Frage an Anne Franke von Dominique S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Franke,
die GRÜNEN verstehen sich ja seit jeher als politscher Arm des Feminismus.
Nun, da mein 6jähriger Sohn nächste eingeschult wird, folgende Frage an Sie:
Dezember 2007 wurde in der Studie „Bildungs(Miss)erfolge von Jungen und Berufswahlverhalten bei Jungen/männlichen Jugendlichen“ des Bundesbildungsministeriums festgestellt, dass Jungen in allen Fächern bei GLEICHER Kompetenz schlechtere Noten erhalten.
Wie sagte schon unsere Vorkämpferin Frau Schwarzer: "Wir müssen es den Jungs schwerer machen, damit es die Mädchen leichter haben."
Und so bin ich natürlich stolz, dass mein Sohn zukünftig trotz gleicher Leistung schlechter Noten erhalten wird als seine Mitschülerinnen, und er damit einen weiteren Beitrag zum ENDgültigem Sieg des Feminismus leisten kann.
Frau Franke wie stehen Sie zu den Ergebnissen der oben genannten Studie, dass Junges bei gleicher Leistung in der Schule schlechtere Noten erhalten als Mädchen ?
Werden Sie sich ganz im Sinne der Parteilinie dafür einsetzen, diese "positive" Diskreminierung der Jungen weiter zu vergrößern, damit "Mädchen es leichter haben" ?
Ob haben Sie etwa eine andere Ansicht dazu ?
Mit feministischen Gruß
D. Strauss
Sehr geehrte Frau Strauss,
diese Studie kenne ich bisher nicht. Ich habe gerade versucht, sie auf des Website des Bildungsministeriums zu finden - leider ohne Erfolg. Wie dem auch sei – Ich kann auf keinen Fall die Aussage von Frau Schwarzer unterstützen.
Ich bin sehr für die Gleichberechtigung der Geschlechter, aber in keinem Fall auf Kosten des anderen. Das muss auch keinesfalls sein. Wichtig ist, jedem die gleichen Chancen durch Erziehung, in Schule und Beruf zu geben. Frauen verdienen bei gleicher Qualifikation durchschnittlich immer noch 24% weniger als Männer. Daran müssen wir weiter arbeiten.
Ich habe in der Zeit, in der meine beiden Töchter an der Schule sind und waren, – wie viele Studien – auch oft beobachtet, dass Mädchen im Durchschnitt bessere Noten hatten, dass aber ganz an der Spitze oft ein Junge mit exzellenten Leistungen war. Meine Töchter haben mir oft erzählt, dass Jungs in der Klasse gerne durch Scherze und Witze brillieren, während Mädchen versuchen etwas vom Unterrichtstoff mitzubekommen. (Es gibt viele Aktivitäten, die Zeit kosten und nicht durch Noten messbar sind. Ich meine, andere zum Lachen zu bringen, ist eine hervorragende, wichtige Eigenschaft, die auch trainiert werden muss.)
Wir wissen alle, dass unser Schulsystem nicht aus allen Kindern das Beste herausholt und fördert. Viel zu sehr steht die Auslese im Vordergrund. Beispiel: Am Gymnasium Gauting gibt es seit einigen Jahren Hochbegabtenklassen. Dort beträgt die Klassenstärke 15 - 20 Schüler. Ich meine, wenn ein schlechter Schüler die Chance hätte, in einer so kleinen Klasse unterrichtet zu werden, würde er auch bessere Noten schreiben. Wir brauchen generell kleinere Klassen, weniger Frontalunterricht, ganzheitliche Lernkonzepte wie in Montessori- oder Waldorfschulen, eine gute pädagogische Ausbildung für Lehrer und einen respektvollen Umgang zwischen Schülern und Lehrern. Diskriminierung ist für mich und generell für die Grünen etwas, was wir überwinden wollen – in jeder Hinsicht.
Und auch dafür brauchen wir eine bessere Betreuung von Kindern von Anfang an, damit jedes Kind in der Schule die gleichen Chancen hat. Investition in Bildung ist gleichzeitig Sozialpolitik. Unsere Kinder sind unser wichtigstes Gut – das dürfen wir nicht durch schlechte Bildung vergeuden.
Ich wünsche Ihnen und Ihrem Sohn alles Gute, einen wunderschönen Schulstart und, dass er gute Lehrer und nette Mitschüler bekommen möge und ihm die Schule möglichst lange Spass machen möge
Ihre
Anne Franke