Frage an Anna Lührmann von Manfred E. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Lührmann,
die geplante Rentenerhöhung von 1,1% wird von Ihnen und auch gerade von den jüngeren Abgeordneten kritisiert.
Es wird wiederholt das Demografieproblem strapaziert und auf das Mackroth-Theorem verwiesen, in dem die Problematik des demografischen Wandels aufgezeigt wird.
Dabei wird übersehen oder verdrängt, dass das Mackroth-Theorem eindeutig aussagt, dass beide Systeme: umlagefinanzierte Rentenversicherung GRV und kapitalgedeckte Rentenversicherung in etwa gleich auf Veränderungen der Demografie, der Erwerbsquote, der Produktivität und des Wirtschaftswachstums reagieren.
Zu berücksichtigen ist, das die gesetzliche Rentenversicherung mit ca. 1,6 % Verwaltungsaufwand wesentlich effizienter ist, als die private Vorsorge. Bei den Finanzdienstleistern entstehen durch Provisionen und Verwaltungsgebühren dagegen Kosten von ca. 10 bis 20 Prozent, die der Versicherungsnehmer allein trägt.
Die private Vorsorge ist darüber hinaus weiteren Risiken ausgesetzt, wie z.B.: Börsencrashs, Inflation und Finanzkrisen, die bis in die jüngste Vergangenheit immer wieder Pensionsfonds vernichtet und private Altersversorgungssysteme zusammenbrechen lassen haben.
Auch die jüngere Generation profitiert schon heute von einer Rentenerhöhung, da sich der Renteneckwert als Basis für die eigene, spätere Rente erhöht.
Sind Ihnen und den jüngeren Abgeordneten diese Zusammenhänge nicht klar, oder stimmen Sie den einmal von der Regierung eingeschlagenen Weg, Reduzierung der staatlichen Rente, Abbau der Lohnnebenkosten (Entlastung der Arbeitgeber) und Aufbau einer privaten Altersversorgung mit den zuvor aufgezeigten Risiken bedenkenlos zu?
Halten Sie den Umbau der gesetzlichen Rentenversicherung durch die Demografieproblematik begründet, wirklich für alternativlos?
Tipp: Viele überzeugende Hinweise, wie man die Themen auch beurteilen kann, finden Sie auf der Internetplattform. http://www.nachdenkseiten.de
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Ehrich
Sehr geehrter Herr Ehrich,
vielen Dank für Ihren Beitrag.
Ja, ich halte die von rot-grün durchgeführten Rentenreform für notwendig. Ein umlagefinanziertes Rentensystem wie die Gesetzliche Rentenversicherung kann dauerhaft nur funktionieren, wenn die nachfolgenden Generationen in der Lage und gewillt sind, die Renten der heutigen Beitragszahler zu finanzieren. Seit Jahrzehnten vollziehen sich Entwicklungen, welche den Altersaufbau der Bevölkerung verändern: Die Geburtenrate bleibt hinter dem zurück, was zur Stabilisierung der Bevölkerungszahl erforderlich wäre, die Lebenserwartung steigt. Die verbreitete Praxis des vorgezogenen Ruhestands führt zu einer faktischen Senkung des Renteneintrittsalters. Der Anteil der Älteren bzw. der Rentnerinnen und Rentner hat sich fortlaufend erhöht. Die finanziellen Forderungen gegenüber den Beitragszahlern sind gestiegen und werden für die kommenden Generationen noch zunehmen.
Die Menschen, welche bereits im Ruhestand sind und in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen werden, leisten ihren Beitrag zur Stabilisierung der gesetzlichen Rentenversicherung, indem sie akzeptieren, dass ihre Renten etwas langsamer steigen werden als sie ohne Reformen gestiegen wären.
Die heute junge Generation leistet ebenfalls ihren Beitrag zur Stabilisierung der gesetzlichen Rentenversicherung, indem sie zusätzlich privat vorsorgt. Die ergänzende Vorsorge kann und soll ihren Lebensstandard teilweise sichern. Auf diese Weise können die Ausgaben kommender Generationen für die Gesetzliche Rentenversicherung begrenzt werden, die gleichwohl höher ausfallen müssen als für jede Generation zuvor. Die heute junge Generation wird für eine Lebensstandardsicherung im Alter zusätzlich vorsorgen müssen, wiewohl die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung höher ausfallen als für jede Generation zuvor. Die Ökosteuer hat zu Senkung der Beitragssätze beitragen können. Gleichwohl liegen sie immer noch deutlich über den Beitragssätzen in den vergangenen Jahrzehnten. Wir setzen uns aus diesem Grund weiterhin dafür ein, die Beiträge zu senken. Auch setzt sich unsere Fraktion dafür ein, den Bürgerinnen und Bürger mehr Möglichkeiten der Eigenvorsorge zu eröffnen.
Die Reform hat auch die Bürgerinnen und Bürger, welche bereits im Ruhestand sind an der Konsolidierung beteiligt. Sie hat sich nicht darauf beschränkt, wie viele Reformen zuvor, lediglich die Berechnung der Renten zu verändern (und damit automatisch nur jene zu belasten, die noch nicht in Rente sind).
Noch eine Anmerkung zum Vergleich der gesetzlichen und privaten Vorsorge. Es ist richtig, dass die Rentenversicherung einen geringen Verwaltungsaufwand hat. Die Rentenversicherung hat aber auch eine bescheiden kleine Rendite. Für einen durchschnittlich verdienenden Versicherten mit 45 Beitragsjahren, der 2030 in Rente geht, ergeben die Modellrechnungen je nach Geschlecht, Familienstand und Alter des Versicherten bei Rentenbeginn Renditen zwischen 2,6 bis 3,1 Prozent. Bei kapitalgedeckten Versicherungen kann diese Rendite viel größer ausfallen.
Mit freundlichen Grüßen,
Anna Lührmann