Sollen Ihrer Auffassung nach für Ungeimpfte (Covid-19) stärkere Einschränkungen gelten als für Geimpfte (Covid-19)?
Sehr geehrter Herr M.,
Einschränkungen von Grundrechten sind nur mit hohen Hürden möglich, sie müssen angemessen und gerechtfertigt sein. Die Rechtfertigung für Einschränkungen ist im Zusammenhang mit Covid-19 vor allem der Schutz Dritter vor einer gefährlichen Krankheit, bzw. der Schutz aller vor einer Überlastung des Gesundheitswesens durch zu viele schwere Infektionsfälle, die dann auch anderen Kranken nach Unfällen oder Herzinfarkten den Zugang zu guter medizinischer Versorgen erschweren. Wenn Menschen jedoch einen vollen Impfschutz haben, sind sie für Dritte viel weniger ansteckend, selbst bei sogenannten Impfdurchbrüchen - die ebenfalls nur selten vorkommen. Daher dürfte es verfassungsrechtlich sehr schwer sein, längerfristig die gleichen Einschränkungen für Geimpfte wie für Ungeimpfte aufrechtzuerhalten, weil der Entzug von Freiheitsrechten auf individueller Ebene zu bewerten ist.
Das ist natürlich für den sozialen Frieden ein riesengroßes Problem, denn es führt zu einer Spaltung der Gesellschaft, wenn man Geimpfte und Ungeimpfte bei Einschränkungen unterschiedlich behandelt, vor allem, wenn die Nachteile für Ungeimpfte nicht einmal durch einen aktuellen negativen Test ausgeglichen werden können. Da eine hohe Impfquote der einzige wirkliche und effektive Weg raus aus der Pandemie ist, sollte alles dafür getan werden, die Impfquote zu erhöhen. Dabei lehnt die LINKE jedoch eine Impfpflicht ab und setzt auf Aufklärung und niedrigschwellige Impfangebote, um so viele Menschen wie möglich zu erreichen und von einer Impfung zu überzeugen. Kostenfreie Tests sollten weiterhin überall in Deutschland jedem zugänglich sein.
Mit freundlichen Grüßen,
Anke Domscheit-Berg