Wann wird es einheitliche Standards für Grundschulen geben, auf die sich Eltern verlassen können? Halten Sie 3 Stunden Religion und 1-2 Stunden Englisch pro Woche für eine zukunftsorientierte Lösung?
Sehr geehrte Frau Stolz,
wann wird es Qualitätsstandards in den Grundschulen in Bayern geben, auf die sich Eltern und Schüler/innen in Bayern verlassen können? Dieses Schulsystem ist in die Jahre gekommen. Es gibt Gestaltungsspielraum hinsichtlich Notenschlüssel. Dieser nimmt wiederum Einfluss auf das Übertrittszeugnis mit Eignungsvermerk. Auch werden Mittagsbetreuungsmöglichkeiten bei Bedarf individuell angepasst und wenn nötig die Plätze begrenzt . Die Stundentafel für 2024/2025 lässt keine Ausrichtung für eine zukunftsorientierte Bildung erkennen und weicht bisherige Verlässlichkeiten auf. In Zeiten der nationalen u internationalen Vernetzung, die in allen öffentlichen und nicht öffentlichen Bereichen Einfluss nimmt, sollte Englisch kein Schattendasein in bayerischen Grundschulen haben.
Ich würde mich sehr freuen, wenn es zumindest eine lebendige Debatte darüber geben würde wie sich die Schulen zukunftssicher aufstellen werden mit allen dafür nötigen neuen Arbeitweisen/Standards.
Sehr geehrte Frau S.,
Vielen Dank für Ihre Frage!
Die Ergebnisse der jüngsten nationalen und internationalen Vergleichsstudien weisen auf einen deutlichen Rückgang der sprachlichen und mathematischen Kompetenzen hin. Mit der PISA-Offensive Bayern haben wir ein umfassendes und zukunftsweisendes Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht, das qualitätssichernde Maßnahmen auch und insbesondere mit dem Ziel einer Stärkung der grundlegenden Kompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen zum Ziel hat. In diesem Zusammenhang erhalten auch die Fächer Deutsch und Mathematik mit insgesamt sechs zusätzlichen Wochenstunden künftig einen höheren Stellenwert in der Stundentafel.
Um das Mehr an Unterrichtszeit in Deutsch und Mathematik bestmöglich zu nutzen, sieht das Rahmenkonzept neben der Neuausrichtung bzw. Flexibilisierung der Stundentafel insbesondere folgende qualitätssichernde Maßnahmen vor, die im Rahmen der Unterrichtsentwicklung von unseren gut ausgebildeten Lehrkräften vor Ort umgesetzt werden:
- Wissenschaftsbasierte Diagnose: Jede Grundschullehrkraft in Bayern hat ihre Klasse genau im Blick und sorgt schon heute dafür, die bestmögliche Förderung für jede Schülerin und jeden Schüler zu gewährleisten. Künftig stellen wir den Grundschulen wissenschaftsbasierte Diagnoseinstrumente zur Verfügung, mit denen sie die Lernausgangslage und der Lernzuwachs der Schülerinnen und Schüler erheben können.
- Einsatz innovativer Programme und Materialien: Ausgehend von der Erhebung der Lernausgangslage wird im Anschluss mit evidenzbasierten und damit erwiesenermaßen wirksamen Programmen eine durchgehende und verbindliche Förderung erreicht. Hierzu steht allen bayerischen Grundschulen im Bereich Lesen schon jetzt die Fachintegrierte Leseförderung Bayern (FiLBY) zur Verfügung.
- Fortbildungsoffensive: Um einen qualitätsvollen, an den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen orientierten Unterricht zu gewährleisten, werden unsere Lehrkräfte insbesondere mit Blick auf die Vertiefung der Basiskompetenzen in Deutsch und Mathematik fortlaufend professionalisiert.
Darüber hinaus darf ich Ihnen versichern, dass wir um das Potenzial eines frühen und intensiven Kontakts zur Fremdsprache wissen. Hinsichtlich der Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrags der Grundschule ist eine ganzheitliche Bildung ein unverzichtbarer Bestandteil. Hierzu leistet auch das Fach Englisch einen wesentlichen Beitrag, da es nachhaltig für das weitere (Fremd-)Sprachenlernen motiviert und die Entwicklung interkultureller Kompetenzen fördert.
Mit Blick auf die Bedeutung des Faches Englisch für die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder und für eine ganzheitliche Bildung, kommt es im Rahmenkonzept der PISA-Offensive Bayern deutlich zum Tragen und bleibt integraler Bestandteil des Fächerkanons der Grundschule.
Im Rahmen der Neuausrichtung der Stundentafel stehen für das Fach Englisch in den Jahrgangsstufen 3 und 4 jeweils bis zu zwei Stunden zur Verfügung. Dies entspricht dem bisherigen Stundenumfang. Die Schule kann sich dafür entscheiden, den Stundenansatz auf eine Stunde zu reduzieren. Dieser Schritt ist aber nicht zwingend: Vielmehr hat jede Schule auch die Möglichkeit, den bisherigen Stundenumfang für das Fach Englisch beizubehalten. Sie entscheidet eigenverantwortlich und mit Blick auf Schülerschaft, Schulstandort und Schulprofil, welche der gegebenen Flexibilisierungsmaßnahmen sie nutzt.
Der Religionsunterricht ist verfassungsrechtlich garantiert. Sein Umfang wird gemäß Kirchenverträgen im Einvernehmen mit den Kirchen festgelegt. In Verantwortung der Kirchen werden die Lehrplaninhalte festgelegt. Der bereits begonnene, vertrauensvolle Dialog mit den Kirchen und die damit verbundene, gemeinsame Arbeit an der Weiterentwicklung des Religionsunterrichts in Bayern wird fortgesetzt.
Weitere Informationen zur PISA-Offensive Bayern finden Sie unter PISA-Offensive Bayern | Bildungspolitische Schwerpunktthemen | Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus.
Alle staatlichen bayerischen Schulen, darunter auch alle Grundschulen, orientieren sich an verbindlichen Qualitätsstandards, die regelmäßig überprüft werden. Ein wichtiges, wissenschaftsbasiertes Instrument dafür ist die externe und die interne Evaluation. Im Zuge der internen Evaluation überprüfen sich die Schulen in regelmäßigen Abständen selbst, um Qualitätsstandards zu sichern und sich stetig weiter zu verbessern. Mit Hilfe der externen Evaluation analysieren speziell geschulte Fachkräfte den Schulbetrieb und geben der Schule eine detailreiche Rückmeldung, die anschließend mit der Schulaufsicht erörtert wird. Daraufhin werden Ziel- und Handlungsvereinbarungen geschlossen, die wiederum Eingang in das innerschulische Qualitätsmanagement finden. Weitere Informationen hierzu finden sich beispielsweise im bayerischen Qualitätstableau, das auf der Homepage der Qualitätsagentur des Bayerischen Landesamts für Schule einsehbar ist (www.las.bayern.de).
Die Leistungsbewertung in der Grundschule erfolgt grundsätzlich in pädagogischer Verantwortung der jeweiligen Lehrkraft. Zudem ist es Aufgabe der Schulleitung, auf die Angemessenheit der Aufgabenstellungen in Leistungsnachweisen und deren Bewertung durch die Lehrkräfte zu achten. Dazu gehört auch, dass die Bewertungsmaßstäbe der Lehrkräfte einer Schule eine gewisse Vergleichbarkeit aufweisen. Ein gemeinsamer Notenschlüssel, der für alle Grundschulen verpflichtend ist, existiert nicht. Dies eröffnet einen pädagogischen Handlungsspielraum, um der oft sehr spezifischen Situation in einer Grundschulklasse gerecht werden zu können.
Aus Verantwortung für die rund 110.000 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 4 halten wir am bewährten Prinzip des kind- und begabungsgerechten Übertritts und der damit verbundenen Schullaufbahnempfehlung fest. Die Bindung des Übertritts an bestimmte Leistungsvoraussetzungen ist eine unabdingbare Voraussetzung dafür, dass jeder Schülerin bzw. jedem Schüler eine Förderung und Forderung zukommt, die ihrer bzw. seiner individuellen Leistungsfähigkeit bestmöglich gerecht wird.
Der bedarfsgerechte und flächendeckende Ausbau schulischer Ganztagsangebote ist dem Kultusministerium ein sehr wichtiges Anliegen. Um Familie und Beruf für Eltern und Erziehungsberechtigte noch besser vereinbar zu gestalten, wurden und werden große Anstrengungen unternommen, um die Zahl an verfügbaren ganztägigen Bildungs- und Betreuungsangeboten an den Grundschulen zu erhöhen.
Mit freundlichen Grüßen
Anna Stolz