Frage an Axel Knoerig von Ricky S.
Sehr geehrter Herr Knoerig,
Bundesrat und Bundestag haben in der vergangenen Woche in erster Lesung über das Fracking-Gesetzespaket beraten. Insbesondere für Niedersachsen ist dieses Gesetzespaket relevant und könnte mittel- bis langfristig Fracking in den unkonventionellen Erdgasvorkommen des Landes ermögliche. Daher bitte ich Sie als Mitglied des zuständigen Ausschusses für Wirtschaft und Energie, mir einige Fragen zu diesem Thema zu beantworten:
1) Das Fracking-Gesetzespaket der Bundesregierung sieht die Erprobung von Fracking-Vorhaben vor. Sollte es Ihres Erachtens solche Erprobungsvorhaben geben? Wenn ja, wie viele sind aus Ihrer Sicht sinnvoll, wo sollten sie durchgeführt werden und welcher Erkenntnisgewinn muss aus Ihrer Sicht damit verbunden sein?
2) Soll nach Ihrer Meinung für alle Tiefbohrvorhaben ein Stand der Technik als generelles Anforderungsniveau gelten und wenn nein, warum nicht?
3) Unter welchen Umständen soll Ihres Erachtens Lagerstättenwasser bei der Gewinnung von Erdöl- und Erdgas verpresst werden?
4) Ist der Einsatz der Fracking-Technik in Sandstein tatsächlich sicherer als in Schiefer- oder Kohleflözgestein? Wenn ja, worin liegen die Unterschiede?
5) Sind Sie für die Einführung eines wasserrechtlichen Besorgnisgrundsatzes als zentrale Zulassungsvoraussetzung für Fracking-Maßnahmen in § 13a WHG und wenn nein, warum nicht?
Vielen Dank für Ihre Antworten!
Sehr geehrter Herr Stankewitz,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage vom 12. Mai 2015. Das Fracking-Gesetzespaket wird erst im Herbst dieses Jahres im Deutschen Bundestag verabschiedet. Nach jetzigem Sachstand kann ich Ihnen aber folgende Auskünfte mitteilen:
1. Die Erprobung von Fracking-Vorhaben soll von einer Expertenkommission bestehend aus sechs Mitgliedern (darunter drei Vertreter von Umweltinstituten) begutachtet werden. Es steht aber noch nicht fest, welche Anzahl von Modellprojekten jährlich erforscht wird. Die Empfehlung einer Freigabe soll sich nach der Unbedenklichkeit des Einsatzes der Fracking-Technologie in der entsprechenden Gesteinsformation richten und wird immer einzelfallabhängig sein. Zurzeit ist auch noch nicht entschieden, ob die Projekte von den zuständigen Landesbergbehörden und Landeswasserbehörden freigegeben werden oder ggf. ein Parlamentsvorbehalt besteht.
2. Für die gesamte Erdöl- und Erdgasgewinnung ist der "Stand der Technik" nach geowissenschaftlicher Expertenmeinung das Optimum an technologischem Know-How, das eingesetzt werden kann. Die Bergämter der Länder bestimmen letztendlich bei der Genehmigung zur Freigabe der Bohr- und Frackingprojekte den Stand der Technik. Dieser passt sich dem technologischen und wissenschaftlichen Fortschritt in der Erdgas- und Erdölindustrie an.
3. Lagerstättenwasser soll nach dem Gesetzespaket vollständig oberirdisch entsorgt werden. Bei erschöpften Bohrfeldern wird Lagerstättenwasser in die Gesteinsformationen zurückgepresst, um einen Druckausgleich für das entnommene Gas herzustellen. Diese sog. Versenkbohrungen in ehemaligen Erdgaslagerstätten haben das Ziel, in den ausgeförderten Lagerstätten langfristig einen physikalischen Druckausgleich zu erreichen.
4. Die Frackingtechnologien bei Sandsteingas- und Schiefergasförderung sind unterschiedlich: Die Sandsteinflöze liegen in 3.000 bis 5.000 Metern Tiefe und sind wesentlich durchlässiger als Schiefer. Daher fällt bei der Sandsteingasförderung viel Lagerstättenwasser an. Im Vergleich dazu fällt bei der Schiefergasförderung in Tiefen von 1.000 bis 2.000 Metern kaum Lagerstättenwasser an. Allerdings sind die Frackingbohrungen in dem wesentlich härteren Schiefergestein aufwändiger als bei der Sandsteingasförderung. Sandsteingasfracking erfolgt in Deutschland seit über 60 Jahren und es besteht hier ein großes Erfahrungspotential. Anders ist es bei Schiefergasfracking, das hinsichtlich seiner Risiken nicht erforscht ist. Deshalb soll es Modellvorhaben geben, die wissenschaftlich begleitet werden. Eine Expertenkommission gibt dabei eine Empfehlung ab, ob nach Abschluss der Modellvorhaben diese Projekte freigegeben werden oder nicht.
5. Der wasserrechtliche Besorgnisgrundsatz ist Bestandteil des Fracking-Gesetzespaketes. Private Wasserentnahmestellen für die Lebensmittelherstellung (Mineralwasserquellen, Brauwasserquellen) genießen bezüglich Fracking im neuen Wasserhaushaltsgesetz (WHG) grundsätzlich denselben Schutz wie die öffentliche Wasserversorgung; für beide gilt der strenge Besorgnisgrundsatz. Allerdings sieht das WHG für private Brunnen, anders als für die öffentliche Wasserversorgung, keinen absoluten Gebietsschutz vor. Diesen müssen die Länder per Gesetzgebung regeln und die Ausschlussgebiete als Schutzgebiete kartenmäßig ausweisen. Weitere Regelungen sind durch die Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen der involvierten Landeswasserbehörden geregelt.
Mit besten Grüßen
Axel Knoerig MdB