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Annette Widmann-Mauz
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Frage von Max-Christian K. •

Frage an Annette Widmann-Mauz von Max-Christian K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Wiedmann-Mauz,

Ich würde gerne von Ihnen wissen wie Sie zur geplanten Vorratsdatenspeicherung stehen. Falls Sie deren Einführung befürworten, würde ich gerne wissen mit welcher Begründung. Das Bundesverfassungsgericht hat im März 2010 die damalige Form, nach Beschwerden von fast 35000 Bürgern, abgelehnt. Dies tue ich auch da die anlasslose Speicherung der Daten aller Bürger mit einem Generalverdacht gegenüber jedem gleichsetze.

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Korn,

die grundgesetzlich geschützte Achtung des Privatlebens und der Schutz personenbezogener Daten haben auch für mich einen hohen Stellenwert. Gerne erläutere ich Ihnen meinen Standpunkt zur Speicherung von Verbindungsdaten.

Zunächst einmal möchte ich darauf hinweisen, dass dem mittelbaren Eingriff in die Grundrechte des Bürgers in Form der Speicherung von Verbindungsdaten gleichzeitig die staatliche Pflicht zur Strafverfolgung bei begangenen Straftaten sowie zum Schutz der Bürger vor Straftaten gegenüber steht. Hier gilt es ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Freiheit und Sicherheit zu garantieren.

Erfahrungsgemäß ist der Nutzen der sog. Vorratsdatenspeicherung größer als die von ihr ausgehenden Gefahren, zumal es nicht um die Speicherung von Inhalten geht. Als Gegenargument werden häufig die feigen Terroranschläge in Frankreich im Januar 2015 angeführt, die trotz geltender Vorratsdatenspeicherung nicht verhindert werden konnten. Fakt ist, dass das Instrument der Vorratsdatenspeicherung keine hundertprozentige Sicherheit gewährleisten kann. Allerdings ermöglicht sie eine effektivere Strafverfolgung. Dies hat u.a. die schnelle Aufklärung des Täternetzwerkes in Frankreich gezeigt.

Erfahrene Praktiker aus den Ermittlungsbehörden sowie die meisten Innenminister der Länder weisen uns auf die Notwendigkeit der Speicherung von Verbindungsdaten hin. Bei der Aufklärung von Gewaltverbrechen wie Mord, Totschlag oder Vergewaltigung hilft die Vorratsdatenspeicherung in besonderem Maße. Das gleiche gilt bei der Verfolgung terroristischer Verbrechen, zur Namhaftmachung von Mitgliedern terroristischer Netzwerke oder von solchen in der organisierten Kriminalität. Telekommunikationsverbindungsdaten spielen aber auch bei der Aufklärung von schweren Straftaten eine wichtige Rolle, bei denen das Internet als Tatmittel genutzt wurde, zum Beispiel bei der strafrechtlichen Verfolgung der Kinderpornographie. In diesen Fällen ist die aufgezeichnete IP-Adresse oftmals der erste und zunächst einzige erfolgversprechende Ermittlungsansatz für weitere Maßnahmen und daher unverzichtbar.

Als sinnvolles Werkzeug zur Gefahrenabwehr kann die Vorratsdatenspeicherung vor allem beitragen, wenn bei Polizei und Justiz die dafür notwendige personelle und technische Ausstattung zur Datenauswertung vorhanden ist. So hat der Bund 2015 insgesamt 400 neue Stellen bei der Bundespolizei geschaffen. Zudem hat sich die Koalition in Berlin darauf geeinigt, eine weitere Erhöhung des Etats der Bundespolizei vorzunehmen, der bereits um 100 Millionen Euro erhöht wurde. Allerdings sind die Bundesländer für die finanzielle Ausstattung der Polizei zuständig. Deshalb ist vor allem die Landesregierung Baden-Württembergs in der Pflicht, die Polizei mit den notwendigen Mitteln und Personalstellen auszustatten.

