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Antje Tillmann
CDU
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Frage von Katja H. •

Frage an Antje Tillmann von Katja H. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Tillmann!

Als Mutter zweier Kinder mache ich mir große Sorgen um die mögliche Einführung der Masernimpfpflicht. Dazu habe ich folgende Fragen an Sie:
Droht mir und anderen Eltern der Entzug des Sorgerechtes, wenn wir unsere Kinder nicht, bzw. nicht mehr, impfen lassen?
Besteht in Deutschland die Möglichkeit, dass ungeimpfte Kinder von Polizisten aus der Kindertageseinrichtung abgeholt werden, wie in Italien?
Stimmt es, dass für die Masernimpfpflicht kein Einzelimpfstoff zur Verfügung gestellt wird und daher gleichzeitig auch gegen Mumps und Röteln geimpft werden muss, auch wenn der Impfling diese Krankheiten bereits durchgemacht hat?
Stimmt es, dass die als Komplikation von Masern gefürchtete SSPE Erkrankung auch gleichzeitig eine Komplikation der Masernimpfung darstellt?
Müssen wir Angst vor Zwangsmaßnahmen unserer Regierung haben, weil wir anderer Meinung sind?
Hat dies noch mit Demokratie zu tun oder steuern wir mit Zwangsmaßnahmen, die den menschlichen Körper betreffen, auf eine diktatorische Politik zu?
Bitte nehmen Sie sich die Zeit, mir eingehend zu antworten, ich danke Ihnen.

MFG Katja H.

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Antwort von
CDU

Liebe Frau H.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Impfpflicht.
Warum überhaupt gegen Masern impfen?
Masern gehören zu den ansteckendsten Viruserkrankungen überhaupt und werden durch Tröpfcheninfektion (Niesen, Sprechen) übertragen. Da für Masern-, Mumps-, Röteln- sowie Varizelleninfektionen und deren Komplikationen keine spezifische Therapie zur Verfügung steht, kommt der Prävention durch Schutzimpfung überragende Bedeutung zu.
Gleichzeitig schützt die Impfung nicht nur die geimpften Personen selbst, sondern insbesondere indirekt auch die Menschen, die sich nicht selbst impfen lassen können, so z. B. Säuglinge bis zum 6. Lebensmonat oder anderweitig erkrankte Menschen. Nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts können insgesamt ca. zwei Prozent der Bevölkerung (d. h. ca. 1,7 Millionen Menschen) nicht selbst gegen Masern geimpft werden und sind auf hohe Impfquoten in ihrer Umgebung angewiesen.
Die Masernvirusinfektion verursacht eine vorübergehende Immunschwäche von mindestens 6 Wochen Dauer. Als Konsequenz kann vorübergehend eine erhöhte Empfänglichkeit für bakterielle Superinfektionen bestehen. Eine besonders gefürchtete Komplikation, die akute postinfektiöse Enzephalitis, zu der es in etwa 0,1% der Fälle kommt, tritt etwa 4-7 Tage nach Auftreten des Exanthems mit Kopfschmerzen, Fieber und Bewusstseinsstörungen bis zum Koma auf. Bei etwa 10-20% der Betroffenen endet sie tödlich, bei etwa 20-30% muss mit Residualschäden am Zentralen Nervensystem gerechnet werden. Anders ausgedrückt: Etwa 10 von 10.000 an Masern erkrankten Personen erleiden eine Gehirnentzündung. Von diesen zehn Erkrankten sterben ein bis zwei. Bei etwa zwei bis drei Betroffenen bleiben schwere Folgeschäden wie eine geistige Behinderung und Lähmungen zurück.
Eine seltene, tödlich verlaufende Spätfolge einer Masernerkrankung ist die subakute sklerosierende Panenzephalitits (SSPE). Sie tritt durchschnittlich etwa sieben Jahre nach der Maserninfektion ein. Nach den aktuell verfügbaren Daten aus der Todesursachenstatistik wurde in den Jahren von 2007 bis 2015 bei insgesamt 29 Personen als Todesursache eine SSPE dokumentiert.
Insgesamt versterben in Industrieländern etwa 1 bis 3 Personen/1 000 Maserninfektionen an den Masern.
Gerne beantworte ich Ihre Fragen im Detail:
Frage: Droht mir und anderen Eltern der Entzug des Sorgerechtes, wenn wir unsere Kinder nicht, bzw. nicht mehr, impfen lassen? Besteht in Deutschland die Möglichkeit, dass ungeimpfte Kinder von Polizisten aus der Kindertageseinrichtung abgeholt werden, wie in Italien?
Nein. Der aktuelle Gesetzentwurf sieht lediglich vor, dass für bestimmte Personen eine Impfpflicht bzw. die Pflicht zur Vorlage einer vorhandenen Immunität gegen Masern gilt. Maßnahmen wie der Entzug des Sorgerechtes sind selbstverständlich nicht geplant.
Personen für die eine Impfpflicht bzw. die Pflicht zur Vorlage einer vorhandenen Immunität gegen Masern gilt sind:

