Frage an Annette Wittmütz-Heublein von Anja B. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Dr. Wittmütz-Heublein,
Im Wahlprogramm der FDP wird mehr Flexibilität bei der Regulierung von Arbeitszeitmodellen gefordert.
Die Begrenzung der Arbeits- und Ruhezeiten waren bis jetzt hilfreiche Leitplanken der Arbeitswelt. Es mag sein, dass sie in bestimmten Arbeitsbranchen in der jetzigen Form aus der Zeit gefallen scheinen, vor allem bei hochqualifizierten, mobilen und kreativ Tätigen. Aber erstens gibt es nach wie vor auch noch weniger privilegierte Arbeitsverhältnisse und zweitens birgt gerade die sich entwickelnde Flexibilisierung und Dezentralisierung der Arbeit zusätzliche Risiken der Ausbeutung. Ist das nicht ein Wettbewerbsnachteil für verantwortungsbewusste Arbeitgeber?
Können Sie zustimmen, dass wir keine ersatzlose Streichung brauchen, sondern eine intelligent angepasste Optimierung?
Als berufstätige Mutter in 80% Teilzeit kann ich nicht mit Kollegen ohne Familie bezüglich der Arbeitsstunden konkurrieren. Allein eine Obergrenze von 48h/Woche ist für mich ohne Bedeutung. Wir Teilzeitler, genau wie befristet Beschäftigte oder Leiharbeitskräfte, übernehmen gerne mal Projekte die unser bezahltes Stundenkontingent übersteigen, nur um im Spiel zu bleiben. Im FDP Wahlprogramm wird ein dopingfreier Sport gefordert. Sollte man diese Forderung nicht auch auf die Gesellschaft allgemein, wie gerade Ausbildung und Arbeitswelt, erweitern?
Mit freundlichen Grüssen
A. B.
Sehr geehrte Frau B.,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage. Wir möchten das Arbeitszeitgesetz nicht aufheben, sondern - wie Sie richtig schreiben - optimieren, um auf Wunsch des Arbeitnehmers mehr zeitliche Flexibilität und Souveränität zu schaffen - sofern es der Erwerbsbereich zulässt. Eine Pflicht zum abendlichen Home-Office soll damit in keinem Fall ermöglicht werden - dies wäre in Zeiten steigender Burn-out-Erkrankungen sicherlich vollständig falsch. Der zunehmende Wunsch gerade junger Arbeitnehmer nach einer Work-Life-Balance wird die Arbeitswelt zudem weiter verändern; ich gehe davon aus, dass hier mittelfristig ein gesellschaftlicher Wandel stattfinden wird, der in Ihre angedachte Richtung einer "doping-freien Arbeitswelt" führt.
Mit herzlichen Grüßen,
Dr. Annette Wittmütz-Heublein