Frage an Ansgar Heveling von Mona V. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Heveling,
Ich habe heute zwei Anliegen. Der erste Punkt betrifft Ihre Antwort auf meine Frage zumTTIP: Sie haben mir zwar beigepflichtet, dass Sie die geheim geführten Verhandlungen zum TTIP nicht gut finden. Fakt ist aber, dass die Verhandlungen im gleichen undemokratischen und intransparenten Rahmen fortgesetzt werden. Werden Sie sich als Bundestagsabgeordneter dafűr einsetzen, dass die TTIP Verhandlungen so nicht weiter fortgestzt werden kőnnen? Ich finde so kann es nicht weitergehen.
Den zweiten Punkt kann ich direkt mit dem ersten verknűpfen: der NSA Skandal- zum einen ist es fűr mich vőllig unverständlich, wieso die Bundesregierung, Ihre Partei und auch Sie diesen Skandal versuchen auszusitzen und anstatt Edward Snowden fűr seine Zivilcourage zu danken ihn permanent versuchen zu isolieren.Wolfgang Bosbach hat im Angesicht immer neuer Enthűllungen und Skandale diese Woche gefordert ein dickes Kapitel zum Thema Datenschutz ins TTIP reinzunehmen. Ich denke, dass es ein sehr gutes Druckmittel ggn. die USA ist, die TTIP Verhandlungen so lange auszusetzen bis sich die Obama Regierung endlich in die richtige Richtung bewegt. Werden Sie sich im Bundestag fűr politisches Asyl fűr Snowden einsetzen? Und werden Sie Ihr Mandat dafűr einsetzen, dass die TTIP Verhandlungen ausgesetzt werden bis das Thema Datenschutz im Sinne von Demokratie mit in die Verhandlungen einbezogen werden?
MfG
Mona Vaes
Sehr geehrte Frau Vaes,
haben Sie vielen Dank für Ihre erneute Anfrage über Abgeordnetenwatch. Gerne beziehe ich zu den einzelnen Themen nochmals Stellung.
Wie ich bereits in meiner Antwort vom 30. Mai erläutert habe, liegt die Verhandlungsführung zum TTIP auf europäischer Seite bei der EU-Kommission. Sie ist damit auch dafür verantwortlich, größtmögliche Transparenz im Verhandlungsprozess sicherzustellen. So wurden bereits im Vorfeld der Verhandlungen auf EU-Ebene mehrere Konsultationen durchgeführt. Die EU-Kommission hat zudem Positionspapiere veröffentlicht und führt Anhörungen während jeder Verhandlungsrunde durch. Informationsveranstaltungen der EU-Kommission begleiten das Verfahren zusätzlich.
In Deutschland beteiligt die Bundesregierung auf breiter Basis Vertreter von zivilgesellschaftlichen Organisationen und Wirtschaftsverbänden, um alle relevanten Stimmen einzubeziehen. So hat das BMWi in den vergangenen Monaten mehrere Dialogveranstaltungen zu TTIP durchgeführt.
Die Bundesregierung plant auch weiterhin, Verbände, Nichtregierungsorganisationen und Medien über den jeweiligen Verhandlungsstand zu informieren. Sie erhalten Gelegenheit, ihre Stellungnahmen zum TTIP umfassend darzustellen. Diese fließen gleichermaßen in die Meinungsbildung und Positionierung der Bundesregierung ein.
In Ihrer Nachricht nehmen Sie auch auf das Thema Datenschutz innerhalb des Transatlantischen Freihandelsabkommens Bezug. Allgemeine transatlantische Datenschutzfragen werden im Rahmen des TTIP nicht verhandelt - Freihandelsverhandlungen sind dafür nicht das richtige Forum. Sie sollen stattdessen in den dafür vorgesehenen Gremien und Regelwerken (etwa der Ad-hoc Expertengruppe EU-US Working Group on Data Protection oder der EU-US-Safe-Harbor-Vereinbarung) gelöst werden.
Allerdings betrifft der Datenschutz zum Beispiel auch handelsbezogene Kommunikation, d.h. etwa bei Dienstleistungen im IKT-Bereich auch Fragen, ob und wie Regeln und Vorschriften zusammen passen ("regulative Kompatibilität"). Solche Aspekte werden im Rahmen von TTIP behandelt. Auch Fragen des Datenschutzes beim Dienstleistungshandel, bei E-Commerce oder im IKT-Bereich werden mit dem Ziel einer gemeinsamen Verständigung angesprochen. TTIP hat jedoch keinen Einfluss auf die gegenwärtig laufenden Verhandlungen zur EU-Datenschutzreform.
Generell setzt sich die Bundesregierung für hohe Datenschutzstandards auch im transatlantischen Verhältnis ein. Die bestehenden Datenschutzstandards in Deutschland und der EU stehen nicht zur Disposition.
Abschließend möchte ich auch zum Umgang mit dem NSA-Skandal Stellung nehmen. Auf europäischer Ebene besteht Einigkeit darüber, dass Art und Umfang der Vorgänge, die Erfassung von Kommunikationsdaten europäischer Bürger durch US-amerikanische Behörden, umfassend aufgeklärt werden müssen.
Deshalb hat sich die Europäische Kommission mit der amerikanischen Seite darauf verständigt, Aspekte des Datenschutzes im Zusammenhang mit den US-amerikanischen Abhörprogrammen in einer Ad-hoc Expertengruppe zu erörtern, der sog. EU-US Working Group on Data Protection. In den bisherigen Arbeitsgruppensitzungen wurde insbesondere über die rechtlichen Grundlagen der Programme der US-Behörden und deren innerbehördliche, gerichtliche und parlamentarische Kontroll- und Aufsichtsmechanismen informiert.
Auch in Deutschland belassen wir es nicht bei der Diskussion dieser Vorgänge, sondern haben bereits im März einen Untersuchungsausschuss "NSA" eingesetzt, der u.a. feststellen soll, ob und wie Kommunikationsdaten von, nach und in Deutschland erfasst wurden und ob Stellen des Bundes davon wussten oder daran beteiligt waren.
Für den Untersuchungsauftrag lagen zwei Anträge vor, die durch intensive Beratungen im Geschäftsordnungsausschuss zu einem gemeinsamen, von allen Fraktionen getragenen, Text zusammengeführt werden konnten. Angesichts der Sensibilität des Themas - sowohl mit Blick auf den Schutz der Bürgerrechte als auch auf die für die Sicherheit in unserem Land notwendige internationale Zusammenarbeit - begrüßen wir es, dass sich alle Fraktionen im Deutschen Bundestag auf einen gemeinsamen Untersuchungsauftrag verständigt haben.
Der Ausschuss nahm im April seine Arbeit auf. Zahlreiche Beweisbeschlüsse und Zeugenbenennungen wurden bereits einvernehmlich beschlossen. Auf einer umfangreichen Zeugenliste stehen viele prominente Namen, unter anderen Edward Snowden. Insofern kann von einem "Aussitzen" des NSA-Skandals nun wirklich keine Rede sein.
Eine regelmäßige Berichterstattung des Ausschusses finden Sie im Übrigen auch unter https://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse18/ua/1untersuchungsausschuss .
Mit freundlichen Grüßen
Ansgar Heveling MdB