* Personen, die in einer Gemeinschaftseinrichtung (gem. des neuen § 33 des Infektionsschutzgesetzes: insbesondere KiTa, Kinderhorte, -gärten und Krippen, Formen der Kindertagespflege, Schulen und sonstige Ausbildungseinrichtungen, Heime und Ferienlager) betreut werden und Personen, die dort tätig sind bzw. werden wollen
* Personen, die in Einrichtungen zur gemeinschaftlichen Unterbringung von Asylbewerbern, vollziehbaren Ausreisepflichtigen, Flüchtlingen und Spätaussiedlern untergebracht sind und Personen, die dort tätig sind bzw. werden wollen
* Personen, die in Einrichtungen gem. § 23 Abs. 3 Satz 1 Infektionsschutzgesetz eine Tätigkeit ausüben: Krankenhäuser, Einrichtungen für ambulantes Operieren, Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen, in denen eine den Krankenhäusern vergleichbare medizinische Versorgung erfolgt, Dialyseeinrichtungen, Tageskliniken, Entbindungseinrichtungen, Arztpraxen, Zahnarztpraxen, Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe, Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes, in denen medizinische Untersuchungen, Präventionsmaßnahmen oder ambulante Behandlungen durchgeführt werden, ambulante Pflegedienste, die ambulante Intensivpflege in Einrichtungen, Wohngruppen oder sonstigen gemeinschaftlichen Wohnformen erbringen und Rettungsdienste
* Personen, die aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden können, sollen selbstverständlich von dieser Regelung ausgenommen werden
Soweit kein Nachweis vorgelegt werden kann, hat das Gesundheitsamt die Möglichkeit zur Vorladung zur Beratung.
Kommt die Person oder die Erziehungsberechtigten bzw. Betreuer der Nachweispflicht nicht nach, kann das Gesundheitsamt Verbote für Tätigkeiten sowie das Betreten, Benutzen und die Teilnahme an Veranstaltungen aussprechen – diese Möglichkeit kommt nicht zur Anwendung, wenn eine Unterbringungsverpflichtung oder Schulpflicht für Betroffene gilt.
Eltern, die ihre in Gemeinschaftseinrichtungen betreuten Kinder nicht impfen lassen, werden künftig eine Ordnungswidrigkeit begehen und müssen mit Bußgeldern in Höhe von bis zu 2.500 Euro rechnen.
Auch Kindertagesstätten müssen mit Bußgeld rechnen, wenn sie ungeimpfte Kinder zulassen. Gleiches gilt für Personal in Gemeinschaftseinrichtungen, Gesundheitseinrichtungen und Asylbewerberunterkünften und gegen nicht geimpfte Bewohner solcher Unterkünfte.
Frage: Stimmt es, dass für die Masernimpfpflicht kein Einzelimpfstoff zur Verfügung gestellt wird und daher gleichzeitig auch gegen Mumps und Röteln geimpft werden muss, auch wenn der Impfling diese Krankheiten bereits durchgemacht hat?

