Frage an Artur Auernhammer von Alex K. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Auernhammer,
Ihre Kollegen im EU Parlament haben am 20.01.2016 über einen Antrag abgestimmt der Zucker in Babynahrung erhöhen soll, bis auf 30% des Energiegehaltes, die WHO empfiehlt bis max. 10, besser 5%.
Die EU CDU/CSU Fraktion hat weiterhin versucht diese Erhöhung durchzusetzen und wurde überstimmt.
Sie Arbeiten im Bundestag an Gesundheits und Ernährungsfragen. Wie hätten Sie gestimmt? Hätten Sie auch eine Verschlechterung der Babynahrung durchsetzen wollen? Es ist allgemein bekannt das mehr Zucker mehr schadet. Warum setzt sich die CSU nicht entschieden für gute Lebensmittel ein?
Vielen Dank für Ihre Rückmeldung
Sehr geehrter Herr Kretzschmar,
ihre Nachricht vom 20. Januar d.J. habe ich gelesen und danke Ihnen für die freundlichen Hinweise. Der Agrarausschuss des Deutschen Bundestages ist richterweise für Fragen der Ernährung und des gesundheitlichen Verbraucherschutzes zuständig. Als solches ist der Ihrer Anfrage zugrunde liegende Sachverhalt auch meiner politischen Arbeit zuzuordnen. Im konkreten Fall will ich jedoch darauf hinweisen, dass die in Rede stehenden Entscheidung zur Verordnung in der Kompetenz des Europäischen Parlaments stand, weshalb sich für mich – grds. eine hypothetische – Abstimmungsentscheidung – zumal ex post – ausschließt. Ich will Ihnen aber gerne Argumente nennen, die Einblick in die Entscheidungsfindung meiner Kolleginnen und Kollegen aus dem EU-Parlament geben kann.
Eine Mehrheit des Europäischen Parlaments hat einen neuen Verordnungsvorschlag der EU-Kommission über Beikost für Säuglinge und Kleinkinder abgelehnt. Eigentlich sollten damit strenge Regeln zur Etikettierung, Zusammensetzung und Werbung für diese Produkte eingeführt werden. Da die Regelung aber besagt, dass dreißig Prozent der Energie in den Produkten aus Zucker stammen darf, haben Sozialdemokraten, Grüne und Linken den Vorschlag zurückgewiesen. Auf den ersten Blick mag diese Entscheidung sinnvoll erscheinen. Schließlich will sich niemand vorwerfen lassen, schon Kleinkinder auf Zucker getrimmt zu haben. Auf den zweiten Blick ergibt sich allerdings ein anderes Bild: So sollte der zugelassene Zuckergehalt für Beikost ca. dreißig Prozent niedriger sein als der Zuckergehalt in Muttermilch. Außerdem ist der Zuckergehalt zahlreicher Beikost-Produkte, die derzeit auf dem Markt sind, wesentlich höher, als es nach dem neuen Grenzwert erlaubt gewesen wäre.
Darüber hinaus kritisieren die EVP-Abgeordnete des EU-Parlaments bei Getreidebreikost folgendes. Die Forderung, dass die KOM sich an den WHO Empfehlungen für den maximalen Zuckergehalt halten soll, sei aus wissenschaftlicher Sicht kritisch zu sehen. Generell sollten EFSA-Empfehlungen Richtschnur des Handelns sein. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) sieht die neuen WHO-Richtlinien außerdem kritisch. Insbesondere der Grenzwert von fünf Prozent der täglichen Energiezufuhr basiert nach Auffassung der DGE „auf einer schwachen Evidenz“. Wichtig ist zu wissen: Die neuen WHO-Richtlinien beziehen sich nicht auf natürlicherweise in frischem Obst und Gemüse sowie Milch enthaltene Zucker; die Grenzwerte sind also irreführend. Der von der KOM eingebrachte Hinweis auf das geeignete Alter für die Beikost macht außerdem ausreichend deutlich, dass die Beikost nicht für Säuglinge geeignet ist. (Argumente der zuständigen Berichterstatterin Dr. Sommer, MdEP)
Diese Argumente konnte mir die zuständige Berichterstatterin der EVP-Fraktion zur Verfügung stellen. Ich selber gewinne daraus ein differenziertes Bild, das ebenso einbezieht, das Kleinkinder ein im Vergleich zu Erwachsenen intensiveres Süßeempfinden haben. Aus diesem speziellen Grunde ist es wichtig, so wenig Zucker - wie möglich – in den ersten Lebensmonaten in der Säuglingsnahrung der Babies zu wissen, um den Süße-Geschmack nicht „hoch zu konditionieren“. Beachtet man dies nicht, sind in späteren Jahren höhere Zuckeranteile in der Nahrung erforderlich, um vergleichsweise gleiche Süße zu empfinden, als bei jmd. der als Kleinkind (Säugling) weniger Zucker „ausgesetzt“ war.
Ich hoffe, sehr geehrter Herr Kretzschmar, diese Ausführungen können Ihnen dienlich sein. Sehr gern können Sie mich auch telephonisch über mein Büro erreichen, um im Gespräch dieses Thema zu besprechen.
Mit freundlichen Grüßen,
Artur Auernhammer,