Wie ist Ihre Position zu Myalgischer Enzephalomyelitis (ME/CFS) und was werden Sie in 2024 konkret unternehmen, um die sehr schlechte Versorgungslage zu verbessern?
Myalgische Enzephalomyelitis (ME/CFS) (G93.3) ist eine in Deutschland seit Jahrzehnten vernachlässigte, neurologische Erkrankung und das obwohl sie häufig ist (ca. 700.000 Betroffene in Deutschland) und sogar eine humanitäre Katastrophe darstellt. Dies muss nun dringend und schnell beendet werden. Das Leid der vielen Betroffenen durch diese sehr schwere Erkrankung zusammen mit der Untätigkeit der Politik und der fehlenden Ausbildung vieler Ärzte ist enorm! Erkrankte können zumeist nicht einmal ansatzweise mehr ein normales Leben führen.
Von BMBF wurde ME/CFS von 1969 bis 2019 mit nur 245.109 Euro gefördert. Dadurch konnte selbst in 2023 noch nicht einmal eine grundlegende Versorgung erreicht werden.
Wie ist Ihre Position zu ME/CFS und was werden Sie und Ihre Partei konkret in 2024 unternehmen, um die katastrophale Situation und bisher nicht vorhandene Versorgung, kaum stattfindende Forschung und fehlende Anerkennung in Deutschland endlich zu verbessern?
Sehr geehrter Herr W.
mir ist das große Problem bewusst, dass es für die vielen Betroffenen keine ursächliche Therapie gibt. Nicht nur für diese Krankheit würde es helfen, wenn mehr nichtkommerzielle Forschung vom Bund gefördert würde. Deshalb forderte die Fraktion Die Linke seit vielen Jahren in einem Volumen vom 2 Mrd. Euro pro Jahr immer in den Haushaltsberatungen des Bundes. Damit soll nichtkommerzielle Arzneimittel- und Methodenforschung gefördert werden. Das wäre deswegen so wichtig, weil für viele Krankheiten die konventionelle kommerzielle Forschung offenbar nicht in der Lage ist, Ergebnisse zu liefern. Das gilt in besonderem Maße auch für ME/CFS. Allerdings wurde dieser Änderungsantrag in jeder Haushaltsberatung regelmäßig von der jeweiligen Regierungsmehrheit weggestimmt.
Die Fraktion Die Linke hat bereits 2021, noch zur Regierungszeit der Union, in einem Antrag gefordert, dass es mehr Forschungsmittel für ME/CFS und Long-COVID geben sollte (https://dserver.bundestag.de/btd/19/292/1929270.pdf). Dies ist jedoch mit den Stimmen von Union, SPD und AfD bei Enthaltung der FDP gegen unsere und die Stimmen der Grünen abgelehnt worden (https://dserver.bundestag.de/btd/19/308/1930801.pdf).
Was Long-COVID angeht, so hat die Fraktion DIE LINKE im Juli 2022 in einem Antrag (https://dserver.bundestag.de/btd/20/025/2002581.pdf) gefordert, Hilfen für Long-COVID-Betroffene aus einem Pandemiefonds zu finanzieren sowie ausreichend finanzielle Mittel zur Stärkung der Gesundheitswissenschaften bereitzustellen, insbesondere für Projekte der Public-Health-Forschung und der nichtkommerziellen klinischen Forschung und dabei insbesondere auch die Erforschung von Langzeit- und Folgesymptomen sowie der Behandlung von Long-COVID. Das wurde leider von allen anderen Fraktionen abgelehnt (https://dserver.bundestag.de/btd/20/033/2003312.pdf).
Auch wenn es mir als politischem Akteur ohne fachliche medizinische Kompetenz nicht zusteht: Kritisch sehe ich die noch weit verbreitete Praxis, wonach Aktivierung als Therapieoption empfohlen wird. Das erscheint nach vielen Berichten nicht zuletzt auch von Betroffenen genau der falsche Weg zu sein. Das zeigt der in einem offen Brief dargestellte Sachverhalt, wonach die Studien, die eine aktivierende Therapie befürworten, nach internationalem wissenschaftlichen Konsens von geringer Qualität seien und großen Schaden verursachen können.
Deshalb werde ich mich auch weiterhin genau so dafür einsetzen, die Studienlage zu verbessern und die Informationen, sowohl für Betroffene als auch für medizinisches Personal, besser zur Verfügung zu stellen.
Solidarische Grüße
Ates Gürpinar