Frage an Ansgar Heveling von Andy S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Heveling,
voraussichtlich am 16.02. soll dem Kabinett der Referentenentwurf des BAMS iS "Scheinselbständigkeit" präsentiert werden.
Ich möchte Sie bitten, sich gegen diesen Entwurf in der vorliegenden Fassung auszusprechen. Hintergrund ist, dass dieser zwar berechtigterweise die Rechte von Arbeitnehmern stärkt, welche sich zumeist in eher einfachen prekären Beschäftigungsverhältnissen befinden.
Zugleich gefährdet dieser aber in einem Aufwasch den gesamten Berufsstand der Freelancer/Selbständigen (> 2,5 Mio Erwerbstätige in D), da die Kriterien für ein Vorliegen einer etwaigen "Scheinselbständigkeit" so ausgestaltet werden, dass eine selbständige Erbringung von Aufträgen und Arbeiten unmöglich gemacht wird.
Hierbei handelt es sich zumeist NICHT um schutzbedürftige Bürger, deren Arbeitskraft ausgenutzt wird sondern vergleichsweise den Mitgliedern der freien Berufe um Menschen, die sich für diese Art und Weise der Berufsausübung freiwillig entschieden haben und deren Einsatz überdurchschnittlich vergütet wird.
Zudem ist die Industrie auf den Einsatz von selbständigen Fach- und Führungskräften auf Zeit angewiesen, um Vakanzen zu überbrücken, Projekte zu ermöglichen oder die Transformation neuer Prozesse und Geschäftsmodelle zu ermöglichen (z.B. Industrie 4.0).
Die große Unsicherheit durch die neuen Regelungen zur Scheinselbständigkeit gefährdet mittlerweile sogar die Durchführung von Beratungsprojekten, mit noch nicht absehbaren Schäden für die deutsche Wirtschaft.
In diesem Sinne meine Bitte, darauf einzuwirken, dass das Gesetz nicht in der vorliegenden Fassung verabschiedet sondern an den Entwurfsverfasser zurückgegeben wird, mit dem Auftrag, eine sachgerechte Unterscheidung der Behandlung von schutzbedürftigen Arbeitnehmern einerseits und unternehmerisch agierenden Selbständigen andererseits zu ermöglichen.
Sehr gerne stehe ich Ihnen für vertiefende fachliche Informationen und Gespräche zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Andy Sacherer
Sehr geehrter Herr Sacherer,
haben Sie herzlichen Dank für Ihre Zuschrift mit Ihren Bedenken gegen den Diskussionsentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze.
Gern möchte ich auf Ihre Anfrage zurückkommen und zunächst den aktuellen Sachstand erläutern: Richtig ist, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales vor kurzem einen Entwurf zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vorgelegt hat. Dabei ist hervorzuheben, dass es sich um einen reinen Diskussionsentwurf handelt. Der Beginn eines entsprechenden Gesetzgebungsverfahrens ist momentan noch unklar und die Union wird sich bei den Beratungen eng an den Koalitionsvertrag halten.
Union und SPD haben im Koalitionsvertrag die Zielsetzung verabredet, wirksame Regelungen gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen zu treffen. Es ist unser gemeinsames Ziel, gute Arbeit für alle zu schaffen. Dazu sollen u.a. die durch die Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungskriterien zwischen ordnungsgemäßen und missbräuchlichen Fremdpersonaleinsatz gesetzlich niedergelegt werden.
Ich stimme Ihnen zu, dass Werkverträge zu einem selbstverständlichen und unerlässlichen Teil der Wirtschaft gehören. Was wir in Unternehmen vereinzelt als Missbrauch beobachten, fußt in der Regel nicht auf mangelnde gesetzliche Regelungen, sondern auf Verstöße gegen vorhandene Gesetze und das muss geahndet werden.
Die Frage, ob ein Werkvertrag vorliegt oder in Wirklichkeit ein Arbeitnehmer an den Werkbesteller überlassen wird, ist problematisch und in der Praxis - wie Sie wissen - nicht einfach zu beantworten. Ich denke, dass dies anhand der von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien gut zu bewerten ist, gerade aufgrund der Vielzahl von Einzelfällen. Dafür sind die Instrumentarien vorhanden. Deshalb stünde ich einer Verschärfung der bestehenden Regelungen ebenfalls kritisch gegenüber.
Ich hoffe, dass ich Ihrer Sorge vor einer Verschärfung der gegenwärtigen Rechtslage erst einmal begegnen konnte, und ich werde in diesem Sinne auch den weiteren Beratungsverlauf aufmerksam verfolgen sowie mich in diesem Sinne weiter einbringen.
Mit freundlichen Grüßen
Ansgar Heveling MdB