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Axel Schäfer
SPD
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Frage von David W. •

Frage an Axel Schäfer von David W. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Schäfer,

am 21.03.2013 hat der Deutsche Bundestag in der Drucksache 17/12034 "Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes und zur Neuregelung der Bestandsdatenauskunft" weitreichende Änderungen beschlossen.
Wie stehen Sie zu Punkten wie:

- Kein Richtervorbehalt für IP-Adressen
Deutsche Behörden sollen zukünftig die Inhaber von Telefonnummern und IP-Adresse vollautomatisiert abfragen können – ohne Richtervorbehalt
- IPv6: lebenslange Identifizierung
Momentan gibt es eine Umstellung von IPv4 zu IPv6. Durch den Wechsel zu IPv6 ist es künftig möglich, jedem Endgerät eine eigene feste IP-Adresse zuzuteilen.

- Nutzer-Identifizierung per Schnittstelle
Die Abfrage soll über eine elektronische Schnittstelle erfolgen, die die “etwa 16 größten Dienstanbieter” einrichten müssen und mit der Polizei/Sicherheitsbehörden quasi per Mausklick IP-Adressen zu Personen zuordnen können.

- Bundeskriminalamt wird zur Internet-Polizei
Die Rolle des Bundeskriminalamts als Zentralstelle wird mit dem Gesetz gestärkt und ausgebaut.

-Bestandsdaten gegen Ordnungswidrigkeiten
Die Abfrage von Bestandsdaten soll nicht nur bei Straftaten möglich sein, sondern auch bei Ordnungswidrigkeiten!

- PIN, PUK, E-Mail-Passwörter
Die “erweiterte” Bestandsdaten-Auskunft umfasst auch so genannte Zugangssicherungscodes bei Anbietern, z. B. PIN und PUK von SIM-Karten.
Durch die offene Formulierung des Gesetz werden aber auch Passwörter erfasst, die den Zugang zu E-Mail-Konten oder Cloud-Speichern ermöglichen. Dies erlaubt unter Umständen den Zugriff der abfragenden Bedarfsträger auf Informationen, die eventuell sogar der Intimsphäre unterfallen könnten und somit besonders schützenswert sind.

Zum letzten Punkt wäre noch zu sagen, dass Email-Passwörter nur dann herausgegeben werden können wenn der Anbieter diese auch im Klartext vorhält. Dadurch besteht eine reale Gefahr für alle Kunden.

Mit freundlichen Grüßen

David Werner

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Werner,

vielen Dank für Ihr Schreiben, auf das ich Ihnen gerne antworten möchte.

Die Brisanz des Telekommunikationsgesetzes ergibt sich aus den Regelungen bezüglich der Bestandsdatenauskunft - auch Sie zielen in diese Richtung ab. Die Bestandsdatenauskunft regelt, dass Telekommunikationsanbieter den zuständigen Sicherheitsbehörden Auskunft zu Kundendaten geben müssen, wenn dies im Einzelfall erforderlich ist. Dabei reichen die Anwendungserfordernisse von der Aufklärung von Kinderpornographie im Netz bis zur Ermittlung des Telefonanschlussinhabers zur Rettung bei angekündigtem Suizid. Für die polizeiliche Arbeit hat sie sich als essentiell erwiesen, was von kaum jemandem mehr angezweifelt wird.

Aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts musste das bisherige Gesetz bis spätestens Ende Juni dieses Jahres novelliert werden, weil ansonsten die Strafverfolgung nicht mehr über die Möglichkeit der Bestandsdatenauskunft verfügt hätte. Aus diesem Grund präsentierte die Bundesregierung im Januar einen neuen Entwurf, den die SPD-Bundestagsfraktion nicht hätte mittragen können.

Wir sind uns darüber bewusst, dass Bestandsdatenauskunft zum Handwerkszeug der Polizei gehört. Aber wir sind uns auch über die Tiefe des Eingriffs im Klaren. Man muss einen Ausgleich zwischen legitimen Sicherheitsinteressen und dem Schutz bürgerlicher Freiheitsrechte finden. Auf der einen Seite räumte der Regierungsentwurf den Sicherheitsbehörden die notwendigen Auskunftsrechte ein. Jedoch schuf er auf der anderen Seite keine befriedigenden Kontrollmechanismen für die Bürgerinnen und Bürger, wie z.B. Richtervorbehalte und Benachrichtigungspflichten. Deshalb hat sich die SPD im Gegensatz zu den Grünen und der Linken an der weiteren inhaltlichen Ausgestaltung des Entwurfs beteiligt. Mit unseren Änderungsanträgen haben wir erreicht, dass das nun beschlossene Gesetz ein akzeptabler Kompromiss geworden ist, den auch ich mittrage.

