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Frage von Klaus B. •

Frage an Anton Schaaf von Klaus B. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Schaaf,

sind das staatliche Aktivitäten ohne Sinn und Verstand?

Am 21.8.2012 befand ich mich mit einem Segelboot auf der Fahrt von Gedser (Dänemark) nach Kühlungsborn (Deutschland). Gegen 13:00h kam der Zollkreuzer Hiddensee auf Rufweite heran. Wir wurden nach dem Woher und Wohin gefragt und dann darauf hingewiesen, daß Kühlungsborn kein Zollhafen sei, wir somit nicht dorthin fahren dürften. Da ein Segelboot nicht jeden beliebigen Kurs steuern kann, reagierten wir entsprechend fragend, was nun zu tun sei. Nach „Haben Sie etwas zu verzollen?“ und „Nein.“ rief uns der Zollbeamte zu: „Gut. Ist in Ordnung.“
Gegen 15:00h in Kühlungsborn erwarteten uns bereits Zollbeamte und fragten nach dem Woher. Kühlungsborn sei kein Zollhafen, der Zollkreuzer habe es uns doch bereits erklärt! Es seien dort keine Zollbeamten!? Man gab uns statt sinnvoller Erläuterungen unseres „Vergehens“ eine A5-Broschüre. Diese enthält (ab S. 34) eine Liste der Zollhäfen. Zum Schluß kam der Hinweis, wir seien verwarnt und sollten beim nächsten Mal mit einer Bestrafung von 35,- Euro rechen.
1. Welche Aktivitäten laufen trotz Schengen-Abkommen dort? Warum? Sind das Arbeits- oder Planstellen-Beschaffungsmaßnahmen?
2. Wie sinnvoll sind Kontrollen, wenn keine Kontrolle durchgeführt wird? Schiff und Crew wurde weder auf See noch im Hafen durchsucht bzw. deren Personalien aufgenommen.
3. Wird ein Zollhafen nur dadurch zu einem solchen, daß ein Zollbüro dort (u.U. 40 Std/Wo.) ist?
4. Wieviel kostet diese Broschüre? Sie erspart ausschließlich den Beamten mühseliges Erklären (des 33-seitigen Unfugs).
5. Wieviele Geßler-Hüte sollen noch aufgestellt / bewahrt werden?
6. Gibt es solche Zollhafen-Listen auch in anderen Schengen-Staaten? Ich bin dort noch nie diesbezüglich kontrolliert worden.
Bitte teilen Sie mir mit, was auf Seiten des Gesetzgebers getan wird, um diese Art von Vergeudung von Ressourcen zu beenden.
Vielen Dank

Mit freundlichen Grüße
Klaus Boßeck

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Boßeck,

Ihre Anfrage zu zollrechtlichen Sachverhalten kann ich Ihnen nun wie
folgt beantworten:

Zu Frage 1:
Das Schengener Übereinkommen regelt keine zollrechtrechtlichen
Sachverhalte. Die durchgeführten Kontrollmaßnahmen erfolgten an der
Grenze des Zollgebiets der Gemeinschaft aufgrund unmittelbar geltenden
Gemeinschaftsrechts bzw. aufgrund binnenmarktkonformen nationalen Rechts.

Zu Frage 2:
Wie oben dargestellt, erfolgten die Kontrollen risikoorientiert und in zutreffender Ausübung des Ermessens. Vorliegend waren keine Risikoparameter erkennbar, die eine weit in die Rechte des Betroffenen eingreifende Maßnahme, wie z. B. eine eingehende Überholung des Sportboots und des persönlichen Gepäcks, erforderlich und sinnvoll erscheinen ließen. Die Kontrolle war vorrangig auf die Feststellung des „zollredlichen Besitzes“ der Yacht und der mitgeführten Waren ausgerichtet. Nach Abschluss der Prüfung gelangten die Kontrollbeamten zu der Feststellung, dass weder Einfuhrabgaben zu erheben noch andere Anschluss- maßnahmen erforderlich waren. Die Erhebung von Personalien war daher nicht geboten und nach § 3a Satz 1 Bundesdatenschutzgesetz sogar unzulässig.

Zu Frage 3:
Über die Bestimmung von Zolllandungsplätzen entscheidet das BMF im
Rahmen seiner Organisationshoheit antragsungebunden nach einheitlichen
Kriterien und unter Beachtung verwaltungsökonomischer Grundsätze (§§ 28
Abs. 1 ZollVG, 4 Abs. 1 ZollV). Maßgebend für die Bestimmung eines
Zolllandungsplatzes ist ein zollseitig festgestelltes Verkehrsbedürfnis.
Für die Bestimmung eines Hafens oder Hafenbereichs zum Zolllandungsplatz ist das Vorhandensein einer Zollstelle am gleichen Ort nicht erforderlich, jedoch muss die zollamtliche Überwachung und Abfertigung mit vertretbarem Aufwand gewährleistet werden können.

Zu Frage 4:
Sie meinen vermutlich das „Merkblatt über Zollbestimmungen für Schiffsführer von Wassersportfahrzeugen“ welches von der Bundesfinanzdirektion Nord herausgegeben wird und in leicht verständlicher Form die wesentlichen für grenzüberschreitend verkehrende Sportbootführer geltenden Zollvorschriften zusammenfasst.

Zu Frage 5:
Eine Beantwortung erübrigt sich.

Zu Frage 6:
Um eine Vergleichbarkeit herzustellen, kommt es nicht auf die Zugehörigkeit zum Schengener Übereinkommen sondern zur Europäischen Union an (vgl. oben zu Frage 1). Die von anderen EU-Mitgliedstaaten aufgrund Artikel 38 Zollkodex erlassenen Rechtsvorschriften sind hier nicht bekannt. Jedoch gibt Artikel 38 Zollkodex den nationalen Zollbehörden auf, zumindest die Zollstelle oder einen anderen zugelassenen Ort zu bestimmen, zu dem über die Zollgrenze verbrachte Waren zu befördern sind. Die Bestimmung von spezifischen Verkehrswegen (in Deutschland: Zollstraßen) ist fakultativ.
Generelle Änderungen der insoweit geltenden Rechtslage sind nicht vorgesehen. Jedoch besteht die Möglichkeit, ein Wassersportfahrzeug im Rahmen des § 5 Abs. 4 ZollV im Verwaltungswege von der Beförderungspflicht zu befreien. Hierzu ist ein Antrag gem. Vordruck 0061 an die für den ständigen Liegeplatz des Wassersportfahrzeugs zuständige Zollstelle zu richten. Aufgrund einer solchen Befreiung darf das Sportboot alle Landungsplätze an der deutschen Nordsee- und Ostseeküste einschließlich der vorgelagerten Inseln sowie der Unterläufe der Elbe, Weser und Ems und der sonstigen in die Nordsee oder Ostsee mündenden Flüsse, soweit sie mit seegängigen Sportbooten befahren werden können, ohne Zollabfertigung anlaufen. Dafür müssen aber bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Die zuständige Zollstelle informiert den Bootsführer bei Bedarf gern über die Einzelheiten.

Mit freundlichen Grüßen

Anton Schaaf