Ja, aktuell werden in Deutschland nur Kombinationsimpfstoffe vermarktet.
Die Verwendung von Kombinationsimpfstoffen wird von der Ständigen Impfkommission (STIKO) aber generell empfohlen, um die Anzahl der Injektionen bei Kindern gering zu halten. Kombinationsimpfstoffe erlauben eine erhebliche Reduzierung der Injektionen. Ein Kombinationsimpfstoff ist grundsätzlich nicht schlechter verträglich als ein Einzelimpfstoff, er reduziert jedoch Impfungen und die damit verbundenen möglichen Nebenwirkungen (z.B. Infektionen).
Um mit den Masern gleichzeitig auch die Verbreitung von Röteln zu verhindern und schließlich und damit insbesondere Rötelnembryopathien wirkungsvoll vorzubeugen, wird auch in Deutschland der MMR-Kombinationsimpfstoff verwendet.
Frage: Stimmt es, dass die als Komplikation von Masern gefürchtete SSPE Erkrankung auch gleichzeitig eine Komplikation der Masernimpfung darstellt?
Nein.
Der Lebendimpfstoff gegen Masern wird seit über 40 Jahren weltweit verabreicht. Die seitdem erhobenen Daten haben gezeigt, dass er sehr wirksam und sicher ist. Die heutigen Impfstoffe sind sicherer als je zuvor.
Nach geltendem Arzneimittelrecht erhält ein Impfstoff nur dann eine Zulassung, wenn nachgewiesen ist, dass er auch wirksam und verträglich ist. Den Nachweis muss der Hersteller in vorklinischen Untersuchungen und klinischen Prüfungen erbringen. Geprüft werden die wissenschaftlichen Belege auf EU-Ebene unter der Regie der Europäischen Arzneimittelagentur EMA (European Medicines Agency). Hierzulande liegt die Verantwortung beim Paul-Ehrlich-Institut als Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel.
Da der MMR-Impfstoff abgeschwächte Lebendviren enthält, werden bei zirka 5% der Impflinge Lokalreaktionen innerhalb von einem bis drei Tagen nach Impfung und bei zirka 2% der Impflinge systemische Reaktionen fünf bis 14 Tage nach Impfung im Sinne einer leichten Immunreaktion auf den Impfstoff beobachtet.
Lokalreaktionen wie Rötung, Erwärmung, Schwellung oder Schmerzhaftigkeit an der Injektionsstelle (zumeist von kurzer Dauer). Nur in Einzelfällen verminderte sich vorübergehend die Zahl der Blutplättchen, die für die Gerinnung zuständig sind.
Da der Masernimpfstoff ein abgeschwächtes, aber noch vermehrungsfähiges Masernvirus enthält, kommt es bei rund fünf Prozent der Geimpften nach etwa einer Woche zu einem masernartigen Hautausschlag und Fieber. Diese Symptome gehen in der Regel mit der Ausbildung einer guten Immunität gegen Masern einher. Eine voll ausgeprägte Masernerkrankung oder bekannte Komplikationen wie Mittelohr- oder Lungenentzündungen treten nicht auf.
Frage: Müssen wir Angst vor Zwangsmaßnahmen unserer Regierung haben, weil wir anderer Meinung sind? Hat dies noch mit Demokratie zu tun oder steuern wir mit Zwangsmaßnahmen, die den menschlichen Körper betreffen, auf eine diktatorische Politik zu?
Nein.
Auch wenn die geplante Impfpflicht in die Grundrechte von bestimmten Personen eingreift, bedeutet dies nicht, dass wir auf eine diktatorische Politik zusteuern oder Zwangsmaßnahmen angewendet werden weil Sie anderer Meinung sind.
Auch in Zukunft wird es keine Impfungen unter Zwang geben. Kommen die Person oder die Erziehungsberechtigten bzw. Betreuer der Nachweispflicht über eine Impfung allerdings nicht nach, kann das Gesundheitsamt Verbote für Tätigkeiten sowie das Betreten, Benutzen und die Teilnahme an Veranstaltungen aussprechen – diese Möglichkeit kommt nicht zur Anwendung, wenn eine Unterbringungsverpflichtung oder Schulpflicht für Betroffene gilt. In bestimmten Fällen sind Bußgeldern in Höhe von bis zu 2.500 Euro möglich.
Die Vorgabe, dass bestimmte Personen einen ausreichenden Impfschutz gegen Masern aufweisen müssen, stellt einen mittelbarer Eingriff in das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 GG) dar. Der Eingriff ist durch die damit verfolgten öffentlichen Ziele des Gesundheitsschutzes aber gerechtfertigt.
Für bestimmte Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen wie beispielsweise Kindergärten tätig werden möchten, bedeutet die Regelung eine subjektive Berufszulassungsbeschränkung und somit einen Eingriff in das Grundrecht der Freiheit der Berufswahl (Artikel 12 Absatz 1 Satz 1 GG). Der Eingriff ist aber durch die damit verfolgten Zwecke des Schutzes der öffentlichen Gesundheit als wichtiges Gemeinschaftsgut gerechtfertigt.
Die Personen in den genannten Einrichtungen sind zudem teilweise selbst als gefährdet einzustufen und können sich teilweise nicht selbst vor Maserninfektionen schützen. Das Risiko von Schutzimpfungen gegen Masern ist für gesunde Menschen als gering einzustufen, das gilt auch für Kombinationsimpfstoffe, die möglicherweise ausschließlich zur Verfügung stehen.
Auch wird durch den mit einer Impfpflicht einhergehenden Eingriff in das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit der Wesensgehalt des Grundrechts nicht angetastet, da die Zielsetzung eines solchen Eingriffes gerade die Erhaltung der Unversehrtheit ist (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14. Juli 1959, Rn. 18, juris).
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen weitergeholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen
Antje Tillmann MdB

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