Frage an Annette Widmann-Mauz von Klaus J.
Sehr geehrte Frau Widmann-Mauz,
werden Sie diesmal bei der Abstimmung für weitere Griechenlandhilfen (3. Hilfspaket) wieder mit "Ja" stimmen? Wissend dass auch dieser Mrd Betrag zum Fenster herausgeschmißenes Geld ist. Griechenland sollte erst einmal lernen wie Staat "geht".
Bei nicht staatlich gelenkten Umfragen sind ca. 90% gegen jede weitere Hilfen für Griechenland. Bei der nächsten BT Wahl werden sich diese Leute sicherlich mit dem Stimmzettel Gehör verschaffen.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Jaentsch
Sehr geehrter Herr Jaentsch,
haben Sie vielen Dank für Ihre Mail bezüglich der Situation in Griechenland und zu meinem Abstimmungsverhalten über die Aufnahme von Verhandlungen für ein drittes Hilfspaket. Ihre Bedenken und Zweifel an der Reformfähigkeit Griechenlands und gegenüber der Strategie von EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) kann ich sehr gut nachvollziehen. Auch habe ich größtes Verständnis über Ihren Unmut als Steuerzahler angesichts der bisherigen Hilfskredite. Gerne lege ich Ihnen meine persönliche Position zu dieser wichtigen Frage dar.
Wie Sie wissen, hat sich der Deutsche Bundestag am 17. Juli nach intensiver Debatte dafür ausgesprochen, konkrete Verhandlungen zur Ausgestaltung eines dritten Hilfs- und Anpassungsprogramms für Griechenland aufzunehmen. Ob es zu einem solchen Programm kommt, wird anhand der Umsetzung der Reformen in Griechenland entschieden werden. Damit wird sich der Deutsche Bundestag dann zu gegebener Zeit zu befassen haben.
Das griechische Parlament hat sich letztlich doch für einen harten und schmerzhaften Reformkurs ausgesprochen und erste Schritte eingeleitet. Das ist die Voraussetzung für weitere Verhandlungen in Europa. Denn die Hilfsprogramme sind nur dann sinnvoll, wenn es um Hilfe zur Selbsthilfe geht. Das gemeinsame Ziel war, ist und bleibt die Rückgewinnung von Handlungsfähigkeit in Griechenland selbst. Unter den Bedingungen der Mitgliedschaft in der Währungsunion will Griechenland wieder wettbewerbsfähig werden. Ob das Land die Kraft und die Entschlossenheit für diesen Weg aufbringt, werden die kommenden Wochen und Monate, wenn nicht Jahre zeigen. Das wird auch der Gradmesser für die Wiedergewinnung des Vertrauens sein, das die griechische Regierung unter ihrem Ministerpräsidenten Tsipras in den vergangenen sechs Monaten verspielt hat. Vertrauen unter den 18 Staaten in der Eurozone und den 28 Mitgliedstaaten in der Europäischen Union insgesamt ist die eigentliche Währung, auf die die weitere Zusammenarbeit gründet.
Nach meiner Überzeugung ist Europa weit mehr als eine Währungsgemeinschaft. Europa ist eine Werte- und Schicksalsgemeinschaft, die auf den Prinzipien Solidarität und Eigenverantwortung aufbaut. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble haben in den Verhandlungen in Brüssel deutsche Interessen gewahrt und europäische Überzeugungen und Gemeinsamkeiten hochgehalten. Wir müssen auch weiterhin angesichts der vielfältigen Krisen in der Welt, den Bedrohungen durch Islamismus und den Herausforderungen durch Flüchtlingsströme aus dem Balkan, dem Nahen Osten und Afrika alles dafür tun, dass Europa beieinander bleibt. Dazu haben die Staats- und Regierungschefs der EU, das griechische Parlament und der Deutsche Bundestag einen wichtigen Schritt getan.
Dass die Rettungsstrategie der Eurozone funktioniert, zeigen die Fortschritte in Irland und Portugal. Auch Spanien befindet sich auf einem guten Weg. Ebenso hat Griechenland wichtige Fortschritte gemacht und konnte 2014 erstmals wieder an den Markt für Staatsanleihen zurückkehren. Allerdings wurde die Reformagenda nicht vollständig umgesetzt. Dies muss die griechische Regierung jetzt unbedingt ohne Wenn und Aber nachholen. Die glaubhafte Umsetzung des vereinbarten Reformkurses durch Ministerpräsident Alexis Tsipras ist und bleibt die Bedingung für jegliche Finanzhilfen. Dafür braucht es unbedingt einen vertrauensvollen Umgang statt wiederholte Nebelkerzen und Verzögerungen der griechischen Regierung bei der Erfüllung verabredeter Maßnahmen. Ernsthafte griechische Eigenanstrengungen bleiben also weiterhin die Voraussetzung für die Gewährung gesamteuropäischer Solidarität. Bevor es aber zu einem dritten Hilfspaket für Griechenland kommt, muss die Regierung noch einen sehr schwierigen und mühsamen Weg gehen. Eine Erfolgsgarantie für die anstehenden Verhandlungen gibt es genauso wenig wie einen Automatismus für weitere Hilfen.
Mit freundlichen Grüßen
Annette Widmann-Mauz MdB