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Ansgar Heveling
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Frage von Joerg G. •

Frage an Ansgar Heveling von Joerg G.

Guten Tag Herr Heveling,

wie stehen Sie zu dem Thema Fraking?
Warum haben Sie sich bisher zu diesem von der Bevölkerung nicht gewollten
Fraking gaeussert bzw. Ihre Haltung zu diesem Thema publiziert?
siehe :
https://www.change.org/p/bundestag-fracking-gesetzlich-verbieten-ausgfrackt-is?source_location=trending_petitions_home_page&algorithm=curated_trending

ich bitte sei nun daher "fuer ein verbot" abzustimmen, so wie es die Krefelderrin
MDB Ulle Schauws es bereits getan hat.

MFG Joerg Gruenauer

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Gruenauer,

vielen Dank für Ihre E-Mail vom 17. Juni zum Thema Erdgasförderung und Anwendung der Fracking-Technologie, die ich mit Interesse gelesen habe. Ihre Sorge bezüglich dieser Beförderungstechnologie nehme ich sehr ernst. Gerne möchte ich heute darauf zurückkommen und gleichzeitig um Nachsicht bitten, dass die Beantwortung einige Zeit in Anspruch genommen hat.

Für die Unionsfraktion gilt, dass es beim Schutz der Gesundheit der Menschen, der Umwelt und des Trinkwassers keine Kompromisse geben darf. Der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD stellt daher zum Einsatz der Fracking-Technologie klar, dass der Schutz von Trinkwasser und Gesundheit absoluten Vorrang hat. Zudem haben wir vereinbart, dass umwelttoxische Substanzen bei der Anwendung der Fracking-Technologie zur Aufsuchung und Gewinnung unkonventioneller Erdgaslagerstätten nicht zum Einsatz kommen dürfen.

Erdgas trägt einen wesentlichen Teil zu unserer Energieversorgung bei und stellt aufgrund seiner CO²-Bilanz als sauberster fossiler Energieträger den idealen Partner für die nicht regelbaren und nicht regelmäßig verfügbaren Erneuerbaren Energien dar. Denn es gibt auch Zeiten, in denen kein Wind weht und keine Sonne scheint und insofern auch keine erneuerbare Energie gewonnen werden kann. Knapp 50 Prozent unserer Heizungsanlagen werden außerdem mit Gas befeuert. Derzeit fördert Deutschland rund 10 Prozent seines Erdgasbedarfs selbst - vor wenigen Jahren waren es noch rund 20 Prozent. Durch die Nutzung unserer heimischen Vorräte können wir die Abhängigkeit von ausländischen Gasversorgern verringern.

Erdgas ist ein brennbares Naturgas, welches sich in unterirdischen Lagerstätten in Tiefen von 1.000 bis 6.000 Metern bildet. Hauptbestandteile von Erdgas sind Methan, Propan und Butan. Diese Mischung ist ungiftig, geruchsneutral und farblos. Erdgas wird nach den Gesteinsschichten, in denen es zu finden ist, klassifiziert. In Deutschland fördern wir Erdgas vornehmlich aus offenporigen Schichten, wie zum Beispiel Sandstein. Um das Gas in diesem Gestein zu lösen, wird die Fracking-Technologie angewandt. In Deutschland geschieht dies bereits seit über 50 Jahren.

Zwischen 1961 und 2011 fanden in Deutschland über 300 sogenannte Fracks statt. Dabei konnten keine bleibenden Umweltschädigungen wie zum Beispiel eine Verschmutzung des Grundwassers festgestellt werden. In den USA wurde in den letzten Jahren massiv mit der Gewinnung von Schiefergas begonnen, welches in Gesteinsschichten zwischen 1.000 und 2.500 Meter Tiefe zu finden ist. Hierbei wurde die Fracking-Technologie in großem Maße und weitestgehend ohne Auflagen eingesetzt. Leider kam es dabei auch zu einigen nicht unerheblichen Zwischenfällen. Seither wird die Technologie in Deutschland heftig diskutiert.

