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Anke Domscheit-Berg
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Frage von Hans-Joachim H. •

Frage an Anke Domscheit-Berg von Hans-Joachim H. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Domscheit-Berg!
Bei der Abstimmung zur Organspende haben Sie sich ohne Fraktionzwang frei für die Widerspruchslösung entschieden. Sie wollten sicherlich den auf ein passendes Organ wartenden Patienten etwas Gutes antun.
Könnten Sie sich auch vorstellen,an das Sie sich in Zukunft mit Ihren Entscheidungen und Ihren politischen Einflußmöglichkeiten in der Gesellschaft dafür einsetzen, daß zukünftig weniger Menschen auf diese Warteliste kommen. Sehen Sie da Möglichkeiten zu helfen?
MfG
Hans-Joachim Hagen

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Sehr geehrter Herr Hagen,

Bitte entschuldigen Sie die späte Antwort, Ihre Frage war bei uns einfach durch das Raster gefallen. Ich bin nicht sicher, ob ich Ihre Frage richtig verstanden habe, wenn es tatsächlich nur darum geht, die Anzahl Menschen zu verringern, die auf die Warteliste kommen, müsste man vor allem erreichen, dass weniger Menschen so schwer krank werden, dass sie ein Spenderorgan benötigen. Da sehe ich vor allem eine Stärkung der Prävention als wichtige Maßnahme, aber z.B. auch eine stärkere Restriktion der Alkohol- und Tabak-Vermarktung. Selbst eine Entkriminalisierung von Cannabis könnte dazu beitragen, denn als Entspannungsdroge könnte es teilweise den viel gefährlicheren Alkohol verdrängen. Weitere Maßnahmen, die ich unterstützen würde, sind Erleichterung des Zugangs zu Beratungs- und Entzugsmaßnahmen, z.B. bei Alkoholkrankheit, über Angebote der gesetzlichen Krankenkassen.

Wenn es Ihnen jedoch primär um die Anzahl Menschen auf der Warteliste geht, dann sind vor allem die langen Wartezeiten auf den Wartelisten ein Problem, die das Ergebnis von zu wenigen Organen sind, die gespendet werden. Das Problem sind aber nicht die Wartelisten selbst. Denn diese tragen zur Organisation der zu spendenden Organe bei: Ärzt:innen sind verpflichtet, potenzielle Organspendeempfänger an ein Transplantationszentrum zu melden. In Zusammenarbeit mit der Stiftung Eurotransplant wird dann über Ländergrenzen hinweg ein passendes Organ gesucht.
Damit Menschen weniger lange auf diesen Wartelisten stehen, bedarf es also mehr Organe. Nur so können alle Patient:innen, die auf ein neues Organ angewiesen sind, auch versorgt werden. Die Widerspruchslösung ist Teil dieser Lösung, weil durch sie mehr Organe zur Verfügung stehen würden und trotzdem die Entscheidungsfreiheit bei jedem Individuum bliebe. Trotzdem braucht es auch weiter Aufklärung und Werbung für mehr Bereitschaft, Organe zu spenden und auch ganz simpel dafür, dass mehr Menschen ihre Spenderbereitschaft anhand eines Spenderausweises leichter kenntlich machen.
Eine weitere Maßnahme könnte darin bestehen, den Aktivitätsbereich von Eurotransplant auszuweiten. Momentan sind lediglich acht EU-Staaten ans System von Eurotransplant angeschlossen. Mehr beteiligte Länder heißt nicht nur mehr Organe, sondern höhere Vermittlungschancen für ein passendes Organ, weil es mehr Matching-Optionen gibt. Ohne Widerspruchslösung würde Deutschland allerdings weiterhin das Solidariätsprinzip verletzen. Denn schon jetzt ist Deutschland aufgrund seiner geringen Spender:innenzahl Nutznießer des Eurotransplant-Netzwerkes: Für jedes Organ, das aus Deutschland an Eurotransplant geht, werden drei Organe nach Deutschland importiert.

Es gibt also viele verschiedene Möglichkeiten, hier die Lage für die Menschen zu verbessern, die auf ein Spenderorgan warten, und die ich auch unterstützen würde.

Mit freundlichen Grüßen

Anke Domscheit-Berg

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