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Anja Weisgerber
CSU
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Frage von Lorena H. •

Warum haben sie gegen das Selbstbestimmungsgesetz als Ersatz für das Transsexuellengesetz gestimmt?

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Antwort von
CSU

Sehr geehrte Frau H.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage, auf die ich gerne Bezug nehme.

Zunächst einmal möchte ich es würdigen, dass Sie sich für die Anliegen von Transpersonen einsetzen und dies an mich als ihre örtliche Bundestagsabgeordnete herantragen. Zudem dürften wir darin übereinstimmen, dass es sich bei der Frage, welches Verfahren im Falle eines Wunsches zur Änderung des rechtlichen Geschlechts gelten soll, um eine sehr sensible, da für die Betroffenen sehr persönliche und emotionale Angelegenheit handelt.

Bei der Antwort der auf diese Frage bin ich bei der Abstimmung im Deutschen Bundestag im vergangenen Jahr allerdings zu einem anderen Ergebnis gekommen, als die damaligen Oppositionsparteien in ihren Gesetzentwürfen. Das Recht auf Selbstbestimmung ist unzweifelhaft ein hohes Gut, gerade in höchstpersönlichen Dingen. Auch das Recht auf Selbstbestimmung muss aber ausnahmsweise dort seine Grenzen finden, wo gewichtige Belange der Allgemeinheit berührt sind. In den Gesetzesvorschlägen ging es dabei um das Interesse der Allgemeinheit an einem validen Personenstandsregister. Personenstandsregister sind die einzigen personenbezogenen Register in Deutschland, die Beweiswert haben und mit denen das „rechtliche Geschlecht“ festgelegt wird. An diese Festlegung wurden und werden in Deutschland Rechte und Pflichten geknüpft (z.B. Frauenförderung, Wehrpflicht). Dies macht jedoch nur Sinn, wenn die Geschlechtszugehörigkeit nicht beliebig geändert und ein Missbrauch ausgeschlossen werden kann. Es ist für die Bevölkerung insgesamt von Interesse, dem Personenstand Dauerhaftigkeit und Eindeutigkeit zu verleihen und beliebige Personenstandswechsel zu vermeiden. Aus diesem Grund sollte an objektivierten Kriterien wie den Sachverständigengutachten festgehalten werden. Ich will gar nicht bestreiten, dass ein entsprechendes Verfahren für die Betroffenen auch psychische Belastung bedeuten kann. Aber auch das Bundesverfassungsgericht hat bestätigt, dass der Gesetzgeber aus den zuvor genannten Gründen "einen auf objektivierte Kriterien gestützten Nachweis verlangen kann, dass die selbstempfundene Geschlechtszugehörigkeit, die dem festgestellten Geschlecht zuwiderläuft, tatsächlich von Dauer und ihre Anerkennung für den Betroffenen von existentieller Bedeutung ist". Aus dem Zitat aus der Entscheidung vom 11. Januar 2011 wird im Übrigen deutlich, dass ein objektiviertes Verfahren auch dem Schutz vor voreiligen und angesichts zum Teil irreversibler Folgen leichtfertig getroffenen Entscheidungen über eine Änderung des Geschlechts dienen kann.

Dennoch ist es unbestritten, dass eine Reform des Jahrzehnte alten Transsexuellengesetzes sinnvoll ist. Ob dafür ein Selbstbestimmungsgesetz, für das die zuständigen Bundesminister gerade die Eckpunkte vorgelegt haben, nötig ist, erscheint uns als Union fraglich. Uns geht es vor allem darum, eine sinnvolle Balance zwischen Schutz und Recht auf Selbstbestimmung der Betroffenen zu finden. Wir wollen die Plausibilität des Wunschs nach einer rechtlichen Veränderung des Geschlechts verlangen, ohne dass dabei unzumutbare Hürden aufgestellt werden. Dazu ist eine neue zeitgemäße rechtliche Grundlage nötig. Wir wollen tragfähige Lösungen entwickeln, die unter anderem dem Wunsch zur Selbstbestimmung der Betroffenen gerecht werden. Die Eckpunkte zu einem Selbstbestimmungsgesetz sehen wir aus Unionssicht kritisch. Doch das Papier enthält grundsätzlich auch positive Ansätze. Bei diesen sind wir gerne bereit, diese im kommenden parlamentarischen Verfahren konstruktiv zu diskutieren.

Sehr geehrte Frau H., in der Hoffnung Ihre Frage beantwortet zu haben, verbleibe ich 
mit freundlichen Grüßen

Anja Weisgerber

 

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