Wie würden Sie unsere Schulen digital fit machen?
Sehr geehrte Frau Domscheit-Berg, Ich bin eine Schülerin aus Brandenburg und würde gerne mehr zum Thema Digitalisierung in den Schulen wissen. Sie haben schon davon gesprochen, dass Sie die Schulen digitalisieren wollen, aber mit welchen Mitteln wollen Sie das anstellen? Würde es z.B. heißen, dass in jedem Klassenzimmer ein Smartboard wäre?
Mit freundlichen Grüßen Marie
Liebe Marie,
schön von dir zu hören. Es ist mir ein sehr großes Anliegen, digitale Bildung an Schulen voran zu treiben. Nicht nur seit der Pandemie ist klar, wie viel bisher versäumt wurde.
Zunächst müssen die Grundvoraussetzungen stimmen, das heißt Schulen brauchen schnelles Glasfaser-Internet, Lehrkräfte und Schüler:innen Endgeräte, diese müssen von schulinternen IT-Administrator:innen gewartet werden und ja, auch Smartboards gehören idealerweise in jedes Klassenzimmer. Zudem sind entsprechende pädagogische Konzepte und gute Inhalte für digitales Lernen (also WIE man digital lernt und WAS man über die digitale Gesellschaft lernt) nötig. Im Lehramtsstudium muss digitale Bildung fester Bestandteil sein, inklusive einer Sensibilisierung in Sachen Nachrichtenkompetenz und Datenschutz. Damit es überall in Deutschland gute digitale Bildung für alle Kinder geben kann, braucht es eine Änderung im Grundgesetz, denn Bildung muss Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Länder werden, zur Zeit gibt es leider ein sogenanntes Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern, was verhindert, dass bundesweite Standards gelten und dass die Finanzierung nachhaltiger ist. Ein einzelnes Finanzierungsprogramm wie der Digitalpakt reicht einfach nicht aus.
Apropos, es ist fast Halbzeit für den Digitalpakt, der soll die digitale Infrastruktur der Schulen finanzieren und läuft noch bis 2024. Leider sind aber bisher nur etwa ein Viertel der Gelder in den Schulen angekommen. Das liegt vor allem an großen Verwaltungshürden. Zusätzliche Förderpakete wie die Corona-Sofortprogramme für Endgeräte (Laptops und Tablets) und IT-Admins verzögern sich wegen Lieferschwierigkeiten für die Geräte und den Fachpersonalmangel.
Wichtig ist mir vor allem, dass alle an digitaler Bildung teilhaben können. Egal ob ein Kind aus einer reichen oder armen Familie, in der Stadt oder auf dem Land wohnt. Ein Tablet oder Laptop gehört zur Bildungsaustattung. Ein gutes Beispiel können wir uns an Uruguay nehmen, dort bekommt jedes Kind zur Einschulung einen Laptop geschenkt. Und es ist mir wichtig, dass in der Schule nicht nur der Umgang, sondern auch die Gestaltung des digitalen Raums gelehrt wird. Mädchen und Jungs sollten frühzeitig an die technische Seite herangeführt und neugierig gemacht werden. Dafür setze ich mich beispielsweise mit Spenden von Klassensätzen an Calliope Mini-Computern ein, ein ideales Werkzeug zum Einstieg in das Programmieren schon ab der dritten Klasse. Die erste Einführungsstunde gebe ich dann fast immer persönlich, es macht mir Spaß mitzuerleben, wie begeistert die Kinder den kleinen Calliope ausprobieren, schau mal unter www.calliope.cc, was man alles damit anstellen kann! Zu digitaler Bildung gehört für mich aber auch eine Art offene Werkstatt mit diversen modernen Geräten, wie 3D Druckern, Lasercuttern oder der Umgang mit Lötgeräten, zum Zusammenbauen von Elektronik. Im „Verstehbahnhof“ in Fürstenberg habe ich mit meinem Mann und anderen Mitstreiter:innen eine solche Bildungs-Werkstatt bereits aufgebaut (siehe www.verstehbahnhof.de), wir arbeiten mit vielen Schulen der Region zusammen, zur Zeit lernen 18 Kinder der Grundschulen in Fürstenberg im Verstehbahnhof programmieren. Ich hätte gern, dass es überall in Deutschland solche guten und kostenfreien Angebote gibt, denn digitale Bildung ist mehr als ein Smartboard an der Wand oder das Bedienen von Microsoft Office Software.
Viele Grüße,
Anke