Frage an Astrid Damerow von Meike S. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrte Frau Damerow,
am 28.06.2018 wird im Bundestag der Antrag zur Weidetierprämie für Schafe und Ziegen abgestimmt. Ich verfolge die Diskussion hierzu seit einiger Zeit. Ich lebe auf Sylt und hier ist die Situation für die stationären Schäfereien augenscheinlich gut; die Vermarktung des Fleisches ist einfacher, da hier viel Geld für gute Lebensmittel ausgegeben werden kann. Aber schon die Schäferin vom Festland, die hier die Heideflächen mit ihren Schafen pflegt, hat Probleme Kollegen bzw. Nachwuchs zu finden. Schäfereien in weniger privilegierten Gebieten verdienen zu wenig Geld, um attraktiv für Auszubildende zu sein und es gibt auch keine zuverlässige Zukunftssicherung. Die Weidetierprämie ist hier ein wichtiger Baustein die Situation der Schäfereien zu verbessern.
Ich persönlich esse gerne Schafsfleisch und -käse; ich freue mich darüber, Fleisch von artgerecht gehaltenen Tieren zu essen. Ich bin froh durch sichere Deiche vor Sturmfluten geschützt zu sein, denn auch zur Deichsicherung leisten Schafe überall an den Küsten und Flüssen wertvolle Arbeit. Ich möchte, dass diese traditionelle Tierhaltung weiter bestehen bleibt.
Daher bitte ich Sie, für den Antrag „Weidetierprämie für Schafe und Ziegen“ zu stimmen (vgl. Drucksache 19/1691 17.04.2018).
Mit freundlichen Grüßen
M. S.
Sehr geehrte Frau Schwartau,
vielen Dank für Ihre E-Mail zum Thema Schäferei und Weidetierprämie.
Vorweg möchte ich betonen, dass ich den wichtigen Beitrag, den die Schafhalter zum Natur- und Landschaftsschutz sowie zur Deichpflege und damit zum Küstenschutz leisten, hoch anerkenne. Ich trete dafür ein, dass diese Leistung finanziell abgesichert ist. Deshalb werden die Schafhalter in Deutschland in der 1. Säule über entkoppelte, regional einheitliche Direktzahlungen gefördert. Die deutschen Schafhalter erhalten – anders als ihre Kollegen in anderen EU-Mitgliedstaaten - für jeden Hektar Dauergrünland denselben Betrag wie ein Ackerbauer für einen Hektar Ackerland.
Die besondere Förderung der ersten 46 Hektare (50 Euro/Hektar Zuschlag für die ersten 30 Hektare und 30 Euro/Hektar für weitere 16 Hektare) unterstützt darüber hinaus kleinere und mittlere Betriebe bis insgesamt 95 Hektar spürbar. Hinzu kommt die Förderung von Junglandwirten, Ausnahmeregelungen für Kleinlandwirte oder auch, dass die Beweidung von bestimmten Ökologischen Vorrangflächen möglich ist.
In Deutschland haben wir mit dem vollständigen Verzicht auf gekoppelte Direktzahlungen gute Erfahrungen gesammelt, denn die Betriebe können ihre Produktionsentscheidung ausschließlich an den Bedürfnissen des Marktes ausrichten. Davon haben auch die Schafhalter profitiert. Die Direktzahlungen, die sie heute für ihre beihilfefähigen Flächen erhalten, bei denen es sich hauptsächlich um Dauergrünland handelt, betragen in etwa das Dreifache dessen, was der Sektor vor der Entkoppelung an Mutterschafprämien erhalten hat.
Neben den Direktzahlungen in der 1. Säule stehen in der 2. Säule mit der Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete, dem Agrarinvestitionsförderungsprogramm sowie mit den Maßnahmen der markt- und standortangepassten sowie umweltgerechten Landbewirtschaftung einschließlich des Vertragsnaturschutzes und der Landschaftspflege ein breites Maßnahmenspektrum zur Verfügung, das auch den Schafhaltern zugutekommt.
Dass all diese Förderung auch bei den Schäferinnen und Schäfern ankommt, zeigen Auswertungen des Testbetriebsnetzes: Danach erhielten spezialisierte Schafbetriebe im Haupterwerb im Wirtschaftsjahr 2016/2017 rund 86.000 Euro an staatlichen Direktzahlungen und Zuschüssen!
Zum Vergleich: der Durchschnitt dieser Zahlungen belief sich bei allen landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetrieben auf 33.800 Euro.
Es ist richtig, dass in 22 anderen EU-Mitgliedstaaten gekoppelte Mutterschaf- bzw. Weidetierprämien gewährt werden. Allerdings erhalten in diesen Mitgliedstaaten die Schäfer für ihr Dauergrünland bei Weitem nicht so hohe Prämien wie in Deutschland, wo extensiv genutztes Dauergrünland die gleiche Prämie erhält wie hochproduktives Ackerland. Die Forderung einiger Berufsschäfer eine Weidetierprämie als Direktzahlung in Form der freiwillig gekoppelten Stützung auch in Deutschland einzuführen, hätte aber zur Folge, dass diese zusätzliche Finanzleistung zu Lasten der Flächenprämien aller landwirtschaftlichen Betriebe einschließlich der Schafe haltenden Betriebe selbst gehen würde.
Seitens der Bundesregierung werden die Bundesländer weiter ermutigt, Lösungen im Rahmen des Vertragsnaturschutzes und der Landschaftspflege für die flächenarmen Betriebe zu finden. Hierzu besteht ein Austausch mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium.
Bei der für 2020 anstehenden Weiterentwicklung der EU-Agrarpolitik werden wir agrarstrukturelle Ziele beachten und insbesondere kleinere und mittlere Betriebe fördern. Wir wollen die Direktzahlungen stärker und zielgenauer auf bäuerliche Betriebe ausrichten. In der zweiten Säule sollen noch stärker als bisher besonders tier- und umweltgerechte Haltungsverfahren und Agrarumweltmaßnahmen gefördert werden. Insgesamt dürften davon die Ziegen- und Schafhalter deutlich profitieren.
Ich freue mich über Ihre Wertschätzung für die heimische Schafhaltung und deren Erzeugnisse. Ich selber schätze die Leistungen der Schafhalter beim Natur-, Landschafts- und Küstenschutz sehr hoch ein. Dies gilt für alle Teile der Bundesrepublik, in besonderem Maße aber für die Schafhaltungen an der Westküste Schleswig-Holsteins. Die Lösung aber für die ökonomische Perspektive der Schafhalter in Deutschland, kann nicht in der Umschichtung der ersten Säule liegen, sondern in den speziellen Programmen die im Rahmen der zweiten Säule zu Verfügung stehen. Diese Mittel sind für eine nachhaltige Landwirtschaft, insbesondere auf Grünlandstandorten, für Raufutterfresser, für Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen, für die Stärkung tiergerechter Haltung sowie des ökologischen Landbaus und für die Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten zu verwenden. Darunter sind viele Maßnahmen, die besonders gut von Schafhaltern – auch flächenarmen Betrieben – genutzt werden können. Der Gestaltungsspielraum in diesem Bereich obliegt in erster Linie den Bundesländern, in Ihrem Fall dem Land Schleswig-Holstein. Auch und gerade aus diesem Grund stehe ich in engem Austausch mit dem örtlichen CDU Landtagsabgeordneten Klaus Jensen sowie der CDU Landtagsfraktion.
Wie Sie meinen Ausführungen entnehmen können, haben die CDU/CSU Bundestagsfraktion und ich dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE nicht zugestimmt. Ich hoffe, Sie haben Verständnis für meine Position.
Mit freundlichen Grüßen
Astrid Damerow, MdB