Frage an Anngret Stötzer-Rapp von Heico L. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrte Frau Stötzer-Rapp,
alle Privatpiloten müssen sich neuerdings einer sehr fragwürdigen, periodischen und zudem kostenpflichtigen Zuverlässigkeitsüberprüfung (ZÜP) nach dem LuftSiG (§7) "freiwillig" durch eigenen Antrag unterziehen. Diese Überprüfung sieht Anfragen unter anderem bei den Landeskriminalämtern, dem Bundeskriminalamt, dem Verfassungsschutz, dem Bundesnachrichtendienst, dem Beauftragten für die Staatssicherheitsunterlagen etc. vor. Wird dieser Antrag nicht "freiwillig" gestellt, kann allein dadurch schon eine Unzuverlässigkeit mit der Konsequenz des Entzugs der Lizenz begründet sein. Konkrete Kriterien zur Definition des Begriffs der "Unzuverlässigkeit" führt das Luftsicherheitsgesetz nicht auf (im Gegensatz z.B. zum Waffengesetz).
Sind Sie der Meinung, dass ein solcher unglaublicher Globalverdacht gegen eine bisher völlig unauffällige Bürgergruppe angemessen ist?
Ist das nicht reiner bürokratischer Aktionismus und Populismus auf dem Rücken von unschuldigen Bürgern,
die mit all dem nicht das Geringste zu tun haben?
Wird dadurch nicht der rechtstaatliche Grundsatz der Unschuldsvermutung - und damit unser zentrales Rechtsverständnis - ausgehebelt? Sollte nicht wenigstens ein gewisser Anfangsverdacht diese ZÜP rechtfertigen?
Es ist weltweit noch nie ein Terroranschlag mit einem Flugzeug der allgemeinen Luftfahrt (= jeglicher Luftverkehr ausserhalb des Airlineverkehrs) durch einen lizenzierten Privatpiloten verübt worden.
Demgegenüber stehen regelmäßige Anschläge mit Autobomben, Rucksackbomben etc.
Lastwagenfahrer, insbesondere von Gefahrguttransporten, stellen ein viel größeres "Gefahrenkontingent" dar,
kommen sie doch problemlos mitten in jede Innenstadt!
Warum wird diese Personengruppe nicht zum gläsernern Bürger gemacht,
sondern nur ausgerechnet die harmlose, aber kleine (vermeintlich wehrlose?) Minderheit der Privatpiloten?
Wo sind hier Ihrer Meinung nach die Prinzipien der Erforderlichkeit, Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit, die jedem staatlichen und verwaltungsmäßigen Handeln zu Grunde liegen müssen, noch gegeben?
Werden Sie sich nach Ihrer Wahl für unsere Minderheit einsetzen?
Freiheit und Demokratie und Menschenwürde, werden sie dadurch geschützt,
dass man sie schleichend gegen die Würde des Menschen einfach abschafft?
Sind es nicht gerade diese Werte, die wir in den vergangenen Jahrzehnten, falls es erforderlich gewesen wäre, sogar durch Einsatz von militärischer Gewalt verteidigt hätten und haben?
Welche Antwort hierauf kann ich an die anderen Betroffenen in meinem Bekanntenkreis weitergeben?
Ich würde Sie gerne zu einem kleinen Rundflug einladen, damit Sie sich persönlich davon überzeugen können,
dass wir keine berechtigt verdächtigten Kamikazeterroristen sind.
Nicht einmal die USA überprüfen auf solch entwürdigende Weise die Basis der Privatpiloten. Übrigens auch keine Ausländer mit USA - Lizenz!
Mit freundlichen Grüßen,
Heico Lorenz
Inhaber PPL SEP, TMG und GPL
Motorflugreferent im FSV Sindelfingen e.V.
Sehr geehrter Herr Lorenz,
ihre Frage zum Thema Sicherheit hat mich schon etwas in Not gebracht, ist doch das Thema Fliegen nicht ein Thema das mich umgibt, so bitte ich Sie um Verständnis, dass ich diese Frage von Berlin aus beantworten lies. Dennoch hat mein Mann mich mitgenommen zum Flugtag auf den Wächtersberg, damit ich einen Eindruck bekomme, was alles hinter dem Thema steckt. Es war ein schöner Tag mit vielen neuen Eindrücken und bestimmt nicht meine letzte Annäherung zum Thema.
Doch nun zur Antwort:
Nach den Anschlägen des 11. September 2001 wurde weltweit über neue Maßnahmen für mehr Luftsicherheit diskutiert. Das deutsche Luftsicherheitsgesetz setzt die EU-Verordnung für mehr Sicherheit in der Zivilluftfahrt um. Der Luftzwischenfall in Frankfurt und der absichtliche Absturz vor dem Reichstag in Berlin haben deutlich gemacht, Kleinflugzeuge können ein Bedrohungs-- und Gefährdungspotential darstellen.
Die Innenministerkonferenz ist im Mai 2003 zu dem Ergebnis gekommen: Der Luftverkehr stellt gegenüber anderen Verkehrsträgern eine besondere Gefährdung dar. Durch die Nutzung eines Kleinflugzeuges als Tatwaffe können massive Schäden angerichtet werden, wenn diese z. B. mit Sprengstoff beladen werden.
Es ist die Verantwortung des Staates, die Bevölkerung vor Gefahren zu schützen. Eine Zuverlässigkeitsüberprüfung halten wir für erforderlich. Wir teilen aber Ihre Auffassung, dass die Regelungen im Luftsicherheitsgesetz zu bürokratisch sind. In den Verhandlungen hatten wir uns dafür eingesetzt, die Zuverlässigkeitsüberprüfung wie in der EU-Verordnung vorgesehen, alle 5 Jahre zu wiederholen. Eine jährliche Überprüfung ist übertrieben und für die Betroffenen mit nicht verhältnismäßigen Kosten verbunden.
Wir werden uns hier erneut für erträgliche und vermittelbare Regelungen einsetzen. Durch die vorgezogene Bundestagswahl wurden die Verhandlungen hierüber unterbrochen.
Piloten sind nicht die einzigen Betroffenen. Zuverlässigkeitsüberprüfungen gab es bereits vor Inkrafttreten des Luftsicherheitsgesetzes für Personen, die in sicherheitsrelevanten Bereichen arbeiteten (z.B. Kernkraftwerke). Diejenigen Personen, die in beruflichem Zusammenhang regelmäßig in den sicherheitsrelevanten Bereichen der Verkehrsflughäfen tätig waren, z.B. Personal der Flughafenbetreiber und Luftfahrtunternehmen, sowie die Mitarbeiter der Flugsicherung, die einen Einfluß auf die Sicherheit des Luftverkehrs haben, müssen sich einer regelmäßigen Sicherheitsüberprüfung unterziehen. Auch Hobbypiloten haben Zutritt zu den relevanten Sicherheitsbereichen und sind deshalb in die Überprüfung einzubeziehen.
Auch wir wissen, dass Zuverlässigkeitsprüfungen kein Allheilmittel gegen Bedrohungen sind, aber auf sie zu verzichten wäre leichtfertig. Natürlich ist es bedauerlich, dass sich viele rechtschaffene Bürgerinnen und Bürger, die sich nie etwas haben zuschulden kommen lassen, diesem Verfahren unterziehen müssen. Die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus hat zu einer Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen geführt. Wir setzen uns dafür ein, dass das, was erforderlich ist, verhältnismäßig angewandt wird. Die Bürgerinnen und Bürger bitten wir um Verständnis und Unterstützung.
Mit freundlichen Grüßen
Annegret Stötzer-Rapp