Zwischen der Erdgasförderung in den USA und in Deutschland gibt es allerdings erhebliche Unterschiede. In den USA gehören dem Eigentümer eines Grundstücks nicht nur das Land, sondern auch sämtliche darunter liegenden Rohstoffe. Dies war nicht zuletzt Ursache für den raschen Zuwachs der Förderung. In Deutschland hingegen ist der Eigentümer eines Grundstücks nicht der Eigentümer der darunter befindlichen Rohstoffe; sie gehören der Allgemeinheit. In den USA gibt es im Gegensatz zu Deutschland und Europa kein solch umfassendes Umweltrecht, so dass es durch unsachgemäßen Umgang an den Bohrstellen zu Verschmutzungen des Bodens und des Grundwassers kommen konnte. In Deutschland hingegen sind geschlossene Auffangbehälter und in sich geschlossene Systeme vorgeschrieben. Anders als in den USA müssen Bohrplätze in Deutschland mit Beton versiegelt sein, so dass eventuell auslaufende Flüssigkeiten aufgefangen und ordnungsgemäß entsorgt werden können. Bohrungen werden in Deutschland nur genehmigt, wenn eine Wasserverschmutzung ausgeschlossen werden kann.

Nach aktueller Gesetzeslage darf in Deutschland nach der entsprechenden Genehmigung durch die zuständigen Behörden folglich gefrackt werden. Um aber den Sorgen der Bevölkerung Rechnung zu tragen, wurden seit 2011 von den zuständigen Landesbergämtern keine Genehmigungen für Fracking-Bohrungen mehr erlassen. Das geplante Regelungspaket Fracking soll nun den in der Bevölkerung bestehenden Bedenken und Vorbehalten Rechnung tragen und vor allem auch Rechtssicherheit schaffen. Das Gesetzespaket sieht vor, zunächst nur die Förderung von Erdgas aus konventionellen Lagerstätten, das heißt aus offenporigem Gestein, weiter zuzulassen, allerdings unter deutlich strengeren Auflagen als bisher.

Bei der Fracking-Diskussion wird oft über Grundwasser und seine mögliche Schädigung oder Verunreinigung gesprochen. Doch Grundwasser ist nicht automatisch Trinkwasser. Trinkbares Wasser befindet sich in der Regel in circa 200 bis 300 Meter Tiefe. Wasser, das sich in tieferen Gesteinsformationen befindet, wird zwar auch als Grundwasser bezeichnet, ist aber nicht trinkbar. In tieferen Schichten sind sehr häufig sogar gesundheitsschädliche Laugen zu finden. Ein Großteil der Geologen und Hydrogeologen hält einen Sicherheitsabstand von 1000 Meter zu Trinkwasserreservoirs für ausreichend, da der bislang längste Frack, der jemals erzeugt wurde, ungefähr 270 Meter lang war. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass das wirtschaftlich betriebene, kommerzielle Fracken in Schiefergestein verboten wird. Allerdings sollen oberhalb von 3.000 Meter Tiefe, also dort, wo sich das Schiefergestein befindet, unter behördlicher und wissenschaftlicher Aufsicht Erprobungsbohrungen erlaubt werden, da in Deutschland noch keine wissenschaftlichen Daten über Fracking im Schiefergestein vorliegen. Die Probebohrungen sollen Aufschluss geben über die geologische Beschaffenheit, die Reaktionen im Gestein, die Sicherheit des Bohr- und Förderprozesses und die Auswirkungen auf die Seismik, das heißt mögliche Bewegungen im Gestein.

Fracking jeglicher Art soll in sensiblen Gebieten wie Wasserschutz- und Heilquellenschutz sowie an Seen und Talsperren zur Trinkwassergewinnung vollständig verboten sein. Die Länder sollen darüber hinaus an weiteren sensiblen Trinkwasserentnahmestellen Verbote erlassen können. In Nationalparks- und Naturschutzgebieten wird die Errichtung von Anlagen zum Einsatz der Fracking-Technologie untersagt. Im gesamten Einzugsbereich von Stellen zur Entnahme von Wasser für die öffentliche Wasserversorgung oder zur unmittelbaren Verwendung in Lebensmitteln darf eine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit nicht zu beanstanden sein.

