Frage an Arne Lietz von Heinrich B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Lange,
nach meinen Informationen soll die Schlussabstimmung zum Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA) im Europäischen Parlament noch im Dezember erfolgen. Das würde bedeuten, dass eine gründliche Prüfung durch das europäische Parlament oder gar (wie vielfach und zurecht gefordert) ein "ausführlicher Anhörungsprozess zwischen dem Europäischen Parlament, den nationalen Parlamenten und gesellschaftlichen Gruppen“ (so z.B. die Bedingung unter der der SPD-Parteitag im September CETA zugestimmt hat), nicht stattfinden kann.
Wie haben Sie sich als Abgeordneter für eine angemessen Beratungszeit eingesetzt und wie beabsichtigen Sie die Vereinbarung des SPD-Konvent einzuhalten?
Würden Sie bitte auch erläutern warum bestimmte Ausschüsse wie z.B.für Umwelt nicht angehört werden?
Mit freundlichen Grüßen
H. B.
Sehr geehrter Herr B.,
Haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage. Gern beantworte ich sie, obwohl sie gemäß Ihrer Anrede wohl meinem Kollegen Bernd Lange anfragen wollten.
Es erreichen uns in letzter Zeit vermehrt Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern, die fürchten, das CETA-Abkommen würde ohne gründliche inhaltliche Prüfung vom Europäischen Parlament im Eilverfahren verabschiedet. Die SPD-Gruppe im Europäischen Parlament setzt sich - wie auf dem SPD-Parteikonvent in Wolfsburg im September 2016 beschlossen - für eine sorgfältige Prüfung des geplanten CETA-Abkommens durch das Parlament ein. In diesem Zusammenhang legen wir großen Wert auf einen angemessenen Zeitplan für den parlamentarischen Prüfungsprozess. Dieser Prozess hat bereits vor Jahren begonnen. So befasst sich der Handelsausschuss des Europäischen Parlaments bereits seit 2009 mit CETA. 2011 wurde eine erste Entschließung zu den Handelsbeziehungen mit Kanada verabschiedet. Bis heute folgten zahlreiche Anhörungen, Aussprachen und Debatten im Europäischen Parlament. Wir SPD-Abgeordneten haben nun gefordert, den Zeitplan zu verlängern und die finale Abstimmung im Plenum erst für das nächste Jahr anzusetzen, damit wir die nötige Zeit haben, uns intensiv und in Ruhe mit den Inhalten des Abkommens zu beschäftigen und den Austausch mit der Zivilgesellschaft sowie den Gewerkschaften fortzusetzen. Unsere Forderung war erfolgreich: die finale Abstimmung über das CETA-Abkommen soll nun dank unserer Bemühungen erst im Februar 2017 erfolgen.
Weiterhin konnten wir uns mit den anderen politischen Fraktionen im Europäischen Parlament darauf verständigen, eine begleitende Resolution zu erarbeiten. Aktuell konzentrieren sich die Debatten der sozialdemokratischen Abgeordneten auf die Bewertung der Zusatzerklärungen zu CETA, die vor kurzen ausgehandelt wurden, und auf die Möglichkeiten, offene Punkte, die bereits auf dem Parteikonvent erörtert wurden, zu klären. Zusätzlich hat sich die SPD-Gruppe erfolgreich dafür eingesetzt, weitere Ausschüsse des Hauses in den Prüfungsprozess miteinzubeziehen. So werden z.B. der Umweltausschuss und der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten begleitende Stellungnahmen zu thematisch relevanten Punkten wie Umweltschutz und Arbeitnehmer/-innenrechte im CETA-Abkommen veröffentlichen.
Mit der Arbeit unserer SPD-Gruppe im Europäischen Parlament ist die Beratung der Parlamente allerdings noch nicht beendet. Teile des Abkommens, vor allem Punkte mit Bezug auf die so genannten Investitionsgerichtshöfe, sind von der vorläufigen Anwendung ausgenommen und könnten erst nach der gründlichen Beratung aller 28 nationalen Parlamente in der EU und deren Ratifizierung in Kraft treten.
Auf diese Weise wollen wir „die Stunde der Parlamente“ bei der Prüfung des geplanten CETA-Abkommens sicherstellen.
Mit herzlichen Grüßen
Arne Lietz