Die vom Bundesjustiz- und Bundesinnenminister vorgelegten Leitlinien zur Nutzung gespeicherter Verbindungsdaten orientieren sich an den strengen Maßgaben des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und enthalten klare Regeln zu Datensicherheit, Umfang der Datenverwendung, Löschung, Transparenz und Rechtsschutz. Eine lupenreine und unmissverständliche Gesetzesregelung ist mir besonders wichtig, damit kein diffuses und freiheitswidriges Gefühl von Bedrohung und Überwachung in Deutschland entsteht.

Ziel ist es, die Bürgerinnen und Bürger bestmöglich vor schwersten Verbrechen zu schützen. Deshalb befürworte ich eine gesetzliche Grundlage für die Speicherung von Verbindungsdaten. Es geht dabei vor allem um Daten, die die Telekommunikationsunternehmen schon heute zum Beispiel für die Telefonrechnung speichern. Die Übermittlung und Verwendung dieser Daten durch staatliche Ermittlungsbehörden darf nur anlassbezogen erfolgen. Sie setzt den Verdacht einer gesetzlich definierten Straftat oder konkreten Gefahr voraus. Ohne einen solchen Anlass – also in aller Regel – werden die Daten nach der festgesetzten Frist ohne weitere Nutzung schlicht bei den Providern gelöscht; keine staatliche Stelle bekommt sie jemals zu sehen. Damit besteht ein entscheidender Unterschied gegenüber Datensammlungen von Google, facebook, Payback etc., die die Daten in ihrer Gesamtheit gerade zu dem Zweck erheben, diese umfassend z.B. zu Werbezwecken auszuwerten und möglichst viel über möglichst viele Nutzer zu erfahren.

Es ist vernünftig, dass in absehbarer Zeit eine gesetzliche Regelung kommt. Ich bin überzeugt: Es wird gelingen, die notwendige und gebotene Balance zwischen Freiheit und Sicherheit zu wahren. BVerfG und der EuGH haben der Vorratsdatenspeicherung nicht generell eine Absage erteilt, sondern einen Rahmen für eine rechtliche Regelung gesetzt. Die grundrechtssensiblen Vorgaben wollen wir jetzt zügig umsetzen.

Die Leitlinien zur Einführung einer Speicherpflicht sehen dementsprechend vor, dass die IP-Adressen und Verbindungsdaten höchstens zehn Wochen gespeichert werden dürfen. Nach Ablauf der Speicherfrist müssen die Daten sofort gelöscht werden. Hält sich ein Provider nicht daran, wird dies mit einem Ordnungsgeld belegt. Komplett von der Speicherung ausgenommen werden sollen E-Mails. Standortdaten sollen maximal vier Wochen gespeichert werden. Auf sie darf nur vereinzelt zugegriffen werden; Bewegungsprofile sind nicht möglich. Die Daten müssen im Inland gespeichert werden. Nur zur Klärung schwerer Straftaten darf auf die Daten zugegriffen werden. Berufsgeheimnisträger werden besonders geschützt. Bei der Speicherung der Daten gilt die höchste Sicherheitsstufe für Provider. Um Strafbarkeitslücken zu schließen, wird zudem die „Datenhehlerei“ unter Strafe gestellt werden. Weiterhin ist vorgesehen, dass die Daten nur mit richterlicher Erlaubnis abgerufen werden dürfen. Betroffene sollen zudem grundsätzlich informiert werden. Die Ausnahme von Berufsgeheimnisträgern, die Beschränkung auf sehr schwere Straftaten, sehr klare Regelungen zum Datenschutz und zur Datensicherheit und beschränkte Speicherfristen sind richtig und notwendig.

In meinen Augen sind die vorgestellten Eckpunkte deshalb eine gute Arbeitsgrundlage für ein ausgewogenes und grundrechtskonformes Gesetz, da sie sicherstellen, dass die Freiheit und Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger nicht gegeneinander ausspielt werden können.

Mit freundlichen Grüßen

Annette Widmann-Mauz MdB

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