Die eingesetzten Fracking-Gemische dürfen laut Gesetzentwurf im Bereich des konventionellen Fracking "nicht wassergefährdend" oder allenfalls "schwach wassergefährdend" sein. Die eingesetzten Stoffe müssen zudem umfassend offengelegt werden. Im gesamten Prozess sind weitere strenge Sicherheitsauflagen zu erfüllen, unter anderen die Erstellung von Ausgangszustandsberichten, Grund- und Oberflächenüberwachung, die Überwachung des Lagerstättenwassers, der Rückflüsse und der Bohrlochintegrität. Beim Umgang mit Rückfluss und Lagerstättenwasser wird der Stand der Technik vollumfänglich vorgeschrieben. Auch hier ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung verbindlich durchzuführen. Zudem wird das Bergschadensrecht verschärft. So wird beispielsweise die Beweislast für mögliche Bergschäden den Unternehmen auferlegt.

Anders als bei der oben genannten konventionellen Gasförderung gibt es in Deutschland noch keine Erfahrungen mit der Gasförderung in so genannten unkonventionellen Lagerstätten, also in Schiefer- und Kohleflözgestein. Klar ist aber, zum jetzigen Zeitpunkt und mit dem derzeitigen Wissensstand wird es kein kommerzielles unkonventionelles Fracking in Deutschland geben.

Die Gesetzentwürfe der Bundesregierung sehen deshalb für Schiefer- und Kohleflözgestein oberhalb 3000 Metern Tiefe ein generelles Frackingverbot vor. Lediglich wissenschaftlich begleitete und überwachte Probebohrungen sind unter strengsten Umweltanforderungen möglich, um die Auswirkungen von Maßnahmen auf die Umwelt, insbesondere den Untergrund und den Wasserhaushalt, wissenschaftlich erforschen zu können. Nach 2018 können in Ausnahmefällen Fördergenehmigungen erteilt werden. Die Voraussetzungen hierfür sind jedoch äußerst streng gefasst. Eine unabhängige Expertenkommission aus sechs Mitgliedern, davon drei Umweltinstitute, muss den beantragten Einsatz der Fracking-Technologie in der jeweiligen geologischen Formation mehrheitlich als grundsätzlich unbedenklich einstufen, die Kommission zur Bewertung wassergefährdender Stoffe beim Umweltbundesamt muss die verwendeten Fracking-Gemische als nicht wassergefährdend einstufen und alle sonstigen umfassenden öffentlich-rechtlichen Zulassungsvoraussetzungen, das heißt insbesondere zum Wasser-, Boden- und Umweltschutz, müssen vorliegen.

Die endgültige Entscheidung über die Genehmigung liegt ausschließlich bei den zuständigen Bergbau- und Wasserbehörden der Länder. Diese sind also an das Votum der unabhängigen Expertenkommission nicht gebunden. Sollte eine Fracking-Maßnahme unter all diesen Voraussetzungen genehmigt werden, so gelten die oben im Bereich der konventionellen Erdgasförderung genannten Auflagen vollumfänglich. Insgesamt sind die vorgesehenen Umwelt- und Trinkwasserschutzmaßnahmen also sehr weitreichend.

Im anstehenden Gesetzgebungsverfahren werden wir die Regelungsentwürfe der Bunderegierung intensiv prüfen und beraten. Der Schutz von Gesundheit, Umwelt und Trinkwasser bleibt dabei erstes Gebot. Gleichzeitig muss der gesetzliche Rahmen schon aus verfassungsrechtlichen Gründen einen wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn offen halten sowie die seit Jahrzehnten praktizierte konventionelle Erdgasförderung in Deutschland auch weiterhin ermöglichen. Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf bestehende Ängste und Vorbehalte gegenüber der Fracking-Technologie ist eine Versachlichung der Debatte unbedingt erforderlich. Es ist deshalb richtig und zielführend, dass die Bundesregierung in ihren Entwürfen Wissenschaft und Forschung eine zentrale Stellung einräumt.

Mit freundlichen Grüßen

Ansgar Heveling MdB

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