Frage an Anne Klatt von Fritz E. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrte Frau Klatt,
Zwar wohne ich nicht in Ihrem Wahlkreis, jedoch habe ich dort noch Familie, Freunde, Bekannte und auch daher liegt mir die Zukunft der Region weiterhin am Herzen.
Herr Berger hat bereits in die Richtung auch meiner Fragen gedeutet, jedoch fiel Ihre Antwort noch etwas spärlich aus - gab ja auch einiges zu antworten.
Daher habe ich weiterhin folgende Frage an Sie: Die NPD sitzt in M-V im Landtag. Gerade in den Ostregionen kann sie eine hohe Zustimmung verzeichnen. Sie verweisen in Ihrer Antwort an Herrn Berger bereits auf die "peripheren" Räume.
Vor diesem Hintergrund meine Frage: Was können, wollen und werden Sie - als Person selbst, aber auch als Partei - tun, um sozusagen die Demokratie in OVP zu verteidigen? Was wären Ihre Strategien, um auch in der Fläche den Menschen wieder Anknüpfungspunkte an Staat und Demokratie zu geben bzw. die NPD und andere Nazi-Organisationen zu verdrängen?
Mir geht es bei meiner Frage nicht in erster Linie um eine Auflistung von Projekten oder Geldern, die verteilt werden, sondern vor allem um den strategischen Aspekt.
Besten Dank für Ihre Antwort und schöne Grüße an den Norden!
Fritz Ebert
PS: Da Sie ja dann vielleicht im Bundestag sitzen, können Sie auf Landesebene sicherlich nicht alles mitgestalten. Daher würde ich mich freuen, wenn Sie meine Frage auch aus dem Blickwinkel der Landespartei beantworten könnten (zusätzlich oder alternativ). Besten Dank!
PPS: Sie sind noch Studentin. Wenn es nicht zu persönlich ist: Warum?
Lieber Herr Ebert,
eine sehr gute und wichtige Frage! Um eine Strategie zu entwickeln, muss man sich vorab natürlich erstmal über die Ursachen Gedanken machen. Damit es nicht "politikwissenschaftliche Spekulation" bleibt, finde ich es sehr wichtig, dass man zu den Leuten in die brenzligen Gebiete geht und ihnen zuhört. Genau diese Überlegung hat auch dahinter gesteckt, weshalb ich im Wahlkampf 3 x 4 Stunden in einige "schwierige Brennpunkte" gegangen bin. Interessant war, dass die meisten "den Staat" mit der Arge gleichgesetzt haben. Deswegen gehe ich davon aus, dass wenn man dort die Zustände und die Umgangsform gegenüber Arbeitssuchenden verbessert, dem Image des Staates und damit auch der Demokratie schon viel geholfen ist.
Den herkömmlichen Plan, dort auf große Industrieansiedlungen zu setzen, halte ich für illusionär. Stattdessen könnte kleine Initiativen besser unter die Arme gegriffen werden. Eine Frau in Demmin erzählte mir, dass sie gerne auf ihrem Hof ein bisschen Tourismus für Familien anbieten würde, sich aber von der Arge eher ausgebremst als unterstützt fühlt.
Das muss natürlich genau andersherum sein: Unternehmungen aus dem Volk heraus müssen kostenlose Schulungen und Beratungen, welche finanziellen Starthilfen es gibt, bekommen.
Wichtig ist auch gerade für die ländlichen Räume der Mindestlohn und die steuerliche Entlastung niedriger Einkommen. Gerade hier, wo die Konkurrenz um Arbeitsplätze so groß ist, schützt selbst ein Arbeitsplatz nicht vor Armut. Ein junger (ausgelernter!) Fleischer erzählte mir, dass er 4,50 Euro Stundenlohn bekommt und dazu noch viele unbezahlte Überstunden machen muss. Das in so einem reichen Land wie Deutschland! Wenn die Menschen hier von den Millionengehältern und -abfindungen lesen, brauchen wir uns nicht zu wundern, dass die Begeisterung die Demokratie schwindet. Daher: Umverteilung! Sowohl von Reichtum als auch von Arbeit. Schließlich gibt es viele Menschen, die mehr arbeiten (müssen), als sie eigentlich möchten.
Gerade auf dem Land, bieten sich natürlich Arbeitsplätze in der Landwirtschaft an. Die vielen gigantischen Massentierzucht- und -mastanlagen sind gigantische Arbeitsplatzvernichtungsanlagen (mal abgesehen von dem Tierleid) und sollten verhindert werden. Stattdessen ressourcenschonende, regionale Wertschöpfung gefördert werden. Wege dahin sind z.B. die Umverteilung der Mittel aus der ersten Säule der EU-Agrarsubventionen (Direktzahlungen) in die zweite Säule (Extensivierungsprogramme, Landschaftspflege,... ); Projekte zur regionalen Vermarktung (was mustergültig in einigen Biosphären-Reservaten gelingt) oder "produktionsintegrierte Kompensation von Eingriffen (d.h. dass durch Eingriffe in die Natur, die nach dem Naturschutzgesetz kompensiert werden müssen, nicht mehr durch z.T. unsinnige Renaturierungsmaßnahmen finanziert werden, sondern Landwirte dieses Geld für Verzicht auf Pestizide und dem damit verbundenen Einnahmeverlust bekommen.
Das sind so ein paar Ideen, die mir in den Kopf kommen. Für eine erfolgversprechende, umfassende Strategie, muss man sich sicherlich ersteinmal intensiv mit dem lokalen Akteuren an einen Tisch setzen und deren Ideen diskutieren und umsetzen.
Ich hoffe, dass Sie diese Antworten ersteinmal zufrieden stellen. Wenn nicht: bitte noch mal nachhaken ;)
Ach ja, mein Studium: Ich bin kurz davor meine Diplom-Arbeit zu schreiben. Während des Studiums habe ich ein halbes Jahr in Nepal bei einer sich selbstversorgenden Bauernfamilie gelebt, war während des Studiums die ganze Zeit auf verschiedenen Ebenen politisch aktiv, habe ein Semester ein Tutorium geleitet und habe an vielen Seminare und Vorlesungen teilgenommen, die nicht im Studienplan vorgesehen sind. Insbesondere die Philosophie-Veranstaltungen empfand ich als sehr bereichernd und Horizont erweiternd. Aber das kostet eben seine Zeit... ;)
Mit freundlichen Grüßen vom Greifswalder Bodden!
Anne Klatt