Ates Gürpinar
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DIE LINKE
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Frage von Max W. •

Wie ist Ihre Position zu Myalgischer Enzephalomyelitis (ME/CFS) und was werden Sie konkret unternehmen, um die sehr schlechte Versorgungslage zu verbessern?

Am 19.01.2023 findet im Bundestag eine für viele Betroffene und Angehörige enorm wichtige Debatte zu der körperlichen und schwerwiegenden Erkrankung ME/CFS statt. ME/CFS (G93.3) ist eine in Deutschland seit Jahrzehnten vergessene Erkrankung, obwohl sie häufig ist und stellt eine humanitäre Katastrophe in Deutschland dar. Dies muss nun dringend und schnell beendet werden. Das Leid durch die Erkrankung und das im Stich lassen durch den Staat der vielen Betroffenen ist enorm! Nach aktuellem internationalen wissenschaftlichen Forschungsstand ist ME/CFS eine schwere, komplexe, häufige, chronische neuroimmunologische Multisystemerkrankung. Wie ist Ihre Position zu ME/CFS und was werden Sie und Ihre Partei konkret unternehmen, um die katastrophale Situation und bisher nicht vorhandener Versorgung, kaum stattfindender Forschung und fehlender Anerkennung in Deutschland deutlich zu verbessern?

Ates Gürpinar
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr. W.,
herzlichen Dank für Ihre Frage! Gleich mal vorneweg: In dem Antrag, den die Unionsfraktion nun gestellt hat und um den es in der angesprochenen Debatte im Plenum am 19.1. geht, ist viel Richtiges enthalten, deswegen wird unsere Fraktion ihn auch unterstützen. Das tun wir auch trotz der durchaus berechtigten Frage, warum die Union nun als Opposition Forderungen erhebt, die im Wesentlichen nicht neu sind, sie aber innerhalb ihrer 16-jährigen Regierungszeit nicht erfüllt hat, obwohl sie zudem von Ende 2013 bis Ende 2021 den Bundesgesundheitsminister stellte.

Unserer Fraktion ist das große Problem bewusst, dass es für die vielen Betroffenen keine ursächliche Therapie gibt. Nicht nur für diese Krankheit würde es helfen, wenn mehr nichtkommerzielle Forschung vom Bund gefördert würde. Dies fordern wir seit vielen Jahren in einem Volumen vom 2 Mrd. Euro pro Jahr immer in den Haushaltsberatungen des Bundes. Damit soll nichtkommerzielle Arzneimittel- und Methodenforschung gefördert werden. Das wäre deswegen so wichtig, weil für viele Krankheiten die konventionelle kommerzielle Forschung offenbar nicht in der Lage ist, Ergebnisse zu liefern. Das gilt in besonderem Maße auch für ME/CFS. Allerdings wird dieser Änderungsantrag in jeder Haushaltsberatung regelmäßig von der jeweiligen Regierungsmehrheit weggestimmt.

Wir haben bereits 2021, noch zur Regierungszeit der Union, in einem Antrag gefordert, dass es mehr Forschungsmittel für ME/CFS und Long-COVID geben sollte (https://dserver.bundestag.de/btd/19/292/1929270.pdf). Dies ist jedoch mit den Stimmen von Union, SPD und AfD bei Enthaltung der FDP gegen unsere und die Stimmen der Grünen abgelehnt worden (https://dserver.bundestag.de/btd/19/308/1930801.pdf).

Was Long-COVID angeht, so haben wir im Juli 2022 in einem Antrag (https://dserver.bundestag.de/btd/20/025/2002581.pdf) gefordert, Hilfen für Long-COVID-Betroffene aus einem Pandemiefonds zu finanzieren sowie ausreichend finanzielle Mittel zur Stärkung der Gesundheitswissenschaften bereitzustellen, insbesondere für Projekte der Public-Health-Forschung und der nichtkommerziellen klinischen Forschung und dabei insbesondere auch die Erforschung von Langzeit- und Folgesymptomen sowie der Behandlung von Long-COVID. Das wurde leider von allen anderen Fraktionen abgelehnt (https://dserver.bundestag.de/btd/20/033/2003312.pdf).

Das in Entwicklung befindliche Medikament von Berlin Cures, BC007, weckt - hoffentlich zurecht - viele Hoffnungen. Nach den uns bekannten Planungen kommt es in den nächsten Monaten in die Phase-III-Studien, wird dann also erstmals an vielen Betroffenen getestet. Dies ist notwendig vor der Zulassung, damit Aussagen über die Sicherheit und Wirksamkeit in der notwendigen Evidenz getroffen werden können. Sollte das Medikament erfolgreich zugelassen werden, werden wir uns dafür einsetzen, dass es auch bei ME/CFS-Betroffenen eingesetzt werden kann, auch wenn dies nicht die Zulassungsindikation ist.

Wir begrüßen sehr, dass es nun die Nationale klinische Studiengruppe ME/CFS gibt und dass der Bund hierfür Forschungsgelder bewilligt hat. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Forschungsmittel auch über den bisherigen Genehmigungszeitraum hinaus bewilligt werden.

Auch wenn es uns als politischem Akteur ohne fachliche medizinische Kompetenz nicht zusteht: Kritisch sehen wir die noch weit verbreitete Praxis, wonach Aktivierung als Therapieoption empfohlen wird. Das erscheint nach vielen Berichten nicht zuletzt auch von Betroffenen genau der falsche Weg zu sein. Das zeigt der in einem offen Brief dargestellte Sachverhalt, wonach die Studien, die eine aktivierende Therapie befürworten, nach internationalem wissenschaftlichen Konsens von geringer Qualität seien und großen Schaden verursachen können.

Mit freundlichen Grüßen

Ates Gürpinar

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