Frage an Anne Klatt von Martin S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Hallo Anne,
es freut mich, daß sich mit Dir auch eine junge Kandidatin zur Wahl stellt. Aus den Antworten auf die bisher schon gestellten Fragen, glaube ich einen herzerfrischenden Idealismus herauslesen zu können. Dennoch möchte ich Dir zwei Fragen stellen:
In den Jahren der Regierungsbeteiligung der GRÜNEN hat sich die deutschen Außenpolitik zunehmend militarisiert. Als Außenminister spielte Joseph (Joschka) Fischer dabei eine herausragende Rolle.
Was sagst Du zu der Entwicklung, die Deine Partei genommen hat?
Außerdem interessiert es mich, was Du dazu sagst, daß die GRÜNEN mehr und mehr englische Formulierungen verwenden, die sich vielen Menschen nicht erschließen (green new deal).
Bis bald
Martin
Lieber Martin,
zu der außenpolitischen Entwicklung der Grünen:
Ich bin sehr froh, dass die Partei vom Fischer-Kurs wieder in eine deutlich kritischere Haltung gegenüber Kriegseinsätzen zurückgekehrt ist. Dennoch bin ich ziemlich enttäuscht, dass sie nicht viel härter mit dem Afghanistan-Einsatz ins Gericht geht und die reale Entwicklung dort öffentlich machen. Ich teile die grüne Auffassung, dass wir uns nicht einfach verantwortungslos aus dem Scheitern zurückziehen können und die Forderungen, die Mittel in den zivilen Wiederaufbau zu stecken, anstatt ins Militär, teile ich auch. Wenn ich aber sehe, welchen Effekt das hat (nämlich keinen; es werden immer noch 10 mal so viele Mittel in den Krieg gesteckt, wie in Schulen, Polizei usw.), wünsche ich mir eine vehementere Opposition gegen das Vorgehen der Regierung.
Ich finde den Vorschlag von Dr.Matin Baraki interessant, wonach die Internationale Islamkonferenz oder die Gemeinschaft Blockfreier Staaten dafür sorgen sollen, einen Bürgerkrieg solange fernzuhalten, bis sich Afghanistan wieder selbst organisiert. Die Nato-Truppen hätten sich nach Baraki durch ihr Vorgehen sämtliche Akzeptanz selber zunichte gemacht und erzeugt mehr Widerstand als Stabilität. Wichtig für die afghanischen Bauern auch, dass die durch EU-Exportsubventionen gestützten billigen Nahrungsmittelimporte den afghanischen Markt nicht kaputt machen (was sie derzeit tun).
Fazit: ich bin sehr, sehr skeptisch gegenüber militärischen Einsätzen im Ausland. Wenn irgendwo ein Völkermord geschieht, darf die internationale Staatengemeinschaft aber auch nicht wegsehen. Allerdings dürfen solche Einsätze niemals aus strategischem Interesse eines einzelnen Staates geführt werden!
Zu den englischen Formulierungen:
Das ist sicherlich ein Nebeneffekt des Internets ;) Das Wahlkampfkonzept heißt aber "Grüner neuer Gesellschaftsvertrag" und nicht Green New Deal. Ich denke, dass man mit dieser Sprache viele jüngere Menschen erreicht, die sich für "verstaubte" Poltikersprache nicht erwärmen können. Außerdem ist Sprache nun einmal dynamisch und nicht konservierbar. Dennoch sollten wir natürlich darauf achten, dass wir für alle verständlich bleiben und daher nehme ich deinen Hinweis als Anregung, in Zukunft auf einen vorsichtigen und sparsamen Umgang mit englischen Begriffen zu achten - Danke dafür!
Lieber Gruß!
Anne