Haben Sie eine Berechnung, wie viele Impfungen durch eine Impfpflicht gewonnen und wieviele und welche Impfschäden damit wahrscheinlich werden?
Sehr geehrte Frau V.,
verzeihen Sie die späte Antwort: Nein, solche Berechnungen sind mir nicht bekannt. Zum Thema Impfung noch ein paar Sätze. Mich erreichten in den letzten Wochen und Monaten Hunderte Anfragen zu meiner Einschätzung bzw. zu meinem Abstimmungsverhalten zur Impfplicht in der Corona-Pandemie. Ich gebe daher eine (Zwischen-)Meldung zu dem Thema ab auch in der leisen Hoffnung, zumindest bei den vielen, die mir geschrieben haben, zur Versachlichung der Debatte beitragen zu können. Falls Sie genauere Nachfragen haben, melden Sie sich gern nochmals.
Vorweg: Ich schätze die politische Debatte und bin durchaus streitbar. Wie diese Debatte geführt wird, verwundert mich. Manche Nachricht lässt vermuten, als handle sich die Impfung um die Einführung eines Mordinstruments. Eine Impfung ist so ziemlich das Gegenteil. Es erstaunt mich, dass in anderen Fragen eine fatale Gleichgültigkeit die Gesellschaft beherrscht: Ob bei Altersarmut oder bei den toten Geflüchteten im Mittelmeer, die wir zu verantworten haben: Die Gesellschaft ist seltsam still. Bei der Impfung halte ich eine ordentliche Debatte um das Für und Wider der Verpflichtung für wichtig, aber die Wut und den Hass für abstrus.
Zwischenzeitlich – kurz vor dem Höherpunkt der Delta-Variante – hatte sich meine Partei für eine allgemeine Impfplicht ausgesprochen, zusammen mit einem solidarischen Lockdown, gewissermaßen als ultima ratio: Impfplicht als ultima ratio, dazu stehe ich – übrigens nicht nur bei dieser Krankheit: Wenn anderes nicht hilft, um Tausende von Menschenleben zu retten und Einschränkungen im Alltag aufzulösen, dann sollten wir den Schritt gehen. Ich bezweifle aber, dass dies nach gegenwärtigem Stand der Fall ist. Für eine nächste Welle nach Omikron ist nicht sicher, welche Anzahl Impfungen mit welchem Impfstoff notwendig wären, um einen ausreichenden Schutz zu bieten. Dies wäre aber nötig für die Erlassung eines Gesetzes. Ich halte es allerdings für sinnvoll, ein Gesetz vorzubereiten, um gegebenenfalls auf gutem Fundament entscheiden zu können. Die Fehler bei der von uns kritisierten einrichtungsbezogenen Impfpflicht beweisen, dass es gerade bei solchen Gesetzesvorhaben einer guten Vorbereitung braucht.
Noch wichtiger allerdings wären aufsuchende Impfkampagnen, Aufhebung der Impfpatente, um global das Virus einschränken zu können, und endlich Konsequenzen für das Gesundheitssystem: Eine gute Finanzierung wird dringend benötigt. Leider versagen hier die gegenwärtige wie die vorherige Regierung: Ich würde mich freuen, Sie da auf unserer Seite zu wissen.
Mit freundlichen Grüßen
Ates Gürpinar