Bevor ich nun auf ihre einzelnen Fragen eingehe, will ich Sie darauf hinweisen, dass es sich bei der Drucksache, auf die Sie in ihrem Schreiben verweisen, nicht um das schließlich angenommene Gesetz handelt. Aufgrund des Mitwirkens der SPD wurden noch wesentliche Verbesserungen eingeführt. Die Drucksachen mit den Änderungen des Regierungsentwurfs finden Sie hier: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/128/1712879.pdf

Zunächst einmal stimmt es, dass es für die Abfrage von IP-Adressen keinen Richtervorbehalt gibt. Er wurde auch vom Bundesverfassungsgericht nicht verlangt. Allerdings haben wir die Behörden verpflichtet, dass Sie die betroffenen Personen über den Eingriff aufklären müssen, sobald dadurch nicht mehr der Zweck der Abfrage gefährdet wird. Für die heimliche Einholung von PINs, PUKs und E-Mail-Passwörtern hat die SPD hingegen erfolgreich den Richtervorbehalt gefordert. Mit diesen Informationen kann Zugriff zu sehr sensiblen Inhalten erlangt werden, die einerseits tief in die Privatsphäre hineinreichen, andererseits aber auch zielführende Hinweise an die ermittelnden Behörden geben können. Der Richtervorbehalt beugt einer leichtfertigen Nutzung dieser Zugriffsrechte vor.

Eine weitere Verbesserung haben wir hinsichtlich der Umstellung des IP Protokolls von IPv4 auf IPv6 erreicht. Zunächst ist hierzu zu sagen, dass diese nicht auf den Gesetzentwurf zurückgeht, sondern eine sehr technische Angelegenheit ist, die der Fortentwicklung des Internets geschuldet ist. Mit dem neuen IP-Protokoll wird der Adressraum enorm erweitert. Dies hat zur Folge, dass jeder Nutzer von seinem Provider einen festen Adressbereich zugeteilt bekommt, an dem er voraussichtlich für eine lange Zeit identifiziert werden kann. Hieraus ergeben sich Herausforderungen für die Gesetzgeber, weil sie den Stand der Technik im Auge behalten müssen. Um dies zu gewährleisten, hat die SPD in den Verhandlungen durchgesetzt, dass die Bundesregierung einen Bericht zu den Folgen der IP-Umstellung vorzulegen hat.

Ebenso wie die Umstellung des IP Protokolls ist die Schnittstelle eine eher technische Angelegenheit. Sie erweitert in keiner Weise die Zugriffsrechte der Behörden, verringert aber den Verwaltungsaufwand, indem sie die Abfrage von IP Adressen erleichtert. Es erscheint mir sehr einleuchtend, dass schnellere Verfahren Vorteile in der Strafverfolgung mit sich bringen. Da die gleichen Kontrollmechanismen bestehen, wie bei der bisherigen manuellen Abfrage, sehe ich keine bürgerlichen Freiheitsrechte beeinträchtigt.

Nicht zu beanstanden ist schließlich, dass auch Ordnungswidrigkeiten ein Anlass zur Einholung einer Bestandsdatenauskunft sein können: Ordnungswidrigkeiten sind nicht immer nur Lappalien, sondern können schwere Rechtsverstöße zum Beispiel im Wirtschaftsrecht oder beim Datenschutz betreffen. Selbstverständlich müssen dann auch Telekommunikationsbestandsdaten des Betroffenen ermittelt werden können. Das ist, anders als dies vereinzelt behauptet wird, auch nicht verfassungswidrig. So sieht § 42 Absatz 2 des Ordnungswidrigkeitengesetzes explizit vor, dass die Verfolgungsbehörde beim Bußgeldverfahren die gleichen Rechte und Pflichten hat wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung anderer Straftaten.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Antwort meinen Standpunkt
verständlich machen konnte.

Mit freundlichen Grüßen

Axel Schäfer

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