Frage an Anne Alter von Georg W. bezüglich Verkehr
Rund 60.000 Unfälle im MIV (Motorisierten Individualverkehr) darunter rund 30 Todespfer des MIV jährlich im Hamburg sind hinreichend genug Grund, den Autoverkehr komplett ad acta zu legen.
Aber wie will die Piratenpartei das bewerkstelligen, indem sie die kostenlose Benutzung des ÖPNV durchsetzen will?
Freilich ist es zunächst deutlich preiswerter, den ganzen MIV und die damit verbundenen erheblichen Kosten (Stichworte: Schlaglöcher, Unfallfolgekosten, Polizei- und Verkehrsaußendienstmitarbeiterinnen und -mitarbeiter-Personalkosten etc.) einzusparen und dafür kostenlose ÖPNV-Angebote bereit zustellen. Aber langfristig betrachtet muss auch der ÖPNV finanziert werden und es wäre nur recht und billig, wenn diejenigen, die den ÖPNV in Anspruch nehmen, dafür auch was bezahlen.
Bleibt realistisch und tut wirklich was gegen den Autoverkehr! Autostraßen zurückbauen statt ausbauen, konsequente Vorrangregelungen für ÖPNV-Verkehrsmittel, Buscaps und Stadtbahnen mit Haltestellen, die so konzipiert sind, dass Autos grundsätzlich hinten anstehen müssen, wenn der Bus/die Bahn hält. Und wagt es auszusprechen, was immer mehr Menschen klar wird: Mobilität geht ohne Auto viel besser als mit!
Warum fordert die Piratenpartei verkehrspolitisch nicht das naheliegende, das freilich den Autofahrer schmerzen wird, anstatt populistisch den ÖPNV-Nulltarif zu propagieren? Ich selbst wohne in Hannover wo freilich auch noch vieles verkehrspoltisch im Argen liegt. Aber ich besuche häufiger Hamburg und bin deshalb neugierig auf Ihre Antwort.
Sehr geehrter Weil,
zunächst sind wir nicht der Meinung, dass ein kostenloser ÖPNV populistisch ist; er ist für viele Hamburger ein wichtiges oder gar das einzige Verkehrsmittel, um sich in der Innenstadt zu bewegen. Zudem gibt es in Hamburg nicht nur Hartz IV-Empfänger, die sich weder die Nutzung des ÖPNV leisten können noch einen PKW, wir haben auch die versteckte Arbeitslosigkeit derer, die sich in Maßnahmen der Arbeitsagentur befinden oder Minijobs bekleiden, deren Entlohnung kaum für eine regelmäßige Nutzung des HVV ausreicht.
Für uns ist der Aspekt der bedingungslosen gesellschaftlichen Teilhabe sehr wichtig, und den würde man durch eine kostenfreie Nutzung des HVV unterstützen. Diese würde auch dazu beitragen, mehr Menschen zum Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel zu bewegen. Wir setzen hier zunächst mehr auf Freiwilligkeit durch attraktive Angebote als auf eine rigide Verbotspolitik. Zur Finanzierung favorisieren wir ein Modell, das alle einbezieht, die vom kostenfreien öffentlichen Nahverkehr profitieren: Die öffentliche Hand, Arbeitgeber, Einwohner und die Tourismusbranche.
Zudem wäre ein Verbot des PKW-Verkehrs, so wünschenswert eine autofreie Stadt Ihnen auch erscheinen mag, ein Ziel, das in weiterer Ferne liegt als ein kostenfreier HVV. Denn es genügt nun mal nicht, das Autofahren einfach zu verbieten, man muss gangbare Alternativen bieten, und so weit ist Hamburg nicht, denn die Kapazitäten des HVV würden auf vielen Strecken nicht ausreichen, die neuen Fahrgäste aufzunehmen, zudem ist das Netz noch nicht weit genug ausgebaut.
Unser Programm sieht keine Förderung des Individualverkehrs vor, stattdessen stärken wir andere Formen der Mobilität.
Mit freundlichen Grüßen
Anne Alter