Frage an Annette Widmann-Mauz von Jürgen M. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Widmann-Mauz,
Tabakkonsum ist nicht nur die Ursache tödlicher Krankheiten, sondern besitzt z.B. laut Studien der Weltbank einen negativen Effekt auf die Leistungsfähigkeit von Volkswirtschaften. Dennoch klagte Deutschland gegen die von der Europäischen Kommission 1998 beschlossene Richtlinie zum umfassenden Verbot von Tabakwerbung, arbeitete strengeren Bestimmungen in der 2003 beschlossenen Rahmenkonvention zur Tabakkontrolle der Weltgesundheitsorganisation entgegen und verdankt Tabakkontrollmaßnahmen im Land bisher vor allem der Europäischen Union.
Sind Sie für umfassendere und strengere Maßnahmen zur Tabakkontrolle in Deutschland und wenn ja, in welcher Form setzen Sie und ihre Fraktion sich dafür ein?
Mit freundlichen Grüßen,
Jürgen Menze
Sehr geehrter Herr Menze,
haben Sie vielen Dank für Ihre Zuschrift, in der Sie strengere Maßnahmen zur Tabakkontrolle in Deutschland fordern. Die CDU/CSU hat mit dem Ziel des Gesundheitsschutzes von Nichtrauchern bereits im Juli 2007 das Gesetz zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens mit beschlossen, welches am 1.9.2007 in Kraft getreten ist. Darin wurde das Rauchen in allen Einrichtungen des Bundes, in öffentlichen Verkehrsmitteln (Bahn, Strassenbahn, Taxi, Flugzeug) sowie in Bahnhöfen verboten. Außerdem wurde der Schutz vor Passivrauchen im Arbeitsplatz verbessert und eine Verschärfung des Jugendschutzgesetzes durch die Anhebung der Altersgrenze für den Kauf von Tabakwaren auf 18 Jahre vorgesehen. Der Bundesgesetzgeber kann den Nichtraucherschutz allerdings nur dort regeln, wo er auch die gesetzgeberische Zuständigkeit besitzt. In die Zuständigkeit der Bundesländer fällt es daher, ein Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden wie Gaststätten, Schulen, Kindertagesstätten, Theater, Kinos, Museen, Krankenhäuser und Pflegeheime sowie Verwaltungseinrichtungen von Ländern und Kommunen durchzusetzen. Dies ist in weiten Teilen auch geschehen. Die Erfahrungen mit dem Rauchverbot in Gaststätten zeigen jedoch auch, dass Verbote alleine eben nicht zu einem Rückgang oder zur Verhinderung des Tabakkonsums führen. Ungesunde Verhaltensweisen wie Tabakkonsum oder auch Alkoholkonsum zu vermeiden steht leider nicht in erster Linie in der Macht des Gesetzgebers, sondern ist zum ganz wesentlichen Teil die Eigenverantwortung des Einzelnen. Für die Union liegt daher neben Verboten dort, wo sie sinnvoll sind, der Schwerpunkt bei der Prävention und Aufklärung.
Gerne möchte ich auch kurz auf die von Ihnen kritisierte Intervention der Bundesregierung gegen die EU-Tabakwerberichtlinie eingehen. Zunächst: die Vorgaben der neuen EU-Tabakwerberichtlinie wurden zum 1.1.2007 in Deutschland umgesetzt. Das bedeutet, dass seit Anfang 2007 Werbung für Tabakprodukte in Zeitungen, Zeitschriften, Magazinen und im Internet verboten ist. Der Grund, weshalb die Bundesregierung gegen die EU-Tabakrichtlinie vor dem Europäischen Gerichtshof vorgegangen ist, und im EuGH-Urteil vom Jahr 2000 auch Recht bekommen hat, lag darin begründet, dass der EU für den Bereich der Gesundheitspolitik grundsätzlich keine Kompetenz zusteht. Der Bereich der Gesundheitspolitik fällt nach wie vor in die Zuständigkeit der einzelnen Mitgliedstaaten. Die EU darf dabei auch nicht Bereiche, für die sie eigentlich keine Kompetenz besitzt, mit dem vorgeschobenen Argument an sich ziehen, es handele sich um eine Frage des „Funktionierens des Binnenmarktes“. Um dies klarzustellen, ist die Bundesregierung gegen die Richtlinie vorgegangen. Dies mag im Falle eines Tabakwerbeverbots auf den ersten Blick missverständlich erscheinen, ist aber – wenn man an Zuständigkeiten in anderen Politikbereichen denkt – ein berechtigtes Anliegen.
Mit freundlichen Grüßen
Gez. Annette Widmann-Mauz MdB