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Ansgar Heveling
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Frage von Thomas B. •

Frage an Ansgar Heveling von Thomas B. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Heveling,

Hr. Schäuble hat einen Grexit auf Zeit vorgeschlagen. Was halten Sie davon?

Hr. Kauder hat kürzlich allen CDU Abgeordneten mit Verlust Ihrer Ausschusslosten gedroht, wenn Sie gegen die Griechenlandhilfen stimmen. Haben auch Sie deshalb zuletzt mit Ja gestimmt?

Auch in Deutschland fehlt das Geld an vielen Ecken: Die Kommunen müssen Schwimmbädee schliessen, viele Strassen und Bruecken sind marode und nur das reiche Düsseldorf kann kostenfreie Kitaplätze anbieten. Wie können Sie es vor ihrem Gewissen rechtfertigen weitere Milliarden nach Griechenland zu überweisen an einen Ministerpräsidenten der selbst nicht an den Erfolg der Rettung glaubt?

Vielen Dank für Ihre zeitnahe Antwort. Abstimmung ist ja schon naechste Wochs.

MfG
TB

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Bartels,

danke für Ihre Zuschrift in Sachen "Hilfspaket für Griechenland". Ich bitte die Verzögerung meiner Antwort zu entschuldigen. Heute komme ich nun gerne auf Ihre Anfrage zurück.

Bezüglich Ihrer ersten Frage bin ich mit Bundesfinanzminister Dr. Schäuble einer Meinung, der einen "Grexit auf Zeit" ins Spiel gebracht hat. Voraussetzung dafür wäre aber eine Entscheidung Griechenlands für diesen Weg. Jenseits dessen sind mir zurzeit keine tragfähigen Alternativen zum jetzigen Hilfspaket ersichtlich. Dies halte ich im Übrigen für einen notwendigen weiteren Schritt: Instrumentarien innerhalb Europas für geordnete Neustrukturierungen von Staatshaushalten zu schaffen. Nun sind wir erkennbar noch nicht an diesem Punkt. Ein "Nein" Deutschlands - und es wäre ein alleiniges "Nein" gewesen, - hätte also zwangsläufig ein ungeordnetes weiteres Vorgehen zur Folge gehabt.

Zu Ihrer zweiten Frage: Ich habe dem " 3. Hilfspaket" in der Bundestagssitzung am 19. August meine Zustimmung erteilt. Angesichts der Komplexität der Parameter und Rahmenbedingungen sowie der politischen Situation ist dies selbstverständlich "nur" eine Abwägungsentscheidung, die ich weder mit leichter Hand noch aufgrund hierarchischer Vorgaben getroffen habe. Natürlich kann ich mir keineswegs sicher sein - und bin es auch nicht -, dass dieses "Ja" die eine, hundertprozentig richtige Entscheidung ist. Deswegen habe ich im Übrigen hohen Respekt und großes Verständnis für diejenigen, die im Rahmen ihrer persönlichen Abwägung zu einem anderen Ergebnis kommen. Das macht gleichzeitig aber im Übrigen auch deutlich, dass es sich im Kern nicht um eine Frage des Gewissens handelt, sondern um das Abwägen von Für und Wider vieler ökonomischer und politischer Aspekte.

Zu Ihrer dritten und damit letzten Frage bleibt mir Folgendes festzuhalten. Wir haben bei der weltweiten Finanz und Bankenkrise um 2008 gesehen, wie notwendig die seinerzeitigen Rettungsmaßnahmen waren, und wir alle haben erfahren und im Nachhinein feststellen können, dass die damaligen Rettungsentscheidungen richtig waren. Insbesondere die Bundesrepublik ist nach dem dramatischen Einbruch der Weltwirtschaft konjunkturell schnell wieder "auf die Beine gekommen". Auch damals war die Frage, ob es richtig sein könne, Rettungspakete dieser Art und dieses Umfangs auf den Weg zu bringen. Im Ergebnis haben sich diese Entscheidungen als richtig erwiesen.

Ich kann mich allerdings gut erinnern, dass bereits damals vielfach darauf hingewiesen wurde, dass es sich eigentlich nicht um eine Wirtschafts- oder Bankenkrise handelte, sondern um eine Staatsschuldenkrise oder Staatsschuldenkrisen. Im Grunde wurde bereits seit Anfang der 1990er Jahre auf das Risiko von Staatsschuldenkrisen hingewiesen und eine Änderung der staatlichen Finanzpolitiken angemahnt. Einige Länder, wie etwa Schweden haben daraufhin ihre Haushaltspolitik radikal geändert. Damals haben alle staatlichen Ebenen der Bundesrepublik unabhängig von der politischen Ausrichtung im Übrigen noch nicht umgesteuert.

Parallel dazu wurde der Euro eingeführt und auch hier kommt leider unserem eigenen Land die unrühmliche Rolle zu, als erster Euro-Staat nicht nur die Stabilitätskriterien des "Maastricht"-Vertrages nicht eingehalten zu haben, sondern gleichzeitig dafür gesorgt zu haben, wegen dieses Verstoßes nicht mit Sanktionen belegt zu werden. Ich denke, man kommt nicht umhin, dies als den ersten und grundlegenden "Sündenfall" im Euro zu charakterisieren. Ein Stück weit haben wir anderen Ländern vorgemacht, wie weit man gehen konnte.

Es ist eine zeitliche Koinzidenz, dass zu diesem Zeitpunkt auch über die Aufnahme Griechenlands in den Euro beraten wurde. Ohne Zweifel wäre es aus heutiger Sicht sowohl für den Euro, als auch für Griechenland besser gewesen, man hätte sich gegen die Aufnahme entschieden. Aber diese Entscheidung lässt sich eben nicht rückgängig machen und so müssen wir jetzt mit den Folgen politisch umgehen.

Die weitere Unterstützung Griechenlands dient dazu, den erheblichen finanziellen Problemen Griechenlands zu begegnen, aus denen sich potenziell gravierende Auswirkungen für die Finanzstabilität des Euro-Währungsgebietes insgesamt und einer Reihe von Mitgliedstaaten der Eurozone ergeben können. Bei dem vereinbarten Programm geht es um die Wiederherstellung der Finanzstabilität, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum, die Schaffung von Arbeitsplätzen, sowie die Reduzierung sozialer Probleme. Der Erfolg der europäischen Einigung ist und bleibt Kerninteresse Deutschlands. Auch Deutschland ist in einer globalisierten Welt auf ein starkes und funktionierendes Europa angewiesen.

Trotz der Zweifel an der Bereitschaft Griechenlands zu Reformen habe ich mich bei der Abstimmung im Juli bereits entschieden, dem Vorschlag von Bundesfinanzminister Dr. Schäuble zu folgen und der Aufnahme von Verhandlungen zuzustimmen. Nicht zuletzt erkenne ich an, dass die von mir getragene Bundesregierung hart verhandelt hat, so dass es insofern auch folgerichtig war, im August den nächsten Schritt zu gehen und die Zustimmung zum Beginn eines dritten Programms zu geben.

Mit freundlichen Grüßen

Ansgar Heveling MdB

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