Sind Sie der Auffassung, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk seiner „Verpflichtung zur freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung sowie der Meinungsvielfalt“ (vgl. MStV) gerecht wird?
Sehr geehrter Herr M.,
in den letzten Jahren häufen sich die Vorwürfe, die Medien seien "Lügenpresse", oder "Systemmedien" und würden wahlweise von irgendwelchen dunklen Mächten oder "Der Regierung", "Der Politik", "denen da oben" kontrolliert und könnten über einen Kamm geschoren werden und gleiches soll für den ÖRR zutreffen. Diese Vorwürfe halte ich für grundfalsch. Die Pressefreiheit ist gegeben, die Vielfalt auch, die FAZ und die taz haben nun wirklich wenig gemeinsam, auch ARD, Phoenix oder ARTE liefern ein durchaus verschiedenes Programm. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird der Meinungsvielfalt auch gerecht und erfüllt die Aufgabe der freien und öffentlichen Meinungsbildung. Gerade bei der Aufklärung von Desinformationen und Fake News, die von sogenannten "Alternativen Medien" häufig verbreitet werden, leistet der ÖRR eine wichtige Aufgabe, denn z.B. der Faktenfinder der Tagesschau klärt immer wieder über falsche Informationen im Zusammenhang mit Impfungen oder Masken, der Hochwasserkatastrophe oder Manipulationen zur Bundestagswahl auf. Auch der Vorwurf, die ÖRR Medien seien gleichgeschaltet und es handele sich bei ihnen um eine Art "Staatsfunk" ist eine solche Desinformation und soll das Vertrauen in demokratische Institutionen erschüttern. Solche falschen Behauptungen tragen dazu bei, dass immer häufiger Journalist:innen bei der Ausübung ihrer Arbeit bei Demonstrationen tätlich angegriffen werden.
Eine Debatte zur Qualität des ÖRR kann und muss man trotzdem führen, denn natürlich ist nicht überall alles optimal und gibt es Raum für Verbesserungen. In Zeiten von Digitalisierung, Konzentrationsprozesse bei Zeitungen und Redaktionen, private Meinungs- und Marktmacht von Plattformen wie Facebook und Youtube, der Zunahme von Hassbotschaften und Fake News braucht es guten und unabhängigen Journalismus, um sorgfältig recherchierte Informationen sowie Fakten und Meinungen auseinanderzuhalten. Das hat nicht zuletzt das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zur nötigen Rundfunkerhöhung bekräftigt.
In diesem Sinne ist es ein Anliegen der LINKEN, die von der Rundfunkfreiheit geschützte Programmautonomie der Anstalten zu bewahren und eine aufgabengerechte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu gewährleisten. Wir wollen den Reformprozess des ÖRR partizipativ begleiten und eine breite gesellschaftliche Debatte über die notwendigen Reformen führen.
Mit freundlichen Grüßen und bleiben Sie gesund,
Anke Domscheit-Berg