Sind Sie für eine Impfpflicht?
Der Parteivorstand der LINKEN fordert in dem Beschluss „Corona gemeinsam besiegen – solidarische Notbremse jetzt!“ (https://www.die-linke.de/partei/parteidemokratie/parteivorstand/parteivorstand/detail/corona-gemeinsam-besiegen-solidarische-notbremse-jetzt/) eine allgemeine Impfpflicht für Volljährige.
Teilen Sie diese Forderung des Parteivorstandes? Falls ja, wie soll nach Ihrer Meinung so eine Impfpflicht durchgesetzt werden? Soll es Geldstrafen geben (die hauptsächlich die arme Bevölkerung treffen, auch wenn die Strafen nach Einkommen gestaffelt sind)? Soll es im Falle einer Weigerung, sich impfen zu lassen, Gefängnisstrafen geben? Soll es im Falle einer Weigerung, die Geldstrafe zu zahlen, zu Gefängnisstrafen kommen? Sollen die Polizei oder das Militär die Unwilligen zum Impfen bringen? Soll es Berufsverbote geben, falls eine Impfung verweigert wird?
Falls Sie die Forderung des Parteivorstandes nicht teilen, begründen Sie bitte Ihre Ablehnung.
Ich war bis vor kurzem gegen die Covid-19-Impfpflicht, aber inzwischen betrachte ich die Covid-19 Impfung als notwendigen gesellschaftlichen Akt der Solidarität und Nächstenliebe und sehe eine Impfpflicht als ultima ratio, um diese Krankheit endgültig in die Schranken zu weisen und uns allen wieder die alten Freiheiten zurück zu geben.
Steigende Infektionszahlen, überlastete Pflegekräfte, überfüllte Krankenhäuser und die steigende Zahl sterbender Menschen sind einfach eine katastrophale Situation für Patient:innen, Angehörige und Beschäftigte. Meine Priorität liegt aber immer noch in der Aufklärung und in niedrigschwelligen Angeboten – für alle diejenigen, die bedenkenlos eine Impfung machen können. Nur offensichtlich reicht das einfach nicht und das geht inzwischen nicht nur zu Lasten von Covid-19 Patient:innen, sondern auch zu Lasten aller Menschen, die Krankenhaus- oder sogar intensivmedizinische Behandlungen benötigen. Krebskranke erhalten notwendige Operationen zu spät, Schlaganfall-Patient:innen werden zu lange in der Gegend herumgefahren, bevor sich ein Intensivbett für sie findet, nicht akut lebensnotwendige Operationen werden verschoben - aber hätten vielleicht erhebliche Schmerzen beseitigen können. Alles das ist unerträglich und hat damit zu tun, dass zu viele Menschen auf Falschinformationen reingefallen sind und z.B. glauben, dass die Impfungen nicht sicher sind oder der Covid-19 Virus nicht gefährlich sei und dass Impfungen generell nur eine persönliche Entscheidungen ohne Auswirkungen auf die Gesellschaft sind. Und genau das ist die größte Fehleinschätzung. Weil Impfungen einen so großen Einfluss auf unsere gesamte Gesellschaft haben, ist eine hohe Impfquote unabdingbar und wenn es dafür eine allgemeine Impfpflicht braucht, dann ist das so.
Eine allgemeine Impfpflicht bedeutet natürlich nicht, dass man mit Gewalt eine Spritze in den Arm gedrückt bekommt, sondern sollte genauso durchgesetzt werden, wie z.B. die Gurtpflicht im Auto, die auch für alle gilt und von manchen ignoriert wird. Wer dagegen verstößt, muss ein Ordnungsgeld zahlen, kein Polizist würde jemanden festhalten und gegen seinen Willen an den Sitz schnallen, niemand ist jemals im Gefängnis gelandet, weil er oder sie sich nicht angeschnallt hat. Es ist eine völlig absurde Vorstellung, Polizei oder Militär würden Menschen zum Zwangsimpfen bringen. Wenn Ihnen das jemand erzählt hat, ist es frei erfunden.
Ich glaube, die allgemeine Impfpflicht würde es so manchen Impfverweigerern sogar leichter machen, gesichtswahrend aus ihrer Sackgasse herauszukommen, denn es fällt den meisten Menschen schwer, einen Fehler einzugestehen, erst recht, wenn man lange auf falschen Behauptungen bestanden hat. Ordnungsgelder sollten natürlich vom Einkommen abhängig sein, damit Arme nicht überdurchschnittlich betroffen sind.
Unvermeidbar wird auch sein, dass Impfverweigerer bestimmte Berufe nicht mehr ausüben können, weil sie ein zu hohes Risiko in ihrem Arbeitsumfeld darstellen, z.B. in Krankenhäusern oder Pflegeheimen. Auch das läßt sich mit der Gurtpflicht vergleichen, denn wer notorisch das Anschnallen verweigert, hat heute auch schlechte Chancen auf einen Job als Berufskraftfahrer:in, da fundamentale Sicherheitsanforderungen nicht erfüllt sind. Im übrigen ist eine Befreiung von der Impfpflicht aus gesundheitlichen Gründen genauso möglich, wie von der Gurtpflicht, das betrifft jedoch nur wenige Menschen. Auch zeigen Erfahrungen mit der Impfpflicht in anderen Ländern, dass tatsächlich nur extrem wenig Menschen tatsächlich deshalb kündigen.
Ich bin mit der Impflicht z.B. für Pocken aufgewachsen, und nur weil sich alle daran gehalten haben (weltweit!), sind die Pocken als lebensgefährliche und entstellende Krankheit inzwischen ausgestorben. Auch wer für Freiheit und Selbstbestimmung ist, sollte erkennen, wo es dafür individuelle Grenzen im Sinne des Gemeinwohls gibt.