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Anke Domscheit-Berg
DIE LINKE
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Frage von Henrietta S. •

Frage an Anke Domscheit-Berg von Henrietta S. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Domscheit-Berg,

Welche rechtlichen Rahmenbedingungen werden entwickelt, um (insbesondere KUM) Betriebe vor missbrauch, durch Finanzdienstleister bzw. Fintechs (z.B. Wirecard, Taulia oder Ariba SAP) zu schützen?

Es scheint vereinzelt auf europäischer Ebene schon Richtlinien, Verordnungen und Gesetze zugeben, soweit ich das aus dem Buch "FinTech-Handbuch - Digitalisierung Recht Finanzen" (©2019, Auflage 1) von Prof. Dr. Florian Möselein, Dipl.-Kfm.,LL.M (London) vom Verlag C.H. Beck oHG entnehmen kann.

Ich freue mich auf Ihre Rückmeldung.
stay wealth

Mit freundlichen Grüßen aus der Heide

Henrietta Schwartz

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Schwartz,
vielen Dank für Ihre Frage die ich gern beantworte:
FinTechs sind neue Anbieter im Markt, die angesichts dem Megatrend Digitalisierung mit neuen, stärker technologie- und internetbasierten Angeboten aufwarten und diese Entwicklung zugleich mit vorantreiben. Sie erbringen im Markt Dienstleistungen in den verschiedenen Segmenten des sog. Banken- und Finanzsektors – wie im Zahlungsverkehr (Payments), in der Beteiligungsfinanzierung (Crowdfunding, Crowdinvesting) oder der Kreditfinanzierung (Crowdlending), um nur einige Bereiche zu nennen.
Die Geschäftsstrategie fast aller FinTechs zielt auf Gebührensenkungen, mehr Transparenz und die Schaffung besonders nutzerfreundlicher Anwendungen, wodurch sie das Geschäftsmodell der etablierten Anbieter (etwa Banken, Versicherungen) herausfordern. Als neue Finanzdienstleister bringen Fintechs dadurch Veränderungen am Markt und im Wettbewerb, von Missbrauch kann allein dadurch hier erst mal keine Rede sein. FinTechs bringen zudem auch Neuerungen in den Kundenbeziehungen. So können Fintechs und der digitale Strukturwandel für die Kund*innen und Verbraucher*innen zu einer Stärkung ihrer (Verbraucher-) Marktmacht beitragen, etwa durch die Schaffung von mehr Transparenz. Die Fraktion DIE LINKE steht diesen Entwicklungen aufgeschlossen gegenüber. Allerdings ist für DIE LINKE wichtig, dass Fintech-Unternehmen bei der Regulierung keinen Sonderstatus bekommen, wenn sie die gleichen Finanz- und Kreditleistungen wie die „traditionellen“ Anbieter erbringen.
Das nationale Recht kennt mehrere Gesetze, welche Teile des FinTech-Bereichs regeln. Maßgeblich für das anzuwendende Recht ist die konkrete Ausgestaltung des jeweiligen Geschäftsmodells (für Anbieter von Zahlungsdiensten das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz / ZAG, für Kreditfinanzierungen das Kreditwesengesetz / KWG etc.). Gleichwohl befindet sich hier einiges im Wandel, wie Sie richtig anmerken, insbesondere durch europäische Verordnungen in Zusammenhang der geplanten Kapitalmarktunion. Beispielsweise wird durch eine neue Verordnung (European Crowdfunding Service Provider (ECSP)) Crowdlending in Deutschland ab dem 10. November 2021 ohne Bank möglich sein.
Zum Wirecard-Skandal lässt sich ausführen, dass die Finanzaufsicht den Wirecard-Konzern überhaupt nicht beaufsichtigt hat, weil es ihn als "Technologieunternehmen" eingestuft hatte. Die Finanzaufsicht hat nur die Wirecard Bank, ein Tochterunternehmen der Wirecard AG, kontrolliert, und so hat es viel länger gedauert, bis der Skandal aufgedeckt wurde. Die Linksfraktion fordert, dass die Finanzaufsicht umfassend alle Unternehmen überwacht, wo Teile des Geschäftsmodells finanznahe Dienstleistungen umfassen, auch jenseits des traditionellen Bankenmodells.

Gerne machen wir Sie auf unsere Vorschläge zur Reform der Finanzaufsicht aufmerksam:https://www.linksfraktion.de/themen/positionspapiere/detail/finanzaufsicht-reformieren-finanzkriminalitaet-unterbinden/
Weitere Neuerungen sind auch im Zuge des Pakets der Europäischen Kommission zur Digitalisierung des Finanzsektors zu erwarten. Es wurde im September 2020 veröffentlicht und umfasst u.a. Vorschläge und Strategien zu Kryptowerten wie auch zu einem Echtzeitzahlungssystem und einem digitalen Euro (URL Digitalisierung des Finanzsektors: Modern und kostengünstig bezahlen | Deutschland (europa.eu)

Wichtig ist für DIE LINKE dabei, dass solche Produkte einschließlich umliegender Infrastruktur sicher und wirklich für alle Verbraucher:innen zugänglich sind. Zugleich sollte die Abhängigkeit von Global Playern wie internationalen Kartensystemen außerhalb der EU und Big Techs verringert werden. Hierzu gehört auch, mögliche Gewinnverschiebungen von Digitalkonzernen einzudämmen.

Geld ist ein öffentliches Gut und gehört nicht in die Hände von Facebook, Apple und Co mit ihrer Daten -und Marktmacht. Ein digitaler Euro ist deshalb als digitaler Bruder des Bargelds begrüßenswert. Er darf Bargeld aber lediglich ergänzen und nicht ersetzen. Auch muss sich der digitale Euro gegenüber PayPal und Co. im Zahlungsverkehr behaupten. Facebooks digitale Währung “Diem” hingegen darf nicht zugelassen werden. Zusammenfassend sollte die Rolle von FinTechs in der Entwicklung von Anwendungen und Technologien zur Nutzung des digitalen Euros statt in der Schaffung eigener digitaler Schattenwährungen liegen (vgl. hierzu zudem URL Europa braucht seine eigene Digitalwährung - Fraktion DIE LINKE. im Bundestag (linksfraktion.de)

Ich hoffe, Ihre Fragen damit beantwortet haben,
mit freundlichen Grüßen und bleiben Sie gesund!
Anke Domscheit-Berg

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