Frage an Anjes Tjarks von Dr. Hans K. bezüglich Bildung und Erziehung
1. Welche Bedeutung hat für Sie und Ihre Partei die Pflege und Förderung der deutschen Sprache als kulturpolitische Aufgabe?
2. Wollen Sie dafür eintreten, dass Gesetze, Verordnungen, offizielle Verlautbarungen und Bezeichnungen in gepflegtem, bürgernahem und verständlichem Deutsch formuliert werden?
3. Wollen Sie sich für eine aktive Sprachpolitik in den öffentlich-rechtlichen Einrichtungen und Medien einsetzen (z.B. für ein Sprachgesetz nach französischem Vorbild)?
4. Mit welchen Maßnahmen wollen Sie Deutsch als Wissenschaftssprache fördern?
5. Für wie wichtig halten Sie gute Deutsch-Kenntnisse für die Integration von Einwanderern, vor allem im Blick auf die demografische Entwicklung und auf die mögliche Bildung von Parallelgesellschaften? Welche Maßnahmen befürworten Sie hier?
6. Wollen Sie sich dafür einsetzen, Deutsch als offizielle Landessprache der Bundesrepublik Deutschland im Grundgesetz zu verankern?
7. Wie wollen Sie dazu beitragen, dass Deutsch im Rahmen der EU seiner Bedeutung gemäß gleichberechtigt als Arbeitssprache neben Englisch und Französisch benutzt wird?
Sehr geehrter Herr Dr. Kaufmann,
vielen Dank für Ihre Fragen. Als jemand der u. a. in der Kognitiven Linguistik promoviert, hat Sprache für mich einen hohen Stellenwert. Grundsätzlich betrachte ich Sprachen - auch die Deutsche - als dynamische Gebilde, die einem dauerhaften Veränderungsprozess unterliegen. Noam Chomsky hat einmal festgestellt, dass dieser Prozess insbesondere von der wirtschaftlichen und militärischen Bedeutung einer Sprachgruppe abhängt. Gegenwärtig wird das Deutsche daher stark durch das Englische beeinflusst. Das ist ein Prozess den ich nur für begrenzt steuerbar, und auch nur in einigen wenigen Fällen für steuerungswürdig halte - wie bspw. die Suche des Abendsblatts nach einem deutschen Wort für "Shared Space" - Gemeinschaftsstraße. Insgesamt wird es aber so sein, dass die gar nicht so geringe weltweite Bedeutung des Deutschen in den kommenden Jahren rückläufig sein wird und daran auch die auswärtige Kulturpolitik nicht viel ändern wird, weil andere Sprachen einfach eine größere Präsenz erlangen werden.
Ein Gesetz zur Förderung der deutschen Sprache etwa im Radio lehne ich ab, weil es einen deutlichen Eingriff die kulturelle Freiheit von Radiosendern und ähnlichen Akteuren darstellt. Dennoch bedeutet das nicht, dass man sich keine Gedanken um die Sprache machen müsste. So ist es geradezu die Pflicht Verordnungen und Gesetze in einem verständlichem Deutsch abzufassen. Zudem sind gute Deutschkenntnisse absolut wichtig für die Integration in unserem Land. Allerdings sollte man dabei nicht vergessen, dass gerade junge Ausländer vor allem auch dann gut Deutsch lernen, wenn sie auch ihre Muttersprache kompetent beherrschen. Ähnliches gilt m. E. auch für die EU. Zunächst einmal sollte man dort keinem Minderwertigkeitskomplex unterliegen: Deutsch ist in Europa als Sprache wichtiger als viele Menschen glauben. Eine Festlegung auf drei Sprachen halte ich aber für Grundfalsch, weil es dazu keine Begründung gibt. So kann man anhand der drei Sprachen Englisch, Französisch und Deutsch kaum begründen, warum das Italienische nicht auch dazu gehören sollte. Ich glaube, dass es in Europa nur heißen kann, dass man im Prinzip alle Sprachen gleichberechtigt behandelt und sich dann am Europäischen Referenzrahmen für Sprachen orientiert, der jedem Bürger der EU nahe legt, mindestens drei Sprachen zu sprechen.
Mit freundlichen Grüßen
Anjes Tjarks