Frage an Antje Kapek von Eberhard F. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Kapek
die Arbeitsfähigkeit der Berliner Jugendämtern ist teilweise stark beeinträchtigt.
Seit 2013 kämpfen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jugendämter um bessere Bedingungen und Mindest-Personalausstattungen, insbesondere in den Regionalen Sozialen Diensten.
Im Jahr 2015 wurde durch die Senatsverwaltung eine „Maßnahmeplanung zur nachhaltigen Sicherung der Aufgabenerfüllung der Berliner Jugendämter“ erarbeitet.
Bis zum heutigen Tag wurden die Forderung einer im Ländervergleich angemessenen Bezahlung und der wichtigste Punkt, nämlich eine verbindliche Fallhöchstzahl pro Mitarbeiter festzulegen (= Personalbemessungsmodell, um eine Mindestqualität zu erreichen) nicht umgesetzt. Die Situation in vielen Jugendämtern ist nach wie vor desolat. Die Personalzuführungen im Rahmen der „wachsenden Stadt“ ändern an dem Zustand nichts, da diese ja für zusätzliche Aufgaben gewährt werden.
Werden Sie und Ihre Partei etwas tun um diesen Zustand zu ändern und wenn ja, was genau wird das sein?
Vielen Dank für Ihre Antwort
Lieber Herr F.,
Die öffentliche Verwaltung ist in den letzten Jahren kaputtgespart worden. Statt sich zu fragen, welche Aufgaben die Verwaltung in welcher Qualität erbringen soll und welches Personal dafür gebraucht wird, wurde Personal massiv weggespart. Frei werdende Stellen durften ohne Rücksicht auf Arbeitsabläufe nicht mehr oder erst nach Monaten besetzt werden. In den Jugendämtern ging deshalb viel an Erfahrungswissen verloren und die Mitarbeitenden sind wegen Arbeitsüberlastung und Termindruck nicht mehr in der Lage in der Qualität zu arbeiten, die sie sich selbst wünschen und die die Stadt brauchen würde.
Ich werde mich deshalb dafür einsetzen, dass in Berlin endlich wieder eine vernünftige Personalentwicklung stattfindet.
Die Jugendämter brauchen deutlich mehr Personal. Für Mitarbeitende in den Regionalen Sozialen Diensten (RSD) wäre eine Quote ideal, bei der die zu bearbeitenden Fälle den wöchentlichen Arbeitsstunden entspricht (z.B. 30 Fälle bei einer Arbeitszeit von 30 Wochenstunden). Dies wird allerdings nur schrittweise zu erreichen sein, da die finanziellen Möglichkeiten dafür erst geschaffen werden müssen. Außerdem gibt es in Berlin zur Zeit nicht genug gut ausgebildetes Personal.
In allen sozialen Bereichen herrscht ein massiver Personalmangel, der zügig angegangen werden muss. Dazu müssen die Ausbildungskapazitäten erweitert, Fort- und Weiterbildungen auch für Quereinsteigende organisiert und die Anerkennung und modulare Optimierung von im Ausland erworbenen Berufsabschlüssen vorangetrieben werden.
Um die Arbeit in diesen Bereichen attraktiver zu machen und mehr Menschen für eine solche Ausbildung und langfristige Arbeit im Beruf zu gewinnen, sind auch Vergütung und Aufstiegschancen zu verbessern. Das Argument, dies sei wegen der bestehenden Tarifverträge nicht möglich, ist nicht haltbar, denn Zulagen zur Abwendung von Personalmangelsituationen sind ausdrücklich erlaubt. Wirklich entscheidend wäre aber eine Neubewertung der Tätigkeiten, die dem Qualitätsanspruch und der Verantwortungsfülle der Aufgaben gerecht wird.
Berlin muss mehr Geld in die Hand nehmen, um eine Verbesserung der Personalsituation zu erreichen. Die bisherigen Personaleinsparungen haben teure Folgen.
Ich werde mich deshalb dafür einsetzen, dass:
* die Jugendämter schnell die Möglichkeit erhalten mehr Personal einzustellen,
um die derzeitige Überlastung nachhaltig zu mildern und die Fallrelation schrittweise
zu verbessern. Alle Mitarbeitenden müssen wieder die Zeit haben ihre Fälle sorgfältig
und zeitnah zu begleiten.
* die Nachfolge von Mitarbeitenden, die in den Ruhestand gehen oder die Jugendämter
anderweitig planbar verlassen, so rechtzeitig erfolgen kann, dass eine gute Einarbeitung
der neuen und die Bewahrung des Wissens der ausscheidenden Fachkräfte gewährleistet
werden kann,
* die Gewinnung von Fachkräften endlich Priorität erhält und Vergütung und
Karrierechancen der Fachkräfte ihren Aufgaben angemessen entwickelt werden.