Frage an Annalena Baerbock von Christian J. bezüglich Migration und Aufenthaltsrecht
Hallo Frau Baerbock,
mit Interesse sehe ich, dass sie sich vehement für die Aufnahme der Flüchtlinge an der Grenze Türkei/Griechenland nach Deutschland einsetzen.
Dazu meine Frage:
Wenn die Türkei alle Flüchtlinge aus ihren Lagern nach Griechenland schicken würde und diese dann irgendwann die Grenze passieren, würden sie dann alle ohne Obergrenze in Deutschland aufnehmen?
Mit freundlichen Grüßen,
C. J.
Sehr geehrter Herr Jendel,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Flüchtlingspolitik kann nur gemeinsam mit den europäischen Mitgliedstaaten erfolgreich sein. Derzeit werden notwendige Reformen in der europäischen Flüchtlingspolitik durch nationalistische Regierungen einiger Mitgliedstaaten blockiert. Wir sagen dazu: Nationale Alleingänge und eine militärische Abschottungspolitik schaden allen.
Dennoch muss sich die Situation in Griechenland dringend ändern. Deutschland muss handeln und ein Kontingent von besonders schutzbedürftigen Asylsuchenden aufnehmen und darf nicht tatenlos dabei zusehen, wie auf europäischen Mittelmeerinseln Zustände wie in einem Katastrophengebiet herrschen.
Darauf weiter zu warten, dass es eine gemeinsame europäische Lösung gibt, ist den Menschen in den griechischen „Hotspots“ nicht zuzumuten. Seit vier Jahren beschäftigen wir uns im Bundestag immer wieder mit den katastrophalen Unterbringungs- aber auch Asylverfahrensbedingungen in den griechischen Hotspots. Die griechische Regierung hat selbst mehrfach die europäischen Staaten ersucht, Asylsuchende zu übernehmen, weil man komplett überfordert ist.
Die grüne Bundestagsfraktion Fraktion hat einen Antrag (https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/168/1916838.pdf) eingebracht, der Maßnahmen benennt, mit denen die Bundesregierung konkret die Situation der am schlimmsten betroffenen Asylsuchenden verbessern, ja sogar Leben retten kann. Dazu gehört die Aufnahme eines Kontingentes von 5000 besonders Schutzbedürftigen (zum Beispiel Kinder, Schwangere, alte und kranke Menschen) aus den griechischen Flüchtlingslagern und die schnelle und unbürokratische Umsetzung des Familiennachzuges nach der Dublin-Verordnung. Sie sieht humanitäre Spielräume vor, die der Bundesinnenminister endlich ausschöpfen muss. Er kann den in der Dublin-Verordnung vorgesehenen „Selbsteintritt“ für die Durchführung des Asylverfahrens nutzen und für eine überschaubare Zahl von 5000 besonders Schutzbedürftigen Menschen - Kindern, Schwangere, Kranke die Asylverfahren in Deutschland durchführen.
Das von uns Grünen geforderte Aufnahmeprogramm wäre vor diesem Hintergrund ein erster wichtiger Schritt hin zu europäischer Solidarität mit Griechenland als offensichtlich völlig überlasteten EU-Außengrenzstaat.
Mit freundlichen Grüßen
Team Annalena Baerbock