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Artur Auernhammer
CSU
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Frage von Hans F. •

Warum werden bayerische Beamte in der GKV hinsichtlich Beitrag und Beihilfe schlechter gestellt als Beamte in der PKV?

Sehr geehrter Herr Auernhammer,

in Deutschland gibt es Vertragsfreiheit und die freie Wahl der Krankenkasse. Beamte sind i.d.R. in der PKV versichert, wenn sie frühzeitig in das Beamtentum einsteigen.

Für Spätberufene ist die PKV oft nicht mehr zugänglich, z. B. da zu alt oder gesundheitliche Risiken vorhanden. Die Unternehmen lehnen daher eine Mitgliedschaft ab.

Es ist eben nicht so, dass einem die PKV aufnehmen muss (Vertragsfreiheit), das Recht (Öffnungsklausel) müsste man einklagen und wer gegen eine Versicherung klagt, würde wohl von denen abgelehnt werden. Der Zugang zur PKV ist daher nicht mehr für jeden Beamten möglich.

Warum werden bayerische Beamte in der GKV hinsichtlich Beitrag und Beihilfe schlechter gestellt als Beamte in der PKV?

Ich sehe hier eine Diskriminierung und Schlechterstellung.

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Sehr geehrter Herr F.,

die Absicherung des Krankheitsrisikos bei beihilfeberechtigten Personen unterscheidet sich wesentlich von dem System der gesetzlichen Krankenkassen. Grundlage für die Beihilfegewährung ist die Alimentations- und Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Diese Pflicht erfüllt der Dienstherr in erster Linie durch die Gewährung von Bezügen, die den gesamten Lebensbedarf der beihilfeberechtigten Person und seiner Familie abdecken sollen. Aufwendungen im Krankheitsfall und für die (ergänzende) Krankenversicherung sind grundsätzlich aus den Dienst- bzw. Versorgungsbezügen zu bestreiten. Diese umfassen auch einen angemessenen Anteil für die Absicherung des Krankheitskostenrisikos, welcher im Rahmen der Änderung des Bayerischen Besoldungsrechts den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entsprechend berücksichtigt wird. 

Es steht daher jeder beihilfeberechtigten Person nach dem bayerischen Beihilferecht frei, unter Beachtung der seit dem 1. Januar 2009 geltenden allgemeinen Krankenversicherungspflicht ihre (ergänzende) Krankenversicherung zu wählen, d. h. in eigener Verantwortung darüber zu entscheiden, bei welcher Versicherung, zu welchen Versicherungsbedingungen und mit welcher eigenen Beitragsverpflichtung sie Vorsorge treffen will. Die Beiträge zu dieser (ergänzenden) Krankenversicherung, ob bei einer gesetzlichen Krankenkasse oder einem privaten Krankenversicherungsunternehmen, trägt die beihilfeberechtigte Person stets zu 100 % alleine.

Im Gegensatz zur gesetzlichen Krankenversicherung, die Beiträge in Abhängigkeit vom individuellen Einkommen erhebt (Solidaritätsprinzip), erfolgt die Beitragskalkulation im Bereich der privaten Krankenversicherung nach dem Äquivalenzprinzip: Die Höhe des individuellen Beitrags ist nur abhängig vom Lebensalter des Zugangs zur privaten Krankenversicherung sowie vom individuellen Erkrankungsrisiko. Jede Person muss damit auch eigenständig versichert werden. Um die beihilfeberechtigte Person vor einer übermäßigen Belastung zu bewahren, gewährt der Dienstherr darüber hinaus im konkreten Krankheitsfall eine zusätzliche Fürsorgeleistung, nämlich die Beihilfe. Beihilfe ist damit eine zusätzliche Fürsorgeleistung, welche nur nachrangig zur Eigenvorsorge gewährt wird. Beihilfen dürfen nur gewährt werden, soweit die Beihilfe und Leistungen Dritter aus demselben Anlass die dem Grunde nach beihilfefähigen Aufwendungen nicht überschreiten. Folglich führt ein nicht auf den persönlichen Beihilfebemessungssatz angepasster Krankenversicherungsschutz, sei es bei einer gesetzlichen Krankenkasse oder bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen, immer zu einer Minderung der Beihilfeleistungen.

Eine Schlechterstellung liegt daher nicht vor. Die Auswahl der Krankenversicherung kann jeder Beamte vielmehr eigenverantwortlich unter Abwägung der Vor- und Nachteile selbst entscheiden. Aus Sicht der Staatsregierung besteht daher auch kein Bedarf für den Ausgleich von Folgen einer Entscheidung für den Verbleib in der freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung durch die Einführung eines Beitragszuschusses (sog. „pauschale Beihilfe“ oder „Hamburger Modell“).

Dies ist auch deswegen nicht erforderlich, da die privaten Krankenversicherungsunternehmen beihilfeberechtigten Personen die Möglichkeit bieten, sich im Rahmen einer dauernden Öffnungsaktion auch bei bestehenden Vorerkrankungen zu finanziell tragbaren Bedingungen im System der PKV zu versichern. Im Rahmen dieser Aktionen werden

•             keine Anträge aus Risikogründen abgelehnt,

•             keine Krankheitsausschlüsse festgeschrieben,

•             Risikozuschläge auf max. 30 % begrenzt.

Im Übrigen sprechen diverse weitere Gründe gegen die Einführung des Hamburger Modells, z.B. rechtliche Bedenken im Hinblick auf die Wirksamkeit des dauerhaften Verzichts auf die Rückkehr zur „normalen“ Beihilfe, den die betreffenden Beamtinnen und Beamten in den Ländern, die sich dem Modell angeschlossen haben, erklären müssen. Hintergrund ist, dass diese Länder aus Haushaltsgründen verhindern wollen, dass Beamte im Sinne des „Rosinenpickens“ während der aktiven Dienstzeit die im Einzelfall wirtschaftlich günstigere Familienversicherung der GKV nutzen und im Alter dennoch die vorteilhaften (und für den Dienstherrn teuren) Leistungen der Beihilfe einfordern. Der Bayerische Landtag hat das Hamburger Modell daher abgelehnt (vgl. LT-Drs. 17/21420).

 

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