Frage an Anna Christmann von Steffen K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Zum Thema Bürgerentscheid, möchte ich gerne wissen, warum ein solcher zwangsläufig bindend sein muss?
Ich würde einen Bürgerentscheid als Stimmungsbarometer sehen, der zu einer politischen Entscheidungsfindung im Parlament beiträgt, diese aber nicht bindet. Das Volk hat in heutiger Zeit, wo sich keiner mehr vernünftig mit den Themen beschäftigen will, nicht den vollständigen Überblick über alle Fürs und Widers und trifft in der Regel Bauchentscheidungen. Ich bin mir nicht sicher, ob hier das Prinzip der "Intelligenz der Masse" immer zutrifft!
Über Ihre Meinung zu dieser Frage würde ich mich sehr freuen und wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Wahl!
Mit freundlichen Grüßen,
S. K.
Lieber Herr K.,
ich könnte mir gut vorstellen, dass man eine Volksinitiative zweistufig gestaltet. Das bedeutet, dass ein Gesetzesvorschalg zunächst mit einem bestimmten Zahl Unterschriften in den Bundestag eingebracht und dort beraten wird. Wenn jedoch das Ergebnis dieser Beratung für die Initianten nicht zufriedenstellend ist, muss es die Möglichkeit geben, einen verbindlichen Volksnetscheid durchzuführen - sonst ist das Instrument nicht sehr wirkungsvoll. Erfahrungen aus der Schweiz zeigen, dass die Menschen, die an einer Abstimmung teilnehmen, sich in der Regel gut informieren. So sind die Schweizer zum Beispiel in vielen Fragen der EU besser informiert als Menschen in EU Ländern, weil sie schon mehrfach darüber abgestimmt haben. Entscheidend ist, dass wir nicht über Grundrechte abstimmen. Daher würde ich auch nur eine Volksinitiative aus Gesetzesebene empfehlen. Das Grundgesetz bliebe damit immer unangetastet und würde auch den Rahmen bieten, in dem überhaupt neue Gesetze eingeführt werden können. Über die Einführung der Todesstrafe könnten wir dann zum Beispiel nicht abstimmen. In anderen Sachfragen dürfen wir unserer Demokratei aber durchaus etwas mehr zutrauen, finde ich :)
Herzliche Grüße
Anna Christmann
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