschen Bahn bin, kann ich Ihnen im folgenden dennoch den Stand der Dinge im Gesetzgebungsverfahren aufzeigen und Ihnen die von den Verkehrspolitikern bislang vereinbarten Regelungen erläutern.

Ich möchte Sie jedoch auf eines hinweisen: Wir sind nicht am Ende, wir sind am Anfang des Gesetzgebungsverfahrens. Bis der Entwurf Ende Juli vom Kabinett verabschiedet wurde, hatten die Länder, Kommunen und die wichtigsten Verbände die Möglichkeit, sich zum Entwurf zu äußern. Anschließend hatte der Bundesrat Gelegenheit, Stellung zu nehmen. Mit der Kabinettbefassung endet formal die Meinungsbildung in der Bundesregierung. Für die parlamentarischen Beratungen ist dies überhaupt erst der Startschuss. Wir werden den Gesetzentwurf und entsprechende Anregungen aus der Fraktion nach der Sommerpause detailliert und intensiv im Bundestag beraten. Der im Juli vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzentwurf ist das Ergebnis intensiver Diskussionen zwischen den Ressorts und mit den Verkehrspolitikerinnen und Verkehrspolitikern der Koalition. Der Entwurf ist verfassungsfest, soll dem Bund das Eigentum an der Infrastruktur, sichern, erlaubt die Bilanzierung des Netzes bei der Bahn, garantiert die Netzqualität, soll die berechtigten Interessen der Beschäftigten wahren und Wettbewerb auf der Schiene gewährleisten.

Ein zentraler Baustein für die Sicherung der Infrastrukturverantwortung ist die Rückübertragung der Eisenbahninfrastrukturunternehmen an den Bund. Sämtliche Anteile der Deutschen Bahn AG an der DB Netz AG, der DB Station & Service AG und der DB Energie GmbH – und damit das Schienennetz, die Bahnhöfe und die Stromversorgung – sollen in das Eigentum des Bundes übergehen. Entsprechend des Bundestagsbeschlusses ist im Gesetzentwurf festgelegt, dass sich an der Deutschen Bahn AG Private beteiligen können, aber „die Mehrheit der Anteile beim Bund verbleiben muss“. Um den politisch gewollten und verfassungsrechtlich gebotenen Einfluss des Bundes zu sichern, ist außerdem geregelt, dass der Bund auch bei der Beteiligung Dritter die Besetzungsrechte von Aufsichtsratspositionen behält. Das heißt: Der Bund bestimmt über die Mehrheit im Aufsichtsrat. Dies hat zwei Vorteile: (1) Der maßgebliche Einfluss auf grundsätzliche Unternehmensentscheidungen ist gesichert. (2) Ein direkter oder indirekter Zugriff Privater auf Entscheidungen der Eisenbahninfrastrukturunternehmen ist ausgeschlossen. Um den Automatismus zu vermeiden, dass die Infrastruktur endgültig bei der Bahn verbleibt, wenn der Gesetzgeber nicht anders entscheidet, wurde das Verfahren umgedreht. Die Bewirtschaftung der Infrastruktur wird für 15 Jahre an die Deutsche Bahn übertragen. Wenn der Gesetzgeber nicht (mit Zustimmung des Bundesrates) Anderes beschließt, fällt die gesamte Infrastruktur dann an den Bund zurück. Für diesen Fall bleiben der DB AG noch drei Jahre für die Abwicklung. Alternativ kann der Gesetzgeber aber auch die Sicherungsübereignung an die DB AG verlängern.

Damit künftig ein ausreichender Einfluss des Bundes auf die Qualität der Schienen-Infrastruktur bei größtmöglicher unternehmerischer Flexibilität gesichert ist, soll eine Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung mit der Deutschen Bahn AG geschlossen werden. Die Bahn entscheidet dann nicht mehr nach Belieben über den Netzzustand, sondern bekommt klare Zielvorgaben und wird damit umfassend verpflichtet, ein qualitativ hochwertiges Netz bereitzustellen.

Diese Vereinbarung wird gesetzlich festgeschrieben. Den Zustand der Schienenwege wird ein jährlicher Bericht der Eisenbahninfrastrukturunternehmen (Infrastrukturzustands- und -entwicklungsbericht) dokumentieren. Der Bund soll seinerseits die Möglichkeit haben, durch Messfahrten auf dem Schienennetz und mit Hilfe unabhängiger Sachverständiger die Angaben im Bericht zu überprüfen. Dieses Modell hat sich bereits in den Niederlanden bewährt. Mit der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung hätte der Bund endlich ein taugliches Instrument in der Hand, um einen klar definierten Zustand des Fern- wie des Regionalverkehrsnetzes und der übrigen Infrastruktur (Bahnhöfe, Energieversorgung etc.) einzufordern. Sollten die Deutsche Bahn AG diesem Auftrag nicht oder ungenügend nachkommen, kann der Bund seinen Zuschuss ganz oder teilweise zurückfordern. Im Gesetz sind Kriterien und Verfahren detailliert geregelt. Damit trägt die Deutsche Bahn AG das Risiko für den ordnungsgemäßen Zustand der kompletten Infrastruktur.

Da jedoch das parlamentarische Verfahren im Herbst erst beginnen wird und wir momentan noch ganz am Anfang der Verhandlungen stehen, kann ich Ihnen keine verbindliche Auskunft geben. Noch kann wie gesagt alles verändert werden.

Mit freundlichen Grüßen

Axel Schäfer

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