Frage an Anton Hofreiter von Stefan G. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrter Herr Hofreiter,
ich bin mit Ihrer Haltung zu politischen Fragen sehr zufrieden, auch daß Sie vor Jahren die YASunidos Bewegung in Ecuador gegen den Extraktivismus unterstützt habe. Danke!
Ich bin u.a. bei der BI-Gegen Gasbohren am Schwielochsee engagiert. Mit dem gestern beschlossenen PlanSiG werden jedoch auch Vorhaben, ohne große Einschränkungen, auch fossile und extraktivistische Konzerne wie CEP beschleunigt ermöglicht. Beschleunigt, weil öffentliche Anhörungen z.B. in Raumordnungsverfahren durch das Bergamt in Cottbus digital willkürlicher abgekürzt werden können. Digitalisierung stellt nicht mehr Akzeptanz her. CEP weigert sich unseren Fragen in der Öffentlichkeit zu beantworten. Dies ist nur ein Beispielfall von viele Vorhaben. Wieso können solche "Infrastrukturmaßnahmen" nicht auf dem ordentlichen Weg ebenso warten wie viele andere Dinge in dieser Zeit? Warum haben sich hier die Grünen mehrfach enthalten? Wann gibt es endlich wirksamere Bürgerbeteiligung und eine Unterordnung des Bergrechts unter Klima-, Ressourcen- und Umweltschutz mit wirksamer Bürgerbeteiligung?
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Sehr geehrter Herr Golla,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage. Bitte entschuldigen Sie unsere späte Antwort.
Wie Sie sicherlich wissen, regelt das Planungssicherstellungsgesetz die Prozesse für sehr unterschiedliche Vorhaben. So ist es z.B. für den weiteren Ausbau des ÖPNV zu begrüßen, dass Planungsprozesse - selbstverständlich mit entsprechender Beteiligung - beschleunigt werden. Daher haben wir uns für eine Enthaltung entschieden.
Wir haben das Gesetz kritisch begleitet und einen Entschließungsantrag dazu eingebracht. Denn auch wir sind der Ansicht, dass das Gesetz diverse Schwächen hinsichtlich der Qualitätssicherung der Öffentlichkeitsbeteiligung aufweist.
Wie in unserem Entschließungsantrag festgehalten, dürfen allein digitale Verfahren, insbesondere solange der Zugang aller Menschen zu ihnen nicht gewährleistet ist, nicht die Regel werden, sondern sollten eher eine zusätzliche Möglichkeit während der Corona-Krise darstellen. Auch weiterhin müssen Beteiligungsformate vor Ort, wo immer unter Beachtung gegenwärtiger Schutzmaßnahmen möglich, bestehen bleiben. Das Ziel muss sein, eine bestmögliche Beteiligung für die breite Bevölkerung aufrechtzuerhalten, die sich im Rahmen der gegenwärtigen Versammlungsgebote und Lockerungsmaßnahmen bewegt. UVPs dürfen unserer Auffassung nach durch die Corona-Krise nicht abgeschwächt werden.
Darüber hinaus fordern wir Grüne schon lange, das Bundesberggesetz grundsätzlich zu reformieren. Aus unserer Sicht ist es nicht mehr zeitgemäß, sondern steht den Interessen des Umwelt- und Klimaschutzes häufig entgegen. In der vergangenen Legislaturperiode haben wir eine intensive Debatte um Fracking als Fördertechnik für Kohlenwasserstoffe gehabt. Dazu haben wir verschiedene Anträge in den Bundestag eingebracht, die unter anderem auch verschärfte Auflagen für die Erdöl- und Erdgasindustrie und eine Reform des Bergrechts beinhaltet haben. Einen Überblick finden Sie z.B. hier: https://julia-verlinden.de/meine-themen/fracking/fracking-detail/article/fracking_verhindern_aus_erlaubnispaket_verbotsgesetz_machen/
Beim Thema Fracking ist es uns in Zusammenarbeit mit vielen zivilgesellschaftlichen Akteuren gelungen, so viel Druck aufzubauen, dass die Regierungskoalition ihr Gesetzespaket erheblich verschärfen musste. Wir behalten das Thema Bergrecht im Blick und würden einen neuen Antrag zur Reform des Bergrechts einbringen, wenn wir die Chance sehen, mit diesem Antrag auch etwas bewirken zu können.
Zuletzt haben wir ein Verbot von Bohrungen in Wasserschutzgebieten und Naturschutzgebieten gefordert, weil die Erdgasindustrie vor allem in Niedersachsen neue Bohrprojekte ins Auge gefasst hatte. Die Forderungen zielen auch auf Erdöl ab. Diesen Antrag finden Sie hier: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/048/1904859.pdf
Mit freundlichen Grüßen
Team